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  • 21.02.2013 · IWW-Abrufnummer 131380

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 13.09.2012 – 3 K 1019/10 Erb

    Wird der dem Erwerber zustehende persönliche Freibetrag innerhalb des Zehnjahreszeitraums des § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG erhöht, so hat die dadurch eintretende Verringerung des Steueranrechnungsbetrages (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG) nicht zur Folge, dass eine innerhalb des Zehnjahreszeitraums ausgeführte Schenkung nicht mehr zu berücksichtigen ist.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 3. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … Ehrenamtlicher Richter … Ehrenamtliche Richterin … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13.09.2012 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Streitig ist die Höhe der Anrechnung der Steuer für Vorerwerbe nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).
    Die Klägerin erwarb 2006 eine Eigentumswohnung und einen Tiefgaragenstellplatz in U, A-Straße 1 zu einem Gesamtkaufpreis von X Euro. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Kaufvertrag vom 16.03.2006 (UR-Nr. 509B/2006 des Notarassessors H als amtlich bestellter Vertreter der Notarin R in U).
    Für den Erwerb dieses Grundstücks erhielt sie von ihrer Mutter X Euro.
    Am 05.01.2007 ging beim Beklagten die Schenkungsteuererklärung ein, in der die Schenkung als mittelbare Schenkung behandelt wird. Als Vorschenkungen sind Grundstücksübertragungen mit einem Wert von X Euro zum 16.01.2004 angegeben.
    Es handelt sich dabei um folgende Schenkungen:
    Schenkung der Mehrfamilienhäuser B-Straße 2 und B-Straße 4 in N von ihren Eltern, Schenkungsteuerstichtag 30.12.1993,
    Schenkung von drei Eigentumswohnungen im Mehrfamilienhaus B-Straße 6 in N von der Mutter, Schenkungstichtag 01.01.2003 und
    Schenkung von drei Eigentumswohnungen in der C-Straße 3 in N von der Mutter, Schenkungsstichtag 16.01.2004.
    Für die Erwerbe hatte der Beklagte Schenkungsteuer wie folgt festgesetzt:
    Schenkungsteuerbescheid vom 20.10.1994 betreffend Schenkung der Mutter der Klägerin vom 30.12.1993:

    Wert des Erwerbs199.214 DM
    ./. Freibetrag90.000 DM
    steuerpflichtiger Erwerb109.200 DM
    Schenkungsteuer4.914 DM
    ./. gestundete Steuer4.356 DM
    festgesetzte Schenkungsteuer558 DM
    Die Stundung beruht darauf, dass sich die Schenkerin einen Nießbrauch vorbehalten hatte.
    Schenkungsteuerbescheid vom 14.05.2003 betreffend die Schenkung der Mutter der Klägerin vom 01.01.2003:
    Wert des Erwerbs144.709 Euro
    + Vorschenkungen101.856 Euro
    Summe246.565 Euro
    ./. Freibetrag205.000 Euro
    steuerpflichtiger Erwerb41.500 Euro
    Schenkungsteuer2.905 Euro
    ./. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen2.512 Euro
    festgesetzte Schenkungsteuer393 Euro
    Schenkungsteuerbescheid vom 24.01.2005 betreffend die Schenkung der Mutter der Klägerin vom 16.01.2004:
    Wert des Erwerbs314.635 Euro
    + Vorschenkungen144.709 Euro
    Summe459.344 Euro
    ./. Freibetrag205.000 Euro
    steuerpflichtiger Erwerb254.300 Euro
    Schenkungsteuer27.973 Euro
    ./. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen393 Euro
    festgesetzte Schenkungsteuer27.580 Euro
    hiervon zinslos nach § 25 ErbStG gestundet13.651 Euro
    verbleibender zu zahlender Steuerbetrag13.929 Euro
    Die Stundung beruht darauf, dass ein Nießbrauch auf den übertragenen Wohnungseigentumsrechten lastet.
    Wegen der Einzelheiten wird auf die Schenkungsteuerbescheide vom 20.10.1994, 14.05.2003 und 24.01.2005 Bezug genommen.
    Die Beklagte setzte für die Schenkung A-Straße 1 in U vom 19.04.2007 die Schenkungsteuer mit Bescheid vom 19.08.2009 wie folgt fest:
    Wert des Erwerbs39.899 Euro
    + Vorschenkungen459.344 Euro
    Summe499.243 Euro
    ./. Freibetrag205.000 Euro
    steuerpflichtiger Erwerb294.200 Euro
    Schenkungsteuer44.130 Euro
    ./. Anrechnungsbetrag für Vorschenkungen27.973 Euro
    festgesetzte Schenkungsteuer16.157 Euro
    Hinsichtlich der Ermittlung des Anrechnungsbetrags für die Vorschenkungen verwies der Beklagte auf die dem Bescheid beigefügte Anlage, in der der Anrechnungsbetrag wie folgt ermittelt wird:
    337/9208/1204
    Tag der Zuwendung30.12.199316.01.200316.01.200412.04.2006
    Wert der Zuwendung [DM/EURO]199.214144.709314.63539.899
    SteuerklasseI.2I.2I.2I.2
    BERECHNUNG
    Steuerklasse (ohne Unterklasse)IIII
    Freibetrag90.000205.000205.000205.000
    Steuersatz bei letztvorhergehender Wertgrenze [%]4,0%7,0%7,0%11,0%
    Steuersatz für Mindeststeuer
    in Anspruch genommener Freibetrag [DM/EURO] für
    den aktuellen Erwerb90.000144.70960.2910
    in Anspruch genommener Freibetrag [EURO]46.016144.70960.2910
    Tag vor Beginn 10-Jahreszeitraum30.12.198301.01.199316.01.199412.4.1996
    Jetzt freiwerdender FB [EURO]046.0160
    Jetzt freiwerdender FB [DM/EURO]046.0160
    Steuersatz nach Tabelle [%]4,5%11,0%11,0%15,0%
    Steuersatz fuer Berechnung [%]4,50%9,93%11,00%15,00%
    Wert der Zuwendung [EURO]101.857144.709314.63539.899
    Tag vor Beginn 10-Jahreszeitraum (aktuelles Jahr EURO)Tag vor Beginn 10-Jahreszeitraum (aktuelles Jahr DM)1.1.199316.1.199412.4.1996
    Vorschenkungen im 10-Jahreszeitraum [DM/EURO]101.857144.709459.344
    tats. zu entr. Steuer 10-Jahreszeitraum [DM/EURO]2.512027.973
    tats. zu entr. Steuer [EURO]2.512027.97316.157
    Summe (Wert + Vorschenkungen) [DM/EURO]199.214246.566459.344499.243
    FB beim Letzterwerb90.000205.000205.000205.000
    Hoechstens bei VS verbrauchter FB + aktuelle S199.214190.725459.344244.899
    ./. in Anspruch genommener Freibetrag
    [DM/EURO]90.000190.725205.000205.000
    Stpfl. Erwerb (abgerundet)109.20055.800254.300294.200
    Steuer4.9145.54027.97344.130
    Anzurechnende Steuer05.540027.973
    Steuer nach Anrechnung4.914027.97316.157
    Mindeststeuer § 14 (1) S. 4 ErbStG
    Steuer nach Abgleich mit Mindeststeuer4.914027.97316.157
    Begrenzung auf 50 % des Erwerbs gem. § 14 (3)72.355157.31819.950
    Festzusetzende Steuer (nach § 22 ErbStG)4.914027.97316.157
    Summe in Anspruch genommener FB (max. Wert)
    [EURO] im 10-Jahreszeitraum46.016190.725205.000205.000
    Abzugssteuer
    Fiktive Steuer auf Vorerwerb, § 14 Abs. 1 S. 2
    Wert der Vorschenkungen101.857144.709459.344
    FB beim Letzterwerb205.000205.000205.000
    Hoechstens bei Vorschenkung verbrauchter FB46.016190.725205.000
    ./. verbrauchter FB vorhergehender 10JZ046.0160
    berücksichtigungsfähiger Freibetrag46.016144.709205.000
    Stpfl. Vorerwerb (abgerundet)55.8000254.300
    Steuersatz (nach Tabelle)9,5%7,0%11,0%
    Steuersatz (unter Ber. des Härteausgleichs)9,9%7,0%11,0%
    Steuer nach § 14 Abs. 1 S. 25.540027.973
    Tatsächlich zu entrichtende Steuer, § 14 Abs. 1 S. 32.512027.973
    Anzurechnende Steuer § 14 Abs. 15.540027.973
    Härteausgleich aktueller Erwerb
    Steuer bei letztvorh. Wertgrenze4.0003.6403.64028.160
    Steuer nach § 19 Abs. 14.9146.13827.97344.130
    Unterschiedsbetrag9.2003.800202.30038.200
    Faktor (bis 30% 1/2; sonst 3/4; bis 1996: ab 50% 0,9)0,50,50,50,5
    Anteiliger UB4.6001.900101.15019.100
    Steuer bei letztvorh. Wertgrenze + UB8.6005.540104.79047.260
    Steuersatz bei Härteausgleich7,88%9,93%41,21%16,06%
    Härteausgleich Vorschenkungen
    Wertgrenze52.000052.000
    Steuersatz7,0%7,0%7,0%
    Steuer bei letztvorh. Wertgrenze3.64003.640
    Steuer nach § 19 Abs. 15.540027.973
    Unterschiedsbetrag3.8000202.300
    Faktor (bis 30% 1/2; sonst 3/4; bis 1996: ab 50% 0,9)0,50,50,5
    Anteiliger UB1.9000101.150
    Steuer bei letztvorh. Wertgrenze + UB5.5400104.790
    Steuersatz bei Härteausgleich9,93%100,00%41,21%
    Steuersatzberechnung
    Start des Steuersatzes2.1.19001.1.20021.1.20021.1.2002
    Wertgrenze100.00052.00052.000256.000
    Stpfl. Erwerb (abgerundet) [Kopie]109.20055.800254.300294.200
    Steuersatz nach Tabelle [%]4,5%11,0%11,0%15,0%
    Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 19.08.2009, mit dem auch der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden ist, Bezug genommen.
    Die Klägerin legte Einspruch ein. Der Anrechnungsbetrag sei nicht richtig ermittelt worden. Bei der Festsetzung für die Schenkung vom 01.01.2003 sei die tatsächlich gezahlte Schenkungsteuer in Höhe von 2.905 Euro und bei der Berechnung der fiktiven Steuer der aus der Vorschenkung vom 30.12.1993 verbrauchte Freibetrag von 90.000 DM nicht berücksichtigt worden.
    Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin folgendes mit: Der Freibetrag aus der Vorschenkung vom 30.12.1993 sei berücksichtigt worden. Bei der Berücksichtigung früherer Erwerbe nach § 14 ErbStG sei die Steuer für den letzten Erwerb so zu berechnen, dass sich der dem Steuerpflichtigen zur Zeit dieses Erwerbs zustehende persönliche Freibetrag tatsächlich auswirke, soweit er nicht innerhalb von zehn Jahren verbraucht sei. Nach einer Erläuterung der Sach- und Rechtslage aus der Sicht des Beklagten mit Schreiben vom 29.10.2009 teilte die Klägerin mit, dass sie sich der Berechnung der fiktiven Steuer oder tatsächlichen Steuer durch den Beklagten nicht anschließen könne. Es werde auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 09.07.2009 (II R 55/08, BStBl. II 2009, 569) hingewiesen, wonach die festzusetzende Steuer maßgebend sei. Im Übrigen sei auch bei der Berechnung der fiktiven Steuer die Kürzung des Freibetrags zu berücksichtigen.
    Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Mehrere innerhalb von zehn Jahren anfallende Vermögenswerte seien nach § 14 ErbStG in der Weise zusammenzurechnen, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe zugerechnet würden. Von der Steuer für den Gesamterwerb werde dann die Steuer abgezogen, welche für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen und auf Grundlage der Tarifvorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre (fiktive Abzugsteuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, R 17 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2003). Bei der Berücksichtigung früherer Erwerbe nach § 14 ErbStG sei die Erbschaft- oder Schenkungsteuer für den letzten Erwerb so zu berechnen, dass sich der dem Steuerpflichtigen zur Zeit dieses Erwerbs zustehende persönliche Freibetrag tatsächlich auswirke, soweit er nicht innerhalb von zehn Jahren vor diesem Erwerb verbraucht worden sei. Um den dem Steuerpflichtigen zustehenden Freibetrag tatsächlich wirksam werden zu lassen, sei bei der Berechnung der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzuziehenden fiktiven Steuer ein Freibetrag vom Wert der Vorschenkungen nur in der Höhe abzuziehen, in der ihn der Steuerpflichtige innerhalb von zehn Jahren vor dem letzten Erwerb tatsächlich für die Erwerbe von derselben Person verbraucht habe. Die Hinzurechnung eines wiederauflebenden Freibetrags bei Schenkungen über zehn Jahre hinaus entfalle (vgl. BFH, Urteil vom 02.03.2005 II R 43/03, BStBl. II 2005, 728; gleich lautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 01.12.2005 NRW S 3802 – I-VA 2). H 70 Abs. 4 ErbStH sei den gleichlautenden Ländererlassen entsprechend angepasst worden.
    Im Streitfall sei die fiktive Steuer mit 27.973 Euro zutreffend wie folgt errechnet worden:
    Wert der Zuwendung vom 01.01.2003144.709 Euro
    Wert der Zuwendung vom 16.01.2004314.635 Euro
    Summe459.344 Euro
    ./. Freibetrag205.000 Euro
    Summe254.300 Euro
    Steuersatz 11 %
    Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG27.973 Euro
    Eine Berücksichtigung eines wiederauflebenden Freibetrags in Höhe von 90.000 DM aus der Schenkung vom 30.12.1993 komme unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH nicht in Betracht.
    Allerdings könne statt der fiktiven Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG die tatsächlich zu entrichtende Steuer angesetzt werden, wenn sie höher sei (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG). Bei Zusammenrechnung von Erwerben unter Nutzungsvorbehalt (§ 25 ErbStG) sei als tatsächlich zu entrichtende Steuer nicht der insgesamt festgesetzte Steuerbetrag, sondern nur die Summe aus der sofort fälligen Steuer und dem nach § 25 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ErbStG errechneten Ablösebetrag der zu stundenden Steuer abzuziehen, unabhängig davon, ob die Steuer abgelöst worden sei oder nicht (H 85 Abs. 3 ErbStR 2003).
    Die tatsächlich zu entrichtende Steuer errechne sich danach wie folgt:
    Zuwendung vom 01.01.2003fällige Steuer393 Euro
    Zuwendung vom 16.01.2004sofort fällige Steuer12.929 Euro
    Ablösebetrag8.637 Euro
    Summe22.959 Euro
    Im Streitfall sei die tatsächlich entrichtete Steuer nicht höher als die fiktive Steuer, sodass es bei der Anrechnung der fiktiven Steuer bleibe.
    Auch das Urteil des BFH vom 09.01.2009 (II R 55/08, a. a. O.) führe zu keinem anderen Ergebnis, da bei einem Vorerwerb, der mit einem Nutzungsvorbehalt im Sinne des § 25 ErbStG belastet sei, die fiktive Steuer stets höher sei als die tatsächlich zu entrichtende Steuer im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG.
    Selbst wenn bei dem Vorerwerb vom 16.01.2004 kein Nutzungsvorbehalt im Sinne des § 25 ErbStG bestanden hätte, wäre die tatsächliche zu entrichtende Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG aber nicht höher gewesen, als die fiktive Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG. In diesem Fall hätten sich die tatsächliche und die fiktive Steuer betragsmäßig entsprochen. Wegen der Einzelheiten werde auf die Berechnung in der dem Schenkungsteuerbescheid beigefügten Anlage zu Vorschenkungen nach § 14 ErbStG Bezug genommen.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 17.02.2010 Bezug genommen.
    Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Der Anrechnungsbetrag von 27.973 Euro sei nicht zutreffend ermittelt. Die für die Schenkung vom 01.01.2003 festgesetzte Steuer von 2.905 Euro sowie in Höhe von 27.973 Euro für die Schenkung vom 16.01.2004 seien nicht vollständig berücksichtigt. Die Auffassung der Finanzverwaltung in H 85 Abs. 3 ErbStR, wonach die für den Vorerwerb tatsächlich zu entrichtende Steuer im Sinne des § 14 ErbStG lediglich die für den Vorerwerb sofort zu entrichtende Steuer zuzüglich des Ablösebetrags nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG darstelle, sei mit der Rechtsprechung des BFH zu § 14 ErbStG nicht vereinbar (BFH, Urteil vom 08.03.2006 II R 29/05, BFH/NV 2006, 1662).
    Bei den Schenkungen vom 01.01.2003 und 16.01.2004 habe sich nur ein Freibetrag von 163.500 Euro ausgewirkt. Die Berechnung der fiktiven Steuer sei unrichtig.
    Die fiktive Steuer berechne sich wie folgt:
    Zuwendung01.01.200316.01.2004Zusammen
    Wert144.709 Euro314.635 Euro459.344 Euro
    ./. davon steuerpflichtig49.500 Euro254.300 Euro
    = verbrauchter Freibetrag103.200 Euro60.300 Euro163.500 Euro
    verbleiben295.800 Euro,
    die zum Steuersatz von 15 % steuerpflichtig würden = 44.370 Euro fiktive Steuer.
    Die Klägerin beantragt,
    den Schenkungsteuerbescheid vom 19.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2010 in der Weise zu ändern, dass die Schenkungsteuer von 44.130 Euro unter Berücksichtigung der fiktiven Steuer nach § 14 ErbStG in Höhe von 44.370 Euro auf 0 Euro festgesetzt wird,
    hilfsweise, den Schenkungsteuerbescheid vom 19.08.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2010 in der Weise zu ändern, dass die tatsächlich festzusetzende Schenkungsteuer für die Vorschenkungen von 2.905 Euro und 27.973 Euro berücksichtigt wird,
    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen. Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung.
    Der Senat hat am 13.09.2012 mündlich verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist nicht begründet.
    Der angefochtene Schenkungsteuerbescheid vom 19.08.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 17.02.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
    Der Beklagte hat die Schenkungsteuer für die Vorerwerbe nach § 14 ErbStG zutreffend angerechnet.
    Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG die Steuer abgezogen, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf der Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Anstelle dieser fiktiven anrechenbaren Steuer ist nach dem durch Gesetz vom 20.12.1996 (BGBl I 1996, 2049) eingeführten § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG die tatsächlich für die in die Zusammenrechnung einbezogenen früheren Erwerbe zu entrichtende Steuer abzuziehen, wenn diese höher ist als die fiktive anrechenbare Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG.
    § 14 ErbStG will verhindern, dass durch die Aufteilung einer beabsichtigten Zuwendung in mehrere zeitlich folgende Teilübertragungen durch mehrfache Gewährung der persönlichen Freibeträge und die Vermeidung der Steuerprogression Steuervorteile erlangt werden; die von der Vorschrift angeordnete Zusammenrechnung gewährleistet, dass die Freibeträge innerhalb des zehnjährigen Zusammenrechnungszeitraums nur einmal zur Anwendung gelangen und sich für mehrere Erwerbe gegenüber einer einheitlichen Zuwendung in gleicher Höhe kein Progressionsvorteil ergibt (vgl. BT-Drucks VI/3418, 69, zu § 14; BFH, Urteil vom 09.07.2009 II R 55/08, BStBl II 2009, 969 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
    Das bedeutet, dass die einzelnen Erwerbe weiterhin als selbständige steuerpflichtige Vorgänge jeweils für sich der Steuer unterliegen mit der Folge, dass einerseits die früheren Steuerfestsetzungen für den letzten Erwerb nicht zusammengefasst werden und andererseits die einzelnen Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums nicht zu einem einheitlichen Erwerb verbunden werden. Die Vorschrift enthält damit lediglich eine besondere Anordnung für die Berechnung der Steuer, die für den letzten Erwerb innerhalb des Zehnjahreszeitraums festzusetzen ist (vgl. BFH, Urteil vom 09.07.2009, a. a. O., unter Hinweis auf BFH, Urteile vom 02.03.2005 II R 43/03, BStBl II 2005, 728 und vom 14.01.2009 II R 48/07, BFH/NV 2009, 1204).
    Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ist die Berechnung des Beklagten nicht zu beanstanden, sie entspricht den in § 14 Abs. 1 ErbStG enthaltenen Anordnungen. Die Problematik liegt im Streitfall vielmehr darin, dass innerhalb des Zehnjahreszeitraums der Freibetrag von 90.000 DM auf 205.00 Euro erhöht worden ist und sich dies im Ergebnis wegen der Zusammenrechnung nach § 14 Abs. 1 ErbStG für die Klägerin negativ auswirkt, weswegen sie den Standpunkt vertritt, dass bei der Berechnung des verbrauchten Freibetrags die Schenkung zum 30.12.1993 nicht berücksichtigt werden dürfe. Diese Rechtsauffassung wird nach Ansicht des Senats aber nicht durch den Wortlaut des § 14 Abs. 1 ErbStG gedeckt.
    Die fiktive Steuer hat der Beklagte zutreffend mit 27.973 Euro ermittelt. Die Berücksichtigung eines wiederauflebenden Freibetrags in Höhe von 90.000 DM ist nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 02.03.2005, a. a. O.) nicht möglich.
    Die tatsächlich zu entrichtende Steuer ist anzusetzen, wenn sie höher ist als die fiktive Steuer. Bei Zusammenrechnung von Erwerben unter Nutzungsvorbehalt (§ 25 ErbStG) ist als tatsächlich zu entrichtende Steuer nicht der insgesamt festgesetzte Steuerbetrag, sondern nur die Summe aus der sofort fälligen Steuer und dem nach § 25 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ErbStG errechneten Ablösebetrag der zu stundenden Steuer abzuziehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Steuer abgelöst worden ist oder nicht.
    Der Beklagte hat die tatsächlich entrichtete Steuer zutreffend mit 22.959 Euro berechnet. Da die tatsächlich entrichtete Steuer nicht höher ist als die fiktive Steuer, hat der Beklagte zutreffend die fiktive Steuer in Höhe von 27.973 Euro angerechnet.
    Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des BFH vom 09.07.2009 (a. a. O.) führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn bei einem Vorerwerb, der mit einem Nutzungsvorbehalt im Sinne des § 25 ErbStG belastet ist, ist die fiktive Steuer stets höher als die tatsächlich zu entrichtende Steuer im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG.
    Selbst wenn bei dem Vorerwerb vom 16.01.2004 kein Nutzungsvorbehalt bestanden hätte, wäre die tatsächlich zu entrichtende Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nicht höher gewesen als die fiktive Steuer nach § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Berechnungen des Beklagten in der Anlage zum Schenkungsteuerbescheid betreffend Vorschenkungen Bezug genommen.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    Die Revision war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

    VorschriftenErbStG § 14 Abs 1 S 2, ErbStG § 14 Abs 1 S 1

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