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  • 01.04.2010

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 30.11.2009 – II R 70/06


    Gründe

    1

    I.

    Der Vater (V) der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist alleiniger Kommanditist der seit 1999 in das Handelsregister eingetragenen E-GmbH & Co. KG (KG), deren Kommanditkapital 25.000 EUR beträgt. Komplementärin ist die F-GmbH, deren sämtliche Anteile von der KG gehalten werden und deren alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer V war.

    2

    Durch privatschriftlichen Vertrag vom 18. Januar 2002 schenkte V den Klägern jeweils einen Teilkommanditanteil von 3.000 EUR. Die Schenkung umfasste ausschließlich das Nominalkapital und erfolgte schuldrechtlich mit Datum des Gesellschaftsvertrags, dinglich unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung als Kommanditist im Wege der Sonderrechtsnachfolge in das Handelsregister. Diese Eintragung in das Handelsregister war bis zum 13. Oktober 2006 nicht erfolgt. In derselben Vertragsurkunde schlossen sodann die F-GmbH, V und die Kläger einen Kommanditgesellschaftsvertrag. Als Kommanditisten sollten "unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der Gesellschafter im Handelsregister" neben V mit einem Kommanditanteil von 16.000 EUR die Kläger mit einem Kommanditanteil von jeweils 3.000 EUR beteiligt sein.

    3

    Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Kläger durch Bescheide vom 22. Mai 2003 Schenkungsteuer ... fest. Dem Antrag der Kläger auf Gewährung des Freibetrags sowie des Bewertungsabschlags gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (ErbStG) folgte das FA nicht. Die hiergegen erhobenen Einsprüche wies das FA mit der Begründung zurück, den Klägern fehle mangels Beteiligung am Gewinn und Verlust die erforderliche Mitunternehmereigenschaft.

    4

    Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 273 veröffentlichten Urteil mit der Begründung abgewiesen, die Vereinbarungen vom 18. Januar 2002 erfüllten zwar den Schenkungsteuertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Schenkungsteuer sei bereits mit Unterzeichnung dieser Vereinbarungen entstanden. Die Vergünstigungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG stünden den Klägern jedoch mangels Mitunternehmerstellung nicht zu.

    5

    Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG.

    6

    Die Kläger beantragen,

    die Vorentscheidung sowie die Schenkungsteuerbescheide vom 22. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 14. April 2004 aufzuheben.

    7

    Das FA beantragt,

    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

    8

    II.

    Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Schenkungsteuerbescheide vom 22. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 14. April 2004 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat verkannt, dass aufgrund der zwischen V und den Klägern getroffenen Vereinbarungen vom 18. Januar 2002 keine Schenkungsteuer entstanden ist.

    9

    1.

    Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Bei der Frage nach dem Gegenstand der Zuwendung ist maßgebend, was nach der Schenkungsabrede geschenkt werden sollte und worüber der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker tatsächlich und rechtlich endgültig verfügen kann. Entscheidend ist, was dem Bedachten nach dem Willen des Zuwendenden verschafft werden soll (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. April 1989 II R 45/86, BFH/NV 1990, 506, m.w.N.). Eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger über das Zugewendete im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Dafür, ob dies der Fall ist, kommt es ausschließlich auf die Zivilrechtslage an (BFH-Urteile vom 22. August 2007 II R 33/06, BFHE 218, 403, BStBl II 2008, 28; vom 16. Januar 2008 II R 10/06, BFHE 220, 513, BStBl II 2008, 631). Die Schenkungsteuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Die Zuwendung ist ausgeführt, wenn der Beschenkte erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede verschafft wer-den soll (BFH-Urteil vom 6. März 1985 II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 1985, 382).

    10

    2.

    Im Streitfall sind Gegenstand der freigebigen Zuwendungen die den Klägern gemäß privatschriftlichem Vertrag vom 18. Januar 2002 geschenkten "Teilkommanditanteile". Entgegen der Auffassung des FG waren diese freigebigen Zuwendungen jedoch nicht bereits mit Abschluss dieses Vertrags bzw. des Kommanditgesellschaftsvertrags vom selben Tage ausgeführt.

    11

    a)

    Das FG hat die Schenkungsabrede in dem privatschriftlichen Schenkungsvertrag vom 18. Januar 2002 zutreffend dahin gewürdigt, dass Gegenstand der Zuwendung die Abtretung der entsprechenden Kapitalanteile von V an die Kläger war. Insoweit kann Gegenstand der Zuwendung nur die sich aufgrund der Übertragung der Kapitalbeteiligung ergebende Vermögensverschiebung zwischen Schenker und Beschenktem sein (BFH-Urteil vom 22. August 1962 II 283/58 U, BFHE 75, 647, BStBl III 1962, 502). Dies setzt notwendig voraus, dass der Beschenkte auch das Mitgliedschaftsrecht erwirbt; andernfalls kann der Beschenkte keinen Anteil am Gesellschaftsvermögen erlangen (BFH-Urteil vom 1. Juli 1992 II R 108/88, BFHE 168, 386, BStBl II 1992, 923). Die Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 24. Juli 1963 II 207/61 U, BFHE 77, 335, BStBl III 1963, 442, und in BFHE 75, 647, BStBl III 1962, 502), wonach für die Ausführung der Schenkung einer Kapitalbeteiligung an einer KG der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags zwischen Schenker und Beschenktem maßgebend ist, gilt nur dann, wenn der Beschenkte in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss oder rückwirkend in die Gesellschaft eintritt (Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 9 ErbStG Rz 60).

    12

    b)

    Entgegen der Auffassung des FG haben die Kläger das Mitgliedschaftsrecht nicht bereits mit Abschluss der Verträge vom 18. Januar 2002 erworben, so dass es an der Ausführung der Zuwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG fehlt.

    13

    aa)

    Der Vollzug der nach der Schenkungsabrede vom 18. Januar 2002 zugewendeten Kapitalanteile war dahingehend hinausgeschoben, dass die Schenkungen zwar schuldrechtlich mit Datum des Gesellschaftsvertrags, dinglich jedoch unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung als Kommanditist in das Handelsregister erfolgen sollten. Diese Bedingung ist nach den für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG nicht eingetreten. Sie ist daher schenkungsteuerlich gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 4 des Bewertungsgesetzes bis zum Bedingungseintritt nicht zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, unter II. A. 2.d bb; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 7 Rz 52).

    14

    bb)

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem ebenfalls am 18. Januar 2002 geschlossenen Kommanditgesellschaftsvertrag. Die Kläger haben aufgrund dieses Vertrags keine Mitgliedschaft in der KG erlangt. Eine Kommanditistenstellung sollte den Klägern gemäß § 3 Abs. 2 dieses Vertrags nur unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung im Handelsregister zustehen. Demgemäß standen den Klägern vor dieser Eintragung auch nicht die im Kommanditgesellschaftsvertrag eingeräumten und ausschließlich an die Kommanditisteneigenschaft anknüpfenden Ansprüche z.B. auf Verzinsung der Kapitalanteile oder auf Beteiligung an den stillen Reserven (§ 8 des Gesellschaftsvertrags) zu.

    15

    c)

    Soweit die Schenkungen des V schuldrechtlich bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags erfolgten, haben die Kläger damit noch nicht die ihnen nach der Schenkungsabrede zu verschaffenden Kommanditbeteiligungen erlangt. Bei der zunächst nur schuldrechtlichen Beteiligung der Kläger handelt es sich lediglich um eine Vorstufe der Zuwendung, die als solche keine Schenkungsteuer auslöst. Etwa aufgrund der schuldrechtlichen Beteiligung erlangte Vermögensvorteile der Kläger sind schenkungsteuerlich als gesonderte freigebige Zuwendungen zu behandeln.

    16

    Da das FG diese Grundsätze nicht beachtet hat, war die Vorentscheidung aufzuheben.

    17

    3.

    Die Sache ist spruchreif. Aufgrund der Vereinbarungen vom 18. Januar 2002 ist keine Schenkungsteuer entstanden. Die Schenkungsteuerbescheide vom 22. Mai 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 14. April 2004 sind daher aufzuheben.