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  • 11.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121430

    Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 12.03.2012 – 21 W 35/12

    Die wechselseitige Einsetzung von Eheleuten als Vorerben und der jeweils eigenen Abkömmlinge bzw. eines Adoptivkindes als Nacherben ist regelmäßig bereits im Wege der Auslegung als Einsetzung der Nacherben zu Schlusserben des Längstlebenden zu verstehen. Diese Erbeinsetzung der Nacherben zu Schlusserben des Längstlebenden zu verstehenden. Diese Erbeinsetzung des eigenen Adoptivkindes als Schlusserben des Längstlebenden ist gemäß der in § 2271 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltenen Auslegungsregel als wechselbezüglich zu der Einsetzung des Ehegatten als Vorerben anzusehen, auch wenn das Adoptivkind des einen zugleich das leibliche Kind des anderen Ehegatten ist.


    21 W 35/12
    Tenor
    Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 22. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 2). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
    Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 € festgesetzt.
    Gründe
    I.
    Die Erblasserin war in dritter Ehe mit dem vorverstorbenen A verheiratet. Aus der Ehe mit ihrem ersten Mann ging der Beteiligte zu 1) hervor. Dessen Tochter ist die Beteiligte zu 2). Der Beteiligte zu 1) wurde von A adoptiert. Dieser hatte aus seiner ersten Ehe einen Sohn und eine Tochter.
    Am … April 1964 errichteten die Erblasserin und deren Ehemann A ein gemeinschaftliches Testament, in dem
    sie sich gegenseitig zu befreiten Vorerben einsetzten. Weiter heißt es in dem Testament wörtlich:
    3„Nacherben sollen sein hinter
    1) mir, der Ehefrau A1, geb. B, mein Sohn C, geboren am ….1942 bezw. dessen Abkömmlinge
    2) mir, dem Ehemann A,
    a) Der Sohn meiner Ehefrau A1, geb. B, bezw. dessen Abkömmlinge,
    b) meine Tochter aus meiner ersten Ehe bezw. deren Abkömmlinge,
    zu gleichen Teilen.“
    Im Übrigen wird hinsichtlich des Inhaltes des vom Amtsgericht Gießen am …. November 1975 eröffneten Testaments auf Bl. 3 f. d. A. verwiesen. Nach dem Tod ihres Ehemannes errichtete die Erblasserin ein weiteres Testament, in dem sie ihre letztwillige Verfügung vom …. April 1964 widerrief und die Beteiligte zu 2) als ihre Alleinerbin einsetzte (Bl. 28. ff. d. A.). Später ergänzte sie diese letztwillige Verfügung um einen weiteren letzten Willen, in dem sie dem Beteiligten zu 1) seinen Pflichtteil entzog. Insoweit wird auf Bl. 35 ff. d. A. Bezug genommen.
    Der Beteiligte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 19. Mai 2011 beantragt, ihm einen Erbschein mit dem Inhalt zu erteilen, dass er Alleinerbe der Erblasserin geworden sei. Er hat sich dabei auf die letztwillige Verfügung vom …. April 1964 gestützt und ausgeführt, die dort enthaltenen wechselseitigen Verfügungen habe die Erblasserin nicht mehr durch ihr späteres Testament wirksam widerrufen können. Diesem Antrag ist die Beteiligte zu 2) als in der späteren Verfügung Bedachte entgegengetreten.
    Das Amtsgericht hat einen Beschluss nach § 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG erlassen, wonach es die für die Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachte. Gleichzeitig hat es die Erteilung des Erbscheins bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.
    Zur Begründung der Entscheidung, auf deren tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird (vgl. Bl. 88 f. d. A.), hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Wechselseitigkeit der Verfügungen vom …. April 1964 habe die Erblasserin nach dem Tod ihres Mannes die dort vorgesehene Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) als (Nach- und Voll-)Erben nach dem Tod ihres Ehemannes nicht mehr wirksam widerrufen können. Es liege der klassische Fall der Wechselbezüglichkeit vor, bei dem die Eheleute sich gegenseitig zu Vorerben und jeweils deren Stamm zu Nacherben eingesetzt hätten.
    Gegen die ihr am 16. Januar 2012 (Bl. 93 d. A.) zugestellte Entscheidung hat die Beteiligte zu 2) am 14. Februar 2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat die Beteiligte zu 2) vorgetragen, das Gericht habe zu Unrecht eine Wechselseitigkeit der Verfügungen bejaht. Dabei habe das Gericht übersehen, dass das Testament vom 30. April 1964 eine Erbeinsetzung nach dem jeweils längstlebenden Ehegatten bereits nicht beinhalte. Nicht enthaltene Regelungen könnten aber auch nicht wechselbezüglich ist.
    Den vorstehenden Überlegungen der Beteiligten zu 2) ist das Amtsgericht nicht gefolgt. Stattdessen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.
    Ergänzend wird auf die Beschwerdebegründung sowie die erstinstanzlich eingereichten Ausführungen der Beteiligten verwiesen.
    II.
    1. Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung bei Gericht eingegangen (vgl. § 63 FamFG). Sie ist allerdings nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die letztwillige Verfügung aus dem Jahr 1964 für allein maßgeblich gehalten und dieser einen Inhalt beigemessen, demzufolge der Beteiligte zu 1) Alleinerbe nach der Erblasserin geworden ist.
    Maßgeblich ist, ob die Erblasserin das gemeinschaftliche Testament der Eheleute aus dem Jahr 1964 widerrufen und insbesondere die Beteiligte zu 2) durch das spätere, formgültige Testament vom ... Juni 2003 als Erbin einsetzen konnte, oder ob ihr Widerrufsrecht mit dem Tod ihres Ehemannes gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 1 BGB erloschen war. Dies hängt davon, ob das gemeinschaftliche Testament der Eheleute eine Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) als Vollerben der Erblasserin enthält und ob ferner diese etwaig zugunsten des Beteiligten zu 1) getroffene Verfügung der Erblasserin wechselbezüglich und damit bindend war. Beide Fragen hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht.
    Dabei ergibt die gebotene Auslegung des notariellen und damit formgültigen Testaments der beiden Eheleute aus dem Jahr 1964 zunächst, dass diese sich gegenseitig zu Vorerben und die jeweils eigenen Abkömmlinge zu Nacherben eingesetzt haben. Der Ehemann hat dabei seine leibliche Tochter sowie seinen Adoptivsohn, den leiblichen Sohn der Erblasserin, zu je ein Halb als seine Erben nach der Erblasserin bestimmt. Die Erblasserin hat demgegenüber nur ihren leiblichen Sohn, den Beteiligten zu 2), als ihren Nacherben vorgesehen. Dies ergibt sich aus dem Passus im Testament „Nacherben sollen sein hinter mir…“. Hiermit wird die Bestimmung nicht aus der Stellung des Vorerben, sondern die Verfügung aus der Sicht des potentiellen Erblassers konkretisiert. Spricht mithin die Erblasserin darin aus, Nacherbe hinter ihr solle ihr Sohn C sein, so hat sie damit bestimmt, dass im Fall ihres Todes zunächst ihr Gatte befreiter Vorerbe und sodann ihr Sohn Nacherbe werden solle. Ein Verständnis, dass nach ihr als befreiter Vorerbin ihres Ehemanns sodann ihr Sohn C Nacherbe ihres Ehemannes werden solle, kommt demgegenüber nicht in Betracht, wie sich spätestens aus der Berücksichtigung der ebenfalls im Testament enthaltenen Wiederverheiratungsklausel ergibt.
    Denn andernfalls wären die Abkömmlinge ihres Mannes und nicht das eigene Kind Erben der Erblasserin geworden, wenn dieser erneut geheiratet hätte. Diese Regelung war aber erkennbar nicht gewollt.
    Darüber hinaus ergibt sich aus der Einsetzung des Beteiligten zu 1) als Nacherben für den Fall des Vorversterbens der Erblasserin zugleich dessen Stellung als Vollerben der Erblasserin für die hier eingetretene Situation, in der die Erblasserin ihren Ehemann überlebte. Zwar ist der Beteiligten zu 2) zuzugeben, dass dem gemeinschaftlichen Testament eine ausdrückliche Regelung darüber, wer den jeweils Längstlebenden beerben soll, nicht entnommen werden kann. Jedoch ist die gemeinsame letztwillige Verfügung insoweit auslegungsfähig. Es entsprach dem erkennbaren Willen der Eheleute (§§ 133, 2084 BGB), nicht nur über den Nachlass des Erstversterbenden, sondern auch über den des Letztversterbenden zu verfügen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 14. November 1991 – Breg Z 1 48/91, Juris Rdn. 16; Palandt/Edenhofer BGB, 71. Aufl. § 2102 Rn.2 jeweils m.w.Nachw.). Dies folgt aus dem Umstand, dass die Ehegatten ihre Vermögensteile getrennt halten und letztendlich den jeweiligen eigenen Verwandten zukommen lassen wollten. Es liegt daher nahe, dass die Ehegatten für diesen Fall den Ausdruck "Nacherbe" nicht nur im Sinn des Gesetzes (§ 2100 BGB), sondern auch im Sinn von Vollerben verstanden wissen wollten. Dass es sich um ein notarielles und kein eigenhändiges Testament handelt, steht dem nicht zwingend entgegen. Denn die Erfahrung zeigt, dass selbst in notariellen Testamenten die Erbfolge nach dem Längstlebenden keine ausdrückliche Regelung im Testament findet, wenngleich sie regelmäßig gewollt ist (vgl. Keim, ZEV 2002, 437 f.). Für dieses Verständnis spricht auch der spätere Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments durch die Erblasserin. Dessen hätte es nämlich nicht bedurft, wenn die testamentarische Regelung ausschließlich auf den Nacherbfall beschränkt gewesen sein sollte. Denn nach dem Tod ihres Ehemannes war klar, dass der Beteiligte zu 1) nicht mehr ihr Erbe nach einer vorangegangenen Vorerbschaft ihres Gatten werden konnte. Gleichwohl sah sich die Erblasserin zu einem Widerruf veranlasst, was darin begründet ist, dass auch sie von einer - zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr gewollten - Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) für den Fall eines Vorversterbens ihres Mannes ausgegangen ist. Im Übrigen würde eine Anwendung der Auslegungsregel des § 2102 BGB zum selben Ergebnis führen.
    Die vorgenannte Einsetzung des Beteiligten zu 1) zum Vollerben der Erblasserin war zudem wechselbezüglich zu der Verfügung ihres Mannes in dem gemeinschaftlichen Testament, die Erblasserin als Vorerbin nach seinem Tod einzusetzen. Diese Wechselbezüglichkeit hatte wiederum gemäß § 2271 Abs. 2 BGB die Konsequenz, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres Gatten die Erbeinsetzung nicht mehr widerrufen konnte. Vielmehr war das Recht zum Widerruf nach der Annahme der Vorerbschaft erloschen. Zudem war die Erblasserin auch nicht zu einer Aufhebung der Verfügung zugunsten des Beteiligten zu 1) gemäß § 2271 Abs. 2 Satz 2 BGB berechtigt.
    Letztwillige Verfügungen von Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament sind wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde (§ 2270 Abs. 1 BGB), wenn also nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine Verfügung mit der anderen stehen und fallen soll, wobei der Wille der Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich ist (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2001, 1647, 1648 mwNachw).
    Sofern - wie hier - das gemeinschaftliche Testament keine ausdrückliche Anordnung der Wechselbezüglichkeit der einzelnen Verfügungen enthält, muss diese nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ermittelt werden. Kann der Wille der testierenden Ehegatten im Wege der Auslegung nicht zuverlässig festgestellt werden, ist die Auslegungsregel des § 2270 Abs. 2 BGB heranzuziehen. Dabei muss für jede der in dem gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Verfügungen gesondert geprüft und bejaht werden, dass die jeweils in Rede stehende Bestimmung wechselbezüglich ist (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 1410, OLG München, FamRZ 2007, 2111; Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 2070 Rdn. 1).
    Von diesen Grundsätzen ist auch das Amtsgericht ausgegangen und hat im Ergebnis zu Recht eine Wechselbezüglichkeit der Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) bejaht.
    Hierbei ist dem Amtsgericht darin zu folgen, dass mittels einer allgemeinen Auslegung des gemeinschaftlichen Testaments sich eine Wechselbezüglichkeit der darin getroffenen Verfügungen weder positiv noch negativ feststellen lässt. Der Wortlaut gibt keinen Anhalt. Hierfür maßgebliche äußere Umstände sind von den Beteiligten nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Zwar spricht die spätere Einlassung der Erblasserin vor dem Notar D, wonach sie durch das gemeinschaftliche Testament in der Verfügung über ihren Nachlass nicht gebunden sei (vgl. Bl. 32 d. A.), zunächst gegen eine Wechselbezüglichkeit. Gleichwohl ist dieser fast 30 Jahre nach der Testamentserrichtung getätigten Äußerung kein größeres Gewicht beizumessen, weswegen sich eine Auslegung hierauf nicht stützen lässt (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 2003, 582, 584). Denn die Angabe vor dem Notar war ersichtlich von dem Willen getragen, ihre Enkelin, die Beteiligte zu 2), nunmehr als Alleinerbin einsetzen zu können.
    Zu Recht hat das Amtsgericht die Feststellung der Wechselbezüglichkeit unter Anwendung der Auslegungsregel nach § 2270 Abs. 2 BGB bejaht. Hiernach ist eine Wechselbezüglichkeit im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten eine Zuwendung gemacht wird und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm nahe steht. Die zweite Alternative ist vorliegend mit Blick auf die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 1) nach dem Versterben der Erblasserin als Längstlebende erfüllt.
    Mit der Einsetzung der Erblasserin als Vorerbin ihres Gatten hat dieser seiner Ehefrau eine Zuwendung gemacht. Zugleich hat die Erblasserin für den Fall ihres Überlebens eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen, die mit ihrem Ehegatten verwandt war. Denn der Beteiligte zu 1) war nicht nur der leibliche Sohn der Erblasserin, sondern zugleich der Adoptivsohn des vorverstorbenen Mannes der Erblasserin. Damit war er eine nahestehende Person des Vorverstorbenen im Sinne von § 2271 Abs. 2 Satz 2 BGB (vgl. KG, FamRZ 1993, 1251, 1253; Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 2270 Rdn.9 ). Das Näheverhältnis zwischen dem Beteiligten zu 1) und dem Gatten der Erblasserin wurde dabei nicht nur durch die Adoption begründet, sondern hat auch in dem gemeinschaftlichen Testament seinen unmittelbaren Niederschlag gefunden. So hat der Ehemann zu seinen Nacherben nicht nur seine eigene leibliche Tochter, sondern zugleich den Beteiligten zu 1) bestimmt. Ferner hat er für den Fall des vorzeitigen Ablebens seiner Tochter den Beteiligten zu 1) als deren Ersatzerben vorgesehen. Jeweils kommt hierdurch die besondere Beziehung zwischen beiden zum Ausdruck. Entsprechend ist nach der gesetzlichen Vorstellung und mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Einsetzung des Beteiligten zu 1) als Vollerben seiner längstlebenden Ehefrau dem Gatten dergestalt wichtig war, dass er im Fall der Bestimmung einer anderen Person durch die Erblasserin diese nicht zu seiner Vorerbin gemacht hätte.
    Dabei bedarf es keiner vertieften Erörterung der in Rechtsprechung und Literatur ohnehin bejahten Frage, ob § 2270 Abs. 2 BGB auch dann Anwendung findet, wenn die Erbeinsetzung sich nicht aus der Auslegung des Testaments, sondern nur aus der Anwendung einer anderen Auslegungsregeln ergibt (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 582, Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 2270 Rdn. 10; Keim, ZEV 2002, 437, 438; ablehnend hingegen für § 2069 BGB BGH, NJW 2002, 1126). Denn die Stellung des Beteiligten zu 1) als Vollerben der Erblasserin ergab sich hier - wie dargelegt - bereits aus einer Auslegung der gemeinschaftlichen Verfügung und nicht erst aus der Anwendung der Auslegungsregel des § 2102 BGB.
    Schließlich ist dem Amtsgericht darin zuzustimmen, dass Anhaltspunkte für eine berechtigte Entziehung des Pflichtteils des Beteiligten zu 1) und damit für eine zulässige Aufhebung der wechselbezüglichen Verfügung gemäß §§ 2294, 2333 BGB nicht ersichtlich sind. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus den Vorwürfen der Erblasserin, die diese in ihren beiden letztwilligen Verfügungen formuliert hat. Selbst wenn man sämtliche Vorwürfe als wahr unterstellte, folgte hieraus kein Grund für die Entziehung des Pflichtteils.
    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Eine Veranlassung, der Beteiligten zu 2) die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 1) aufzuerlegen, besteht nicht. Am Beschwerdeverfahren war einzig die Beteiligte zu 2) beteiligt.
    Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 131 Abs. 4, 30 KostO. Sie richtet sich nach dem Wert der Interessen, denen das Rechtsmittel dient, sprich vorliegend dem Wert des Interesses der Beteiligten zu 2) an der ihr aus ihrer Sicht zustehenden Alleinerbenstellung (vgl. BayObLG, JurBüro 1982, 116; Assenmacher u.a., Kostenordnung, 16. Aufl., S. 352). Den Wert des Nachlasses schätzt der Senat auf der Grundlage der Angaben der Beteiligten auf etwa 30.000 €.
    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
    Die Entscheidung ist entsprechend rechtskräftig.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 2102 BGB, § 2270 BGB, § 2271 Abs 2 S 2 BGB