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  • 26.06.2012 · IWW-Abrufnummer 122590

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 09.02.2012 – 3 K 232/11

    1. Bei Herausgabe einer Schenkung aufgrund eines Rückforderungsrechts als rückwirkendes Ereignis erlischt die Schenkungsteuer auch nach Festsetzungsverjährung.
    2. Die Verurteilung zur Rückgabe eines geschenkten Grundstücks oder des aus dessen Verkauf erzielten Erlöses stellt noch keine Herausgabe dar, ebenso wenig dessen Verbrauch durch aufgewandte Kosten.
    3. Außer den in § 29 ErbStG geregelten Ausnahmefällen wird die Schenkungsteuer grundsätzlich nicht durch Umstände berührt, die nach dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung eine Minderung oder gar einen Wegfall der Bereicherung zur Folge haben.
    4. Über die (Un-)Zulässigkeit einer beim Finanzgericht - hier binnen weniger als sechs Wochen nach Klageerhebung - eingereichten Rüge der überlangen Verfahrensdauer wird gemäß § 155 Satz 2 FGO, der BFH zu entscheiden haben, wenn dort eine Entschädigungsklage gemäß § 155 FGO i. V. m. § 201 GVG erhoben wird.


    Tatbestand
    Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Finanzamts (FA) zur Aufhebung der Schenkungsteuerfestsetzung bezüglich einer unentgeltlichen Grundstücksüberlassung.
    I.
    1. Mit am 5. Juli 1994 beurkundeter Schenkung und Auflassung überließ die seinerzeit ...-jährige Schenkerin (W) dem Kläger ihr Grundstück (V). Der Notar hielt die Schenkerin für geschäftsfähig. Der Kläger wurde am ... 1995 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück war u. a. mit einem Nießbrauch zugunsten der Schenkerin auf Lebenszeit und mit einem Erbbaurecht zugunsten einer (B) GmbH & Co KG belastet, die einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer zu zahlen hatte (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Bl. 73, vgl. Bl. 97; Anlbd. Protokollanl. Kl. u. FA; Anlbd. Grundbuchauszug; FG-A 3 K 81/10 Bl. 14, 42).
    Auf den 1. Januar 1993 schrieb das FA den Einheitswert des Grundstücks mit Bescheid vom 15. Februar 1995 auf ... DM fort (FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl. vom 9. Dezember 2012; FG-A 3 K 81/10 Bl. 22). Auf den 1. Januar 1995 nahm das FA die Zurechnungsfortschreibung auf den Kläger mit Einheitswertbescheid vom 22. März 1995 vor (FG-A 3 K 81/10 Anlbd. FA-Anl. 1).
    2. Nach für Frau W durch den Kläger mit der Stadt seit Jahren geführten Verhandlungen war das Grundstück V bereits vor der Schenkung Gegenstand von Planungen für eine Neubebauung und für ein städtisches Umlegungsverfahren, d. h. für ein förmliches Grundstücksflächen-Tauschverfahren i. S. v. §§ 45 ff. BauGB (FG-A- Bl. 73, vgl. Bl. 107 ff., 129; FG-A 3 K 81/10 Anlbd. FA-Anl. 2).
    Im Grundbuch wurden die Lage im Sanierungsgebiet und die Einleitung des Umlegungsverfahrens im ... 1994 eingetragen (FG-A Anlbd. Grundbuchauszug).
    Nach einem im September 1996 geführten Gespräch bestätigte die Stadt dem Kläger im Oktober 1996 Fortschritte der Verhandlungen und des Verfahrens (FG-A Anlbd. Kl.-Anl. v. 06.02.2012).
    3. Die Geschäfts- und Testierfähigkeit der Schenkerin W wurde auch nach der Schenkung noch durch Notare bejaht, etwa bei der Beurkundung von Testamenten und Testamentsänderungen - u. a. zugunsten des Klägers als Alleinerben und Testamentsvollstrecker - vom 5. Juli, 25. November 1994, 8. Februar, 12. Oktober 1995, von Generalvollmachten für den Kläger am 27. April 1995 (FG-A Anlbd. Anl. Kl. v. 6. Februar 2012, vgl. FG-A Bl. 93) und für die sich um W kümmernde Ehefrau des Klägers am 23. April 1997 sowie von Patientenbrief und Vorsorgevollmacht vom 25. April 1997 (vgl. FG-A Anlbd. Kl. Anl. Gutachten vom 29. Juli 1999 S. 2 f.; Notarschreiben vom 30. Oktober 2000, FG-A Anlbd. Anl. Kl. vom 6. Februar 2012).
    4. Nach richterlicher Anhörung vom 11. Juli 1996 bestellte das Amtsgericht als Betreuungsgericht für die Schenkerin W eine Rechtsanwältin (H) zur Betreuerin. Der Kläger erstattete später Strafanzeige, u. a. gegen die Betreuungsrichterin (...; vgl. FG-A Anlbd. Kl. Anl. Gutachten vom 29. Juli 1999 S. 3; FG-A Bl. 20, vgl. Bl. 143, 139-141:..., ..., ...; FG-A 3 K 81/10 Kl. Anl. 3).
    5. Am ... 1998 verstarb die Schenkerin W (FG-A Anlbd. Kl.-Anl. 2; FG-A 3 K 81/10 Anlbd. Kl-Anl. 1, 3).
    II.
    1. Das FA setzte die Schenkungsteuer für die Überlassung des Grundstücks V vom 5. Juli 1994 mit Bescheid vom 2. Dezember 1998 gegenüber dem Kläger fest (vgl. FG-A Bl. 120).
    2. Nach Antrag des Klägers erließ das FA am 28. Oktober 1999 einen Bescheid über die jährliche Erbbauzins-Besteuerung gemäß § 23 ErbStG sowie einen geänderten Schenkungsteuerbescheid (vgl. FG-A Bl. 124, Anlbd. Protokollanl. FA).
    3. Der Kläger legte gegen die Bescheide vom 28. Oktober 1999 mit Schreiben vom 1. November 1999 Einspruch ein. Mit Entscheidung vom 21. Januar 2000 wies das FA den Einspruch zurück.
    4. Am 21. März 2000 erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG), Az. I 122/00. Im gerichtlichen Erörterungstermin vom 5. Oktober 2000, der zugleich einige weitere Verfahren des Klägers betraf (I 123/00 = II­I 106/01, I 192/00 = II­I 114/01, I 226/00 = II­I 118/01, vgl. daneben I 283/00), stimmten die Beteiligten überein, dass im Bescheid vom 28. Oktober 1999 versehentlich ein in der Steuererklärung falsch bzw. doppelt eingetragener Einheitswert übernommen worden sei. Das FA sagte entsprechende Abhilfe zu (FG-A Anlbd. Protokollanl. FA).
    5. Zusagegemäß berichtigte das FA den Schenkungsteuerbescheid vom 28. Oktober 1999 mit Änderungsbescheid vom 12. Oktober 2000. Dieser Bescheid wurde seinerzeit nicht angefochten und ist danach bestandskräftig geworden. Die Bescheide standen nicht unter Nachprüfungsvorbehalt (FG-A Anlbd. Protokollanl. FA).
    III.
    1. Im Umlegungsverfahren teilte die Stadt dem Kläger nach Vereinbarung vom 17./20./24. September 2002 und gemäß am 26. Februar 2003 bekannt gemachter Vorwegnahme-Entscheidung als Ausgleich für das Grundstück V ein neues Grundstück (E) zu (FG-A Bl. 74; FG-A 3 K 81/10 Anlbd.).
    Anstelle der Eintragung im Grundbuch für das Grundstück V wurde der Kläger am ... 2003 gemäß Ersuchen der Stadt vom 6. März 2003 im Grundbuch für das Grundstück E eingetragen; desgleichen ein Erbbaurecht für die (B) GmbH & Co KG (FG-A Anlbd. Grundbuchauszug; FG-A 3 K 81/10 Bl. 43).
    2. Im Jahr 2002 verkaufte der Kläger das aus dem Umlegungsverfahren erhaltene Grundstück E. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung erhielt er dafür von einer Lebensmittel-Einzelhandelskette (A) rund ... Mio. Euro (FG-A Bl. 74).
    Gemäß Bewilligung vom 16. September 2002 wurde im Grundbuch für das Grundstück E am ... 2003 eine Auflassungsvormerkung für die Einzelhandelskonzern-Familienstiftungen eingetragen (FG-A Anlbd. Grundbuchauszug).
    Auf den 1. Januar 2004 nahm das FA die Zurechnungsfortschreibung des Grundstücks E auf die Einzelhandelskonzern-GbR A mit Einheitswertbescheid vom 8. Juni 2004 vor (FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl.).
    IV.
    1. Nach dem Tod der Schenkerin W am ... 1998 wurde das Nachlassgericht des Amtsgerichts tätig (..., ...).
    Auf Aufforderung äußerte sich der Kläger zu den Nachlasswerten am 24. April und 19. Mai 1998. Am 24. August 2000 ordnete die Nachlassgerichts-Rechtspflegerin die Nachlasspflegschaft an und bestellte eine Rechtsanwältin (S) zur Nachlasspflegerin. Das Nachlassgericht forderte den Kläger am 1. September 2000 zu weiteren Angaben auf und hielt u. a. im Dezember 2000 die Fortdauer der Nachlasspflegschaft für erforderlich (FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl.; FG-A 3 K 81/10 Anlbd. Kl. Anl. 1-3; vgl. FG-A Bl. 112, 136, 142).
    Gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft ließ der Kläger unter dem 1. September 2000 Rechtsmittel einlegen. Gegen die Nachlassgerichts-Rechtspflegerin erstattete er am 25. Mai 2002 Strafanzeige, ... (FG-A Bl. 21, 53; FG-A Anlbd. Anl. zur Klage). Weiter bezieht er sich auf eine Strafanzeige gegen die Nachlasspflegerin S sowie auf eine gegen sie bei der Rechtsanwaltskammer eingereichte Anzeige (... und ...; FG-A Bl. 20).
    2. Die bestellte Nachlasspflegerin S machte namens unbekannter Erben durch Zivilklagen gegen den hiesigen Kläger und dortigen Beklagten die Unwirksamkeit von Schenkungen und Testamenten aufgrund von Geschäfts- und Testierunfähigkeit der W geltend. In diesem Zusammenhang kam es zu umfangreichen Beweisaufnahmen - einschließlich nachträglicher Gutachten - vor dem Prozessgericht. Unter anderem infolge Wohnsitz-Ab- und Auslands-Ummeldung des Klägers - zeitweise nach ... - ergaben sich Ladungsschwierigkeiten und Verfahrens-Verzögerungen. Die Beurteilung sämtlicher Zivilverfahren betreffend Zuwendungen an den Kläger, zu denen auch die Schenkung einer sechsstelligen Forderung am 8. Februar 1995 gehört, ist von hier aus nicht vollständig überschaubar. Dazu bedürfte es der Beiziehung aller Zivilprozessakten, die zum Teil wegen Eingaben des hiesigen Klägers in der Ziviljustiz von dort nicht ohne weiteres übersandt werden konnten. - Unter anderem wurde der hiesige Kläger wegen Testierunfähigkeit der W und seiner deswegen unwirksamen Erbeinsetzung durch Urteile des Landgerichts vom 23. März 2005 und 12. Januar 2006 332 O 324/01 sowie Berufungsurteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9. November 2007 2 U 10/06 zur Zahlung von ... Euro verurteilt (vgl. Landgericht Wiedereröffnungs-Beschluss vom 5. September 2005 332 O 231/97, FG-A Anlbd. Anl. zur Klage; div. Gutachten, Kl. Anl. Gutachten; FG-A Bl. 14, 18=49, 20=52, 18R=50, 20R=55, vgl. Bl. 149, 83, 105, 116 ff., 126, 144; FG-A 3 K 81/10 Anlbd. Anl. zur Klage; FG-A 3 K 81/10 Bl. 3 f., 6, 8R, 9, 38).
    3. Wegen Geschäftsunfähigkeit der W zum Zeitpunkt der hier interessierenden Schenkung vom 5. Juli 1994 verurteilte das Landgericht den hiesigen Kläger am 10. August 2007 332 O 61/06 zur Herausgabe des Erlöses aus dem Verkauf des Grundstücks E in Höhe von ... Euro. - Darauf hat der Kläger - zumindest bisher - nicht gezahlt (FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl. und FA; FG-A Bl. 76, vgl. Bl. 137; FG-A 3 K 81/10 Bl. 85).
    V.
    Vor dem jetzigen finanzgerichtlichen Klageverfahren gab es bereits eine Klage des Klägers gegen das FA beim FG - 3 K 81/10 - betreffend die Einheitswert-Zurechnungsfortschreibungen der Grundstücke V und E im Zusammenhang mit Schenkung des ersteren sowie Umlegungsverfahren und Veräußerung des letzteren (oben I, III). Nach wechselndem Vorbringen beantragte der Kläger dort letztlich eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wegen Divergenz der Auffassungen der Zivilgerichte einerseits und des FA andererseits. Das FG wies die Klage mit - rechtskräftig gewordenem - Urteil vom 28. Oktober 2010 als unzulässig ab (FG-A 3 K 81/10, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2011, 1082; vgl. FG-A Bl. 115).
    VI.
    1. Beim FA machte der Kläger mit Schreiben 26. Juni 2010 - unter anderem - betreffend die Schenkungsteuer für die Grundstücksschenkung vom 5. Juli 1994 geltend, dass er seit der landgerichtlichen Verurteilung vom 10. August 2007 zur Herausgabe des Veräußerungserlöses (oben IV 3) nicht mehr bereichert sei.
    Das FA sah darin einen Antrag auf Aufhebung der bestandkräftigen Schenkungsteuerfestsetzung wegen Rückforderung und Herausgabe der Schenkung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) und lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2. Juli 2010 ab, weil weder die Schenkung herausgegeben noch der Veräußerungserlös erstattet worden sei (FG-A Anlbd. Protokollanl. FA).
    2. Der Kläger legte unter dem 26., eingegangen am 30. Juli 2010 Einspruch ein (FG-A Anlbd. Kl. Anl. vom 6. Februar 2012).
    Das FA wies mit Schreiben vom 15. Februar 2011 nochmals auf die Voraussetzungen der Steueraufhebung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG hin (FG-A Anlbd. Protokollanl. FA).
    Die Nachlasspflegerin bestätigte dem FA am 3. November 2011, dass der Kläger die Schenkung bzw. als Surrogat den Veräußerungserlös bisher nicht herausgegeben habe. Darauf gestützt wies das FA den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9. November 2011 als unbegründet zurück (FG-A Bl. 3=43).
    3. Zeitlich überschneidend vom Kläger beim FA eingereichte weitere Anträge und Einsprüche betreffen nicht den hier interessierenden vorstehenden Antrag (vgl. Untätigkeitseinspruch wegen angeforderter Kontoauszüge vom 25. Oktober 2011 mit darin zitierten Einsprüchen vom 27. November und 11. Dezember 2010, FG-Anlbd. Klage-Anl. 2; vorerwähntes Hinweisschreiben des FA vom 15. Februar 2011, FG-A Anlbd. Protokollanl. FA; vgl. nach Urteilsverkündung eingereichtes Schreiben des FA vom 18. Januar 2010, FG-A Bl. 131).
    VII.
    1. Die vorliegende Klage des Klägers vom 9. Dezember 2011 ist beim FG am Montag 12. Dezember 2011 eingegangen (3 K 232/11, FG-A Bl. 1).
    Außerdem hat der Kläger beim FA am 9. Dezember 2011 einen Schriftsatz vom 6. Dezember 2011 mit dem Antrag eingereicht, die Einspruchsentscheidung aufzuheben (FG-A Bl. 39). Die darin ebenfalls gesehene Klageerhebung ist nach Weiterleitung durch das FA am 16. Dezember 2011 beim FG eingegangen (3 K 233/11, FG-A Bl. 38).
    Die wiederholten Klageerhebungen hat das FG als inhaltlich dieselbe Klage aktenmäßig unter dem zuerst vergebenen Aktenzeichen 3 K 232/11 verbunden (FG-A Bl. 80, 81).
    2. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger nach unterschiedlichem Vorbringen und nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vor (FG-A Bl. 1, 39, 18=49, 20=52, 28=62, 68, 33, 70, 72 ff., 75):
    Die Schenkungsteuerfestsetzung für die Grundstücksschenkung vom 5. Juli 1994 sei aufzuheben. Er sei nicht bereichert. Ihm seien aufgrund des langen städtischen Umlegungsverfahrens und der immer wieder erneuten Planung bezüglich der Bebauungsauflagen für das Grundstück V Kosten entstanden. Dafür habe er drei Grundschulden von je ... Mio. DM auf dem Grundstück eintragen lassen. Zur nachträglichen Deckung dieser Kosten sei der Verkaufserlös des Grundstücks E verwendet worden und habe dieser gerade ausgereicht. Dieser Verbrauch sei mit einer Rückgabe der Schenkung gleichzusetzen.
    Außerdem habe schon ursprünglich keine Bereicherung und keine Bereicherungsabsicht, sondern eine gemischte Schenkung mit einem im Ergebnis negativen Erwerb vorgelegen. Die Schenkerin W habe das Grundstück geschenkt, als die Bebauungsauflage gekommen sei. Damit habe sie in ihrem hohen Alter nichts mehr zu tun haben wollen. Bei einem Verkehrswert des Grundstücks V von ... Mio. DM hätten gemäß Sanierungsauflage 40 oder später 100 Mietwohnungen mit Bau- und Finanzierungskosten von rund ... Mio. DM errichtet werden sollen („Beweisantrag Nr. 1”, FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl. „Beweisanträge”).
    Im Übrigen sei die Anordnung der Nachlasspflegschaft und Bestellung der Nachlasspflegerin nach dem Tod der Schenkerin W unwirksam gewesen und habe die Geschäfts- und Testierfähigkeit der verstorbenen W zivilrechtlich nicht mehr beanstandet werden dürfen („Beweisantrag Nr. 5”, FG-A Anlbd. Protokollanl. Kl. „Beweisanträge”).
    Der Kläger beantragt (FG-A Bl. 75, 78), unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9. November 2011 und des Ablehnungsbescheids vom 2. Juli 2010 das Finanzamt zu verpflichten, die Steuerfestsetzung betreffend die Grundstücksschenkung vom 5. Juli 1994 dahin zu ändern, dass die Schenkungsteuerfestsetzung insgesamt für diese Schenkung aufgehoben wird.
    3. Darüber hinaus erhebt der Kläger mit am 25. Januar eingegangenen Schriftsatz vom 23. Januar 2012, das heißt weniger als sechs Wochen nach Klageeingang, die Rüge der überlangen Verfahrensdauer (FG-A Bl. 28=62).
    4. Weiterhin beantragt der Kläger mit am 7. Februar eingegangen Schriftsatz vom 5. Februar 2012 und am Verhandlungstag 9. Februar 2012 unterschriebenen Formularen in seiner Eigenschaft „als Testamentsvollstrecker und Generalbevollmächtigter” Prozesskostenhilfe
    mit dem Hinweis, der „Nachlass” sei überschuldet. Im Umlageverfahren entstandene Kosten und Aufwendungen seien von der Stadt nicht ersetzt worden (FG-A Bl. 68).
    5. Das FA beantragt (FG-A Bl. 78), die Klage abzuweisen,
    Auch nach Ablehnungsbescheid, Hinweisschreiben und Einspruchsentscheidung fehle es für eine Aufhebung der bestandskräftigen Schenkungsteuerfestsetzung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an der - unstreitig bisher nicht erfolgten - Herausgabe der Schenkung oder des als Surrogat erlangten Veräußerungserlöses. Im Übrigen folge aus dem rechtskräftigen oberlandesgerichtlichen Urteil vom 9. November 2007 2 U 10/06, dass der Kläger wegen Testierunfähigkeit der verstorbenen W weder Erbe noch Testamentsvollstrecker geworden sei (FG-A Bl. 14, 38, 32=67, 70).
    VIII.
    Der Senat hat am 20. Januar 2012 die Übertragung auf den Einzelrichter beschlossen (FG-A Bl. 19, 51).
    Ergänzend nimmt das Gericht Bezug auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2012 (FG-A Bl. 70 ff.) sowie auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus den Finanzgerichtsakten (FG-A) mit Anlagenbänden (Anlbd.) betreffend die vorliegende Klage und betreffend den Vorprozess 3 K 81/10 (oben V).
    Die Steuerakten haben in der mündlichen Verhandlung vorgelegen und sind später für Kostenzwecke nochmals eingereicht worden (FG-A Bl. 70 ff., 152, Anlbd. Protokollanl.).
    IX.
    Nach Schluss der mündlichen Verhandlung und Urteilsverkündung vom 9. Februar 2011 (FG-A Bl. 70 ff., 81 f.) hat der Kläger mit Schriftsatzkonvoluten vom 17. (eingegangen 23.) Februar und vom 21. (eingegangen 27.) Februar sowie vom 2. (eingegangen 6.) März 2012 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt, weiter vorgetragen sowie bereits vorliegende und weitere Unterlagen eingereicht (FG-A Bl. 83 ff., 119 ff., 133 ff.).
    X.
    Außerdem hat der Kläger nach Urteilsverkündung vom 9. Februar 2012 mit dem vorerwähnten Schriftsatz vom 17. (eingegangen 23.) Februar 2012 (dort Seite 5 unten) für die vorliegende Verpflichtungsklage „Aussetzung der Vollziehung” beantragt (FG-A Bl. 83, 87).
    Der Senat hat den Antrag mit Beschluss vom 29. Februar 2012 3 V 33/12 als unzulässig verworfen. Die gleichwohl vom Kläger mit Schriftsatz vom 27. März am 30. März 2012 eingelegte Beschwerde hat das FG am 3. April 2012 an den Bundesfinanzhof (BFH) weitergeleitet (II B 60/12).
    Gründe
    I.
    Trotz wiederholter Klageeinreichung, nämlich über das FA und beim FG (oben A VII 1), handelt es sich inhaltlich um dieselbe und daher aktenmäßig unter dem ersteren Aktenzeichen verbundene Klage (vgl. BFH vom 9. August 2001 III R 58/99, BFH/NV 2002, 49; vom 13. September 1988 VIII R 218/85, BFH/NV 1989, 354; FG Hamburg vom 28. Juni 2007 3 K 237/06, EFG 2008, 768, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2008, 1284 m. w. N.).
    Die Klage, das FA unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Ablehnungsbescheids gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zur Aufhebung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung zu verpflichten, ist als Verpflichtungsklage zulässig (§ 40 Abs. 1 Alt. 2 Finanzgerichtsordnung --FGO--).
    II.
    Die Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das FA die beantragte Aufhebung der bestandskräftigen Schenkungsteuer-Festsetzung abgelehnt (§ 101 Satz 1 FGO). Die Voraussetzungen für eine Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheides nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegen nicht vor.
    1. Gemäß dieser Vorschrift erlischt die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden musste. Zu den gesetzlichen Rückforderungsrechten gehören auch gesetzliche Rückerstattungsansprüche bei unwirksamer Schenkung, wie bei Geschäftsunfähigkeit der Schenkerin nach §§ 104 ff., §§ 812 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das Erlöschen der Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) dar (BFH vom 11. November 2009 II R 54/08, BFH/NV 2010, 896; FG Hamburg vom 7. April 2009 3 K 218/07, EFG 2010, 341; DStRE 2010, 418 zu II 2 c, Juris Rd. 74 m. w. N.; Meincke, ErbStG, 15. A., § 29 Rd. 2, 6).
    2. Dementsprechend scheitert die Klage nicht schon am Eintritt der Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) nach dem Steuerbescheid vom 12. Oktober 2000 (oben A II 5). Vielmehr würde die Festsetzungsfrist für das rückwirkende Erlöschen gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres beginnen, in dem das Ereignis eintritt, das heißt das rückwirkende Erlöschen durch Geschenkrückgabe aufgrund eines Rückforderungsrechts.
    3. Es fehlt jedoch an einer Herausgabe des geschenkten Grundstücks oder des - hier durch Umlegungsverfahren und Verkauf des Ersatzgrundstücks erlangten - Surrogats in Gestalt des Veräußerungserlöses.
    Die Rückgabe könnte auch an Rechtsnachfolger der verstorbenen Schenkerin - hier an die Nachlasspflegerin - ohne Verbleib bei dem Beschenkten - hier dem Kläger - bewirkt werden (vgl. BFH vom 24. Mai 2000 II R 62/97, BFH/NV 2001, 39; Meincke, ErbStG, 15. A., § 29 Rd. 6).
    Entscheidend ist erst die tatsächliche Herausgabe oder Erstattung (BFH vom 8. Oktober 2003 II R 46/01, BFHE 204, 299, BStBl II 2004, 234 zu II 1 c; vom 23. Oktober 1985 II S 1/85, BFH/NV 1986, 768), aber entsprechend § 41 AO nicht bereits die Unwirksamkeit der Schenkung (Meincke, ErbStG, 15. A., § 29 Rd. 5 m. w. N.).
    Als Rückgabe wäre etwa im Fall einer Kontopfändung auch eine Auskehrung von Guthaben in entsprechender Höhe zu berücksichtigen; dagegen reicht nicht schon - wie hier (oben A IV 3) - eine Verurteilung (vgl. FG Düsseldorf vom 7. Januar 2009 4 K 2103 (EFG 2009, 501).
    Auf weitere Einzelheiten der zivil- oder nachlassgerichtlichen Verfahren (vgl. „Beweisantrag Nr. 5”) kommt es danach nicht mehr an.
    4. Ebenso ist auch ein behaupteter Verbrauch der Schenkung durch nachfolgende Bauplanungs-, Finanzierungs- und Rechtskosten nicht einer Rückgabe der Schenkung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gleichzustellen. Vielmehr wird außer in den in § 29 ErbStG geregelten Ausnahmefällen die für eine Zuwendung entstandene Schenkungsteuer grundsätzlich nicht durch Umstände berührt, die nach dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung eine Minderung oder gar einen Wegfall der Bereicherung zur Folge haben (FG Nürnberg vom 5. Oktober 2000 IV 47/2000, EFG 2001, 149 m. w. N., bestätigt durch BFH vom 8. Oktober 2003 II R 46/01, BFHE 204, 299, BStBl II 2004, 234).
    Insoweit bleibt es bei dem Stichtagsprinzip, das heißt bei der Wertermittlung auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 11 ErbStG) bei Ausführung der Schenkung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ohne Berücksichtigung späterer Wertänderungen (vgl. Hessisches FG vom 3. April 2007 1 K 1809/04, EFG 2007, 1534; FG München vom 24. Juli 2002 4 K 558/02, EFG 2002, 1493; Meincke, ErbStG, 15. A., § 11 Rd. 6); selbst wenn der Erwerber den Wertverfall nicht vermeiden konnte (FG Berlin vom 17. Oktober 1989 V 37/89, EFG 1990, 323).
    5. Außerhalb der Ausnahmeregelung von § 29 ErbStG i. V. m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AO kann der Kläger nach zwischenzeitlicher Festsetzungsverjährung nicht mehr verlangen, das FA zu einer Änderung der bestandskräftigen Steuerfestsetzung zu verpflichten, auch nicht wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die vierjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO wäre selbst dann schon abgelaufen, wenn sie gemäß § 170 Abs. 2 AO spätestens erst mit dem Tod der Schenkerin in 1998 begonnen hätte (oben A IV 1). Unerheblich ist danach neues Vorbringen zur Frage der Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen Steuerfestsetzung (vgl. „Beweisantrag Nr. 1”).
    III.
    1. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 155 FGO i. V. m. § 156 Zivilprozessordnung (ZPO) ist nach Verkündung des Urteils nicht mehr möglich. An dieses bleibt das Gericht gemäß § 155 FGO i. V. m. § 318 ZPO gebunden.
    2. Die Nebenentscheidungen bezüglich Kosten und Nichtzulassung der Revision folgen aus § 135 Abs. 1 und § 115 Abs. 2 FGO.
    3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war gemäß § 142 FGO i. V. m. § 114 ZPO schon mangels Erfolgsaussicht abzulehnen. Im Übrigen hat der Kläger das am Verhandlungstag eingereichte Formular mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gemäß § 142 FGO i. V. m. § 117 Abs. 2 ZPO ausgefüllt. In seiner vorliegenden Schenkungsteuersache genügt nicht die (überdies nur pauschale) Angabe der Überschuldung des Nachlasses der W (vgl. oben A VII 4).
    4. Die am 25. Januar 2012 eingereichte Rüge der überlangen Verfahrensdauer dürfte unzulässig sein, da zu diesem Zeitpunkt - das heißt binnen weniger als sechs Wochen nach Klageerhebung (oben A VII 3) - kein Anlass für die Besorgnis bestand, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird. Gemäß § 155 Satz 2 FGO wird hierüber der BFH zu entscheiden haben, falls der Kläger dort eine Entschädigungsklage gemäß § 155 FGO i. V. m. § 201 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) erhebt.
    5. Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gemäß § 6 FGO (vgl. oben A VIII).

    VorschriftenAO § 41, AO § 169, AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, AO § 175 Abs. 1 Satz 2, ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, ErbStG § 11, ErbStG § 29 Abs. 1 Nr. 1, BGB § 104, BGB § 812, FGO § 155 Satz 2