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  • 25.01.2013 · IWW-Abrufnummer 131312

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 31.10.2012 – 3 K 24/12

    1. Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung, hier Direktversicherung, an einen vertraglich bezugsberechtigten Lebenspartner als Hinterbliebenen sind nicht als Erwerb von Todes wegen steuerbar; die Versorgungsleistungen stammen wirtschaftlich aus dem Vermögen des Arbeitgebers oder aus dem dienst- bzw. arbeitsvertraglichen Deckungsverhältnis.
    2. Für den Fall der Leistung aufgrund des vereinbarten Bezugsrechts ist die daneben geregelte Vererblichkeit erbschaftsteuerlich zumindest bei Altverträgen vor 2000 unschädlich.


    Tatbestand
    A.
    Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit von durch den Kläger als Begünstigtem auf Grund Bezugsrechtseinräumung im Todesfall erhaltenen Versicherungsleistungen aus einer Direktversicherung. Diese Direktversicherung hatte der Arbeitgeber (ArbG) des verstorbenen Lebensgefährten des Klägers für seinen Arbeitnehmer (ArbN), den Lebensgefährten, zu dessen Lebzeiten abgeschlossen.
    I.
    1. Mit Schreiben vom 01. Januar 1984 bot der ArbG, eine GmbH, dem ArbN auf Grund der Dauer seiner Firmenzugehörigkeit als betriebliche Altersversorgung den Abschluss einer Direktversicherung für ihn bei einer Versicherungsaktiengesellschaft (V-AG) an.
    Diesem Schreiben fügte der ArbG eine vorformulierte Vereinbarung über eine entsprechende Entgeltumwandlung bei, die der ArbN unterzeichnete und in der es unter anderem heißt:
    „3. Die [ArbG] wird Herrn [ArbN] ein unwiderrufliches Bezugsrecht einräumen. ...”
    (Finanzgerichtsakte Anlagenband --FG-A Anl-Bd.-- Bl. 26).
    2. Mit Wirkung ab dem ... 1984 schloss der ArbG dementsprechend eine Direktversicherung für den ArbN bei der V-AG unter der Versicherungsnummer -1 (auch: Nr. -2) ab (FG-A Anl-Bd. Bl. 66).
    3. Mit Wirkung ab dem ... 1990 schloss der ArbG im Einvernehmen mit dem ArbN eine die ursprüngliche Versicherung ergänzende Direktversicherung für den ArbN bei der V-AG unter der Versicherungsnummer -3 (auch: Nr. -4) ab (FG-A Anl-Bd. Bl. 67, vgl. Bl. 68).
    4. Den genannten Versicherungsverträgen (im Folgenden zusammengefasst als: die Direktversicherung) lagen zu Grunde:
    a) Der Gruppenversicherungsvertrag Nr. -5 (auch: KL-FG -5) zwischen dem ArbG und der V-AG vom ... 1977, in dem es unter anderem heißt:
    „§ 8 Versicherungsnehmer, Bezugsberechtigung
    1. Versicherungsnehmer aller Versicherungen ist die Firma.
    Es wird unwiderruflich vereinbart, daß während der Dauer des Dienstverhältnisses eine Übertragung der Versicherungsnehmer-Eigenschaft und eine Abtretung von Rechten aus diesem Vertrag auf den versicherten Arbeitnehmer bis zu dem Zeitpunkt, in dem der versicherte Arbeitnehmer sein 59. Lebensjahr vollendet, insoweit ausgeschlossen ist, als die Beiträge vom Versicherungsnehmer (Firma) entrichtet worden sind.
    2. Die versicherte Person ist aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unwiderruflich bezugsberechtigt:
    [...]
    Für den Todesfall ist die Versicherungsleistung in nachstehender Reihenfolge zu zahlen an:
    a) den überlebenden Ehegatten,
    b) die ehelichen und die ihnen gesetzlich gleichgestellten Kinder zu gleichen Teilen,
    c) die Eltern,
    d) die Erben”
    (FG-A Anl-Bd. Bl. 34 ff.).
    b) Der Nachtrag Nr. 1 zum Gruppenversicherungsvertrag KL-FG -5 vom ... 1981, durch den der Gruppenversicherungsvertrag mit Wirkung vom ... 1981 unter anderem wie folgt geändert wurde:
    „Paragraph 8
    Versicherungsnehmer, Bezugsberechtigung
    1. Versicherungsnehmer aller Versicherungen ist die Firma. Es wird unwiderruflich vereinbart, daß während der Dauer des Dienstverhältnisses eine Übertragung der Versicherungsnehmer-Eigenschaft und eine Abtretung von Rechten aus diesem Vertrag auf den versicherten Arbeitnehmer bis zu dem Zeitpunkt, in dem der versicherte Arbeitnehmer sein 59. Lebensjahr vollendet, insoweit ausgeschlossen ist, als die Beiträge vom Versicherungsnehmer (Firma) entrichtet worden sind.
    Es wird vereinbart, daß, abgesehen von der Einräumung eines nicht übertragbaren und nicht beleihbaren Bezugsrechts an die nach dem Vertrag zu begünstigenden Personen, die Übertragung der Ansprüche auf die versicherten Leistungen an Dritte - auch in Form von anderen Bezugsrechten - ausgeschlossen ist.
    2. Der versicherten Person wird auf die Leistung aus der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall ein nicht übertragbares und nicht beleihbares unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt.
    Für den Todesfall ist die Versicherungsleistung in nachstehender Rangfolge zu zahlen an:
    a) den überlebenden Ehegatten, mit dem der Versicherte im Zeitpunkt seines Ablebens verheiratet war,
    b) die ehelichen und die ihnen gesetzlich gleichgestellten Kinder zu gleichen Teilen,
    c) die Eltern,
    d) die Erben.
    Das verfügte Bezugsrecht bezieht sich auch auf die Überschußanteile. ...”
    (FG-A Anl-Bd. Bl 43 f.).
    c) Der Nachtrag Nr. 2 zum Gruppenversicherungsvertrag KL-FG -5 vom ... 1990, durch den der Gruppenversicherungsvertrag mit Wirkung vom ... 1990 unter anderem wie folgt geändert wurde:
    „§ 7 Versicherungsnehmer, Bezugsberechtigung
    [...]
    2. Der versicherten Person wird auf die Leistung der auf ihr Leben genommenen Versicherung sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall ein nicht übertragbares und nicht beleihbares unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt.
    Im Todesfall ist die Versicherungsleistung, sofern nichts anderes bestimmt ist (Hervorhebung des Gerichts), in nachstehender Rangfolge zu zahlen an:
    a) den überlebenden Ehegatten, mit dem die versicherte Person im Zeitpunkt ihres Ablebens verheiratet war,
    b) die ehelichen und die ihnen gesetzlich gleichgestellten Kinder der versicherten Person zu gleichen Teilen,
    c) die Eltern der versicherten Person zu gleichen Teilen,
    d) die Erben der versicherten Person.
    Das verfügte Bezugsrecht bezieht sich auch auf die Überschußanteile. ...”
    (FG-A Anl-Bd. Bl. 45 ff.).
    d) Die Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen (AVB) für die Firmengruppenversicherung der V-AG, und zwar bis 1987 in der Fassung von 1967 und ab 1987 bis zum Tode des versicherten ArbN in der Fassung von 1987. In den AVB von 1987 heißt es unter anderem:
    „§ 13 Wer erhält die Versicherungsleistung?
    (1) Die Leistung aus der Versicherung erbringen wir an Sie als unseren Versicherungsnehmer, falls Sie uns keine andere Person benannt haben, die bei Eintritt des Versicherungsfalls die Ansprüche aus der Versicherung erwerben soll (Bezugsberechtigter). Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls können Sie das Bezugsrecht jederzeit widerrufen.
    (2) Wenn Sie ausdrücklich bestimmen, daß der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus der Versicherung unwiderruflich und damit sofort erwerben soll, werden wir Ihnen schriftlich bestätigen, daß der Widerruf des Bezugsrechts ausgeschlossen ist. Sobald Ihnen unsere Bestätigung zugegangen ist, kann das bis zu diesem Zeitpunkt noch widerrufliche Bezugsrecht nur noch mit Zustimmung des von Ihnen Benannten aufgehoben werden.
    (3) Sie können Ihre Rechte aus der Versicherung weder abtreten noch verpfänden.
    (4) Die Einräumung und der Widerruf eines widerruflichen Bezugsrechts (vgl. Absatz 1) sind uns gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie uns schriftlich angezeigt worden sind. ...”
    (FG-A Anl-Bd. Bl. 92 ff.).
    II.
    1. Der Kläger war seit den 1980er Jahren der Lebensgefährte (nicht eingetragener Lebenspartner) des verstorbenen ArbN. Beide unterhielten zwar je eine Wohnung, verbrachten jedoch ihre Freizeit zusammen und fuhren auch gemeinsam in den Urlaub. Dazu hatten sie eine gemeinsame Kasse (Finanzgerichtsakte --FG-A-- Bl. 175 ff.).
    Im Sommer 2001 erkrankte der ArbN an ... Der Kläger betreute und pflegte ihn von da an in dessen Wohnung. Der Kläger erhielt 2001 vom ArbN Generalvollmacht und 2002 zusätzlich Vollmacht für dessen Bankkonto. Im Frühjahr 2002 wurde der ArbN ins Krankenhaus eingeliefert. Auch dort betreute ihn der Kläger täglich (FG-A Bl. 175 ff.).
    2. Ebenfalls im Frühjahr 2002 besprach der ArbN die Möglichkeit einer Bezugsrechtsänderung für den Todesfall zu Gunsten des Klägers mit seinem ArbG. Dieser war mit einer solchen Bezugsrechtsänderung einverstanden (FG-A Anl-Bd. Bl. 87).
    Mit zwei Schreiben vom 20. Juni 2002 verfügte der ArbN eine widerrufliche Bezugsrechtsänderung für die Todesfallleistung der Direktversicherung zu Gunsten und mit Zustimmung des Klägers gegenüber der V-AG; zugleich im Einverständnis mit seinem ArbG und mit Zustimmung der V-AG, seitens letzterer spätestens nach dortigem Eingang der Schreiben am 26. Juni 2002 (FG-A Anl-Bd. Bl. 33, 34, 87).
    Die Schreiben sind bis auf die im Betreff jeweils genannte Versicherungsnummer (-1 bzw. -3) wortgleich und lauten:
    „Sehr geehrte Damen und Herren,
    hiermit verfüge ich, bis auf Widerruf, die Begünstigung im Todesfall zu Gunsten von:
    Herrn [Name des Klägers]
    [Adresse des Klägers]
    [Geburtsdatum des Klägers]
    Ich bitte Sie, mir die Änderung der Begünstigung schriftlich zu bestätigen.
    [Name und Unterschrift des ArbN]”
    3. Am 25. September 2002 errichtete der ArbN ein handschriftliches Testament und setzte darin den Kläger als seinen Alleinerben ein (Erbschaftsteuerakten --ErbSt-A-- Bl. 4).
    4. Am ... 2003 verstarb der ArbN auf Grund seines ... (ErbSt-A Bl. 3).
    5. Spätestens zum 30. Januar 2003 zahlte die V-AG an den Kläger als Begünstigten aus der Versicherung Nr. -2 den Betrag von 35.370,00 Euro und aus der Versicherung Nr. -4 den Betrag von 4.235,98 Euro, insgesamt also 39.605,98 Euro, aus (ErbSt-A Bl. 6, 7).
    III.
    1. Mit Schreiben vom 21. Juli 2003 forderte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) den Kläger zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung auf. Am 10. Oktober 2003 gab der Kläger eine solche Erklärung ab, in der er den genannten Betrag in der Anlage Erwerber in der Zeile 28 „Erwerb auf Grund eines Vertrags zu Gunsten Dritter” aufführte (ErbSt-A Bl. 8, 9 ff.).
    2. Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 03. November 2003 setzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) eine Erbschaftsteuer in Höhe von 3.077,00 Euro aufgrund § 3 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) fest (FG-A Anl-Bd. Bl. 2 ff.).
    3. Mit Schreiben vom 22. November 2003 legte der Kläger gegen den Erbschaftsteuerbescheid Einspruch ein. Es fehle bei der Direktversicherung bereits an einem für eine Besteuerung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG notwendigen Vertragsschluss des Verstorbenen (FG-A Anl-Bd. Bl. 13).
    4. Mit Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2012 (per einfacher Post) wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Der Abschluss der Direktversicherung seitens des ArbG sei Ausfluss aus dem Arbeitsverhältnis des ArbN. Die Bezüge aus der Direktversicherung seien damit auf ein Dienstverhältnis zurückzuführen. Solche Bezüge unterlägen nur dann nicht der Erbschaftsteuer, wenn der Empfänger ein Hinterbliebener sei. Der Einspruchsführer sei jedoch kein Hinterbliebener (FG-A Bl. 51 ff.).
    IV.
    1. Der Kläger hat am 03. Februar 2012 Klage vor dem Finanzgericht (FG) erhoben und trägt zur Begründung vor (FG-A Bl. 1 ff., 13 ff., 38 ff., 52 ff.):
    Die Leistungen aus der Direktversicherung des ArbN seien als Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung an einen Hinterbliebenen nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerbar. Der Hinterbliebenenbegriff sei im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) nicht festgeschrieben und könne auch andere Personen als Ehegatten und Kinder umfassen.
    Der Kläger beantragt sinngemäß (FG-A Bl. 1 f.),
    den Erbschaftsteuerbescheid vom 03. November 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2012 aufzuheben.
    2. Das FA beantragt (FG-A Bl. 35),
    die Klage abzuweisen.
    Das FA trägt in Ergänzung seiner Einspruchsentscheidung vor (FG-A Bl. 35 ff., 47 ff.):
    Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung seien nur dann nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerbar, wenn Empfänger der Leistungen ein Hinterbliebener im Sinne der hier anwendbaren R. 8 Abs. 2, 3 Erbschaftsteuerrichtlinie (ErbStR) zu § 3 ErbStG sei. Dieser Hinterbliebenenbegriff umfasse keine - im vorliegenden Fall: nicht eingetragenen - Lebenspartner (Lebensgefährten). Ein Lebensgefährte könne kein Hinterbliebener bei einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktversicherung sein. Dies ergebe sich auch schon aus dem allgemeinen Sprachgebrauch.
    Weiterhin erfülle die Direktversicherung in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht die Voraussetzung der Unvererblichkeit nach den jetzt einschlägigen einkommensteuerlichen bzw. lohnsteuerlichen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) betreffend die betriebliche Altersversorgung.
    V.
    1. Die Beteiligten haben sich im telefonischen Erörterungstermin am 04. Juli 2012 dahingehend tatsächlich verständigt, dass sie sich über sämtliche Voraussetzungen dafür einig sind, dass es sich bei der Direktversicherung um eine betriebliche Altersversorgung handelt und zwar auch gemäß den einkommensteuerlichen bzw. lohnsteuerlichen BMF-Schreiben vom 31. März 2010 (BStBl 2010 I 270) und vor dem Stichtag 10. Januar 2003 nach den BMF-Schreiben vom 05. August 2002 (BStBl I 2002, 767) und vom 04. Februar 2000 (BStBl I 2000, 354).
    Nicht umfasst von dieser tatsächlichen Verständigung sind nur zwei Punkte, und zwar erstens der Hinterbliebenenbegriff im Sinne von R. 8 Abs. 2, 3 ErbStR zu § 3 ErbStG, mit anderen Worten, ob als Hinterbliebener bei einer betrieblichen Altersversorgung in Form der Direktversicherung auch ein - nicht eingetragener - Lebensgefährte gilt.
    Zweitens ist die in den vorgenannten einkommensteuerlichen bzw. lohnsteuerlichen Schreiben genannte Voraussetzung der Unvererblichkeit streitig (vgl. BMF-Schreiben vom 31. März 2010, BStBl I 2010, 270, Tz. 252, BMF-Schreiben vom 05. August 2002, BStBl I 2002, 767, Tz. 148 und BMF-Schreiben vom 04. Februar 2000, BStBl I 2000, 354), während diese Voraussetzung im koordinierten Ländererlass Schleswig-Holstein vom 02. März 1995 (Juris; Hamburg vom 16. Mai 1995 n. v.) noch nicht enthalten war (FG-A Bl. 181).
    2. Beide Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (FG-A Bl. 181).
    3. Das FG hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 26. April 2012 (FG-A Bl. 133 ff.) durch schriftliche und mündliche (telefonische) Zeugenerklärung der Personalleiterin des ArbG des verstorbenen ArbN (FG-A Anl-Bd. Bl. 60 ff., FG-A Bl. 166), gemäß Beweisbeschluss vom 19. April 2012 (FG-A Bl. 61 f.) durch schriftliche Zeugenerklärung der Sachbearbeiterin der V-AG (FG-A Anl-Bd. Bl. 32 ff.) und gemäß Beweisbeschluss vom 22. Mai 2012 (FG-A Bl. 150 ff.) durch schriftliche und mündliche (telefonische) Zeugenerklärung des Rechtsabteilungs-Volljuristen der V-AG als sachverständigem Zeugen (FG-A Anl-Bd. Bl. 88 ff.).
    4. Das FG hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten teilweise telefonisch am 20. April 2012 (Protokoll FG-A Bl. 117 ff.) sowie telefonisch am 26. April 2012 (Protokoll FG-A Bl. 131 ff.), am 18. Juni 2012 (Protokoll FG-A Bl. 165 ff.), am 22. Juni 2012 (Protokoll FG-A Bl. 172 ff.), am 28. Juni 2012 (Protokoll FG-A Bl. 175 ff.) und am 04. Juli 2012 (Protokoll FG-A Bl. 180 ff.) erörtert.
    5. Ergänzend wird Bezug genommen auf die genannten Sitzungsprotokolle, die durchgeführten Beweisaufnahmen und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der Finanzgerichts-Akte (FG-A) nebst Anlagenband (FG-A Anl-Bd.) sowie aus der Erbschaftsteuerakte (ErbSt-A).
    Gründe
    B.
    Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Erbschaftsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger als Adressaten in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung --FGO--).
    I.
    Die im Streit stehenden Leistungen aus der Direktversicherung des ArbN sind nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als Erwerb von Todes wegen steuerbar.
    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bestimmt, dass jeder Vermögensvorteil, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tode von einem Dritten unmittelbar erworben wird, als Erwerb von Todes wegen gilt.
    1. Nach ihrem Wortlaut könnte letztere Vorschrift auch auf eine Direktversicherung anzuwenden sein, die ein Arbeitgeber zu Gunsten seines Arbeitnehmers auf Grund des bestehenden Arbeitsverhältnisses für diesen abschließt und aus der eine andere Person beim Tode des Arbeitnehmers Leistungen erhält.
    2. Den Erwerb von Hinterbliebenenbezügen, die auf einem Arbeits- oder Dienstverhältnis des Erblassers beruhen, hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch in ständiger Rechtsprechung von der Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG durch teleologische Reduktion der Vorschrift ausgenommen und damit insbesondere den Bezügen der Hinterbliebenen der Beamten gleichgestellt, die mangels eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages (sondern Beamtenernennung) schon nicht unter den Wortlaut der Vorschrift fallen (BFH vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626; vom 24. Mai 2005 II B 40/04, BFH/NV 2005, 1571; vom 15. Juli 1998 II R 80/96, BFH/NV 1999, 311, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 1999, 401; vom 13. Dezember 1989 II R 23/85, BFHE 159, 228, BStBl II 1990, 322; vom 27. November 1974 II 175/64, BFHE 115, 540, BStBl II 1975, 539).
    Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, es könne „bei einer am Gleichheitssatz unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung orientierten Auslegung dieser Vorschrift keinen Unterschied machen, ob die Hinterbliebenenversorgung auf einem Gesetz, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer Ruhegeldordnung, einer betrieblichen Übung, auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder auf einem Einzelvertrage” beruhe (BFH vom 20. Mai 1981 II R 11/81, BFHE 133, 426, BStBl II 1981, 715; vom 20. Mai 1981 II R 33/78, BFHE 134, 156, BStBl II 1982, 27).
    3. Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) auch mit den durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) gezogenen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung für vereinbar erklärt (BVerfG vom 09. November 1988 1 BvR 234/86, BStBl II 1989, 938; vom 05. Mai 1994 2 BvR 397/90, BStBl II 1994, 547).
    4. Unter Beachtung der BFH-Rechtsprechung sind somit Bezüge nicht erbschaftsteuerbar, die eine Person aus einer betrieblichen Altersversorgung als Hinterbliebene erhält.
    5. Es handelt sich bei der Direktversicherung um eine betriebliche Altersversorgung.
    a) Eine betriebliche Altersversorgung liegt vor, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG).
    Eine betriebliche Altersversorgung kann auch so ausgestaltet sein, dass eine Lebensversicherung auf das Leben des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgeschlossen wird und der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistungen des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind (Direktversicherung, § 1b Abs. 2 Satz 1 HS 1 BetrAVG).
    Alleinig entscheidendes Merkmal für die fehlende Erbschaftsteuerbarkeit der betrieblichen Altersversorgung ist, dass die Versorgungsleistungen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise aus dem Vermögen des Arbeitgebers erbracht werden, es sich also beim Deckungsverhältnis der Versorgung um einen Arbeits- oder Dienstvertrag handelt (BFH vom 20. Mai 1981 II R 11/81, BFHE 133, 426, BStBl II 1981, 715; vom 20. Mai 1981 II R 33/78, BFHE 134, 156, BStBl II 1982, 27; Viskorf/Knobel/Schuck, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Auflage 2009, § 3 Rz. 174 ff. m. w. N).
    So liegt der Fall hier.
    b) Unschädlich für die Beurteilung einer Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung ist es, wenn - wie hier - zur Finanzierung der Versicherung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber eine Entgeltumwandlung vereinbart wird (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG; BFH vom 29. Juli 2010 VI R 39/09, BFH/NV 2010, 2296; vgl. auch BMF-Schreiben vom 31. März 2010, BStBl I 2010, 270 Tz. 254 ff.).
    c) Ebenfalls unschädlich ist es, wenn - wie hier - die Leistung aus der Direktversicherung nicht in einer Rente, sondern in einer Einmalzahlung besteht (FG Baden-Württemberg vom 23. Februar 2010 11 K 498/07 m. w. N., EFG 2010, 1144).
    d) Insbesondere kommt es danach nicht darauf an, dass die betriebliche Altersversorgung unvererblich ist, solange die Leistungen nicht auf Grund Erbrechts gezahlt werden (unten 6). Die fehlende Erbschaftsteuerbarkeit ist außerdem unabhängig von einer Abgrenzung des Hinterbliebenenkreises, wie er arbeitsrechtlich ausgehandelt ist (unten 7).
    6. Davon abgesehen wird eine betriebliche Altersversorgung nicht schon allein deswegen zur bloßen Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand und verliert nicht dadurch ihren Charakter als Hinterbliebenenversorgung, dass sie vererblich ist.
    a) Soweit heute die Finanzverwaltung in den einschlägigen einkommensteuerlichen bzw. lohnsteuerlichen BMF-Schreiben die Auffassung vertritt, Voraussetzung einer betrieblichen Altersversorgung sei die Unvererblichkeit (vgl. BMF-Schreiben vom 31. März 2010, BStBl I 2010, 270, Tz. 252, BMF-Schreiben vom 05. August 2002, BStBl I 2002, 767, Tz. 148 und BMF-Schreiben vom 04. Februar 2000, BStBl I 2000, 354), muss nicht entschieden werden, ob diese Ansicht nicht bereits einkommensteuer-rechtlich angreifbar ist.
    In der Literatur ist vorgebracht worden, sie entspreche nicht der geltenden Gesetzeslage. Zu den nach §§ 10a, 79 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) steuerlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen gehörten gemäß § 82 Abs. 2 EStG auch Beiträge zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. Die Vorschrift des § 82 Abs. 2 EStG enthalte eine Verweisung auf § 93 EStG. Letztere Norm gehe eindeutig von der Vererblichkeit geförderten Altersvorsorgevermögens aus. Die Auszahlung des Kapitals an die Erben sei gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 EStG möglich, auch wenn dann steuerliche Vorteile entfielen. Weiterhin sei die Auffassung der Finanzverwaltung auch im Hinblick auf Art. 14 GG, der neben dem Eigentum auch das Erbrecht gewährleiste, bedenklich (Hanau/Arteaga/Rieble, Entgeltumwandlung, 2. Auflage 2006, D Rz. 783 m. w. N).
    Hier ist die vorliegende Direktversicherung jedoch aus erbschaftsteuerlicher, nicht aus einkommensteuerlicher, Sicht zu beurteilen.
    b) Davon abgesehen gilt das jetzige einkommensteuer-rechtliche Kriterium der Unvererblichkeit zumindest nicht für Vertragsschlüsse vor dem BMF-Schreiben vom 04. Februar 2000 (BStBl I 2000, 354).
    Gerade die langjährige Bindung von Vereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung erfordert hinsichtlich des Regelungsinhalts Schutz des Vertrauens in die Rechtslage bei Vertragsschluss. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz folgen aus dem Rechtsstaatgebot gemäß Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BFH, Beschluss des Großen Senats vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, zu D IV 2 b bb Juris Rd. 99; zur Anerkennung von Altverträgen durch das BAG - in Abgrenzung zur Durchführung - vgl. unten c cc).
    Zur Zeit des Vertragsschlusses der vorliegenden Direktversicherung gab es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur oder in der Auffassung der Finanzverwaltung ein Kriterium der Unvererblichkeit zur Anerkennung eines Versicherungsvertrages als betriebliche Altersversorgung. Auch im koordinierten Ländererlass Schleswig-Holstein vom 02. März 1995 (Juris; vgl. Hamburg vom 16. Mai 1995 n. v.) war ein solches Kriterium nicht enthalten.
    c) Auch arbeitsrechtlich kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bezüglich betrieblicher Altersversorgung und Insolvenzschutz (§§ 7 ff. BetrAVG) für die Einordnung eines Vertrages als betriebliche Altersversorgung, mindestens für Altverträge, nicht darauf an, dass die Leistungen unvererblich sind.
    aa) Das BAG ist in seiner Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Abschlusses der vorliegenden Direktversicherung davon ausgegangen, dass eine Leistung aus einer betrieblichen Altersversorgung ohne weiteres auch dann vorlag, wenn das Versprochene im Falle des Todes an die Erben auszuzahlen war. Es komme vielmehr darauf an, dass der Versorgungszweck zur Absicherung eines biometrischen Risikos die Leistung und ihre Regelung präge; dazu sei es nicht notwendig, dass eine Zusage ausschließlich dem Versorgungszweck diene, vielmehr könnten einzelne Regelungen ohne Versorgungscharakter die rechtliche Einordnung einer Zusage als betriebliche Altersversorgung nicht beeinflussen (BAG vom 30. Oktober 1980 3 AZR 805/79, BAGE 34, 242; vom 30. September 1986 3 AZR 22/85, BAGE 53, 131)
    bb) Diese Ansicht des BAG wird im Übrigen dadurch gestützt, dass insbesondere die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung stets die bei der betrieblichen Altersversorgung bestehende Formenvielfalt betont und Arbeitgebern und Arbeitnehmern einen weitreichenden Gestaltungsspielraum zugestanden hat, der dem Arbeitgeber erlaubt, die Reichweite seiner Zusage nach seinen eigenen betrieblichen Erfordernissen und den bestehenden Versorgungsinteressen zu bestimmen (BAG vom 30. Oktober 1980 3 AZR 805/79, BAGE 34, 242, Gewinnbeteiligung; vom 30. September 1986 3 AZR 22/85, BAGE 53, 131, Kapitalzusage; Bundessozialgericht --BSG-- vom 30. Januar 1997 12 RK 17/96, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1997, 1418, Abschluss einer Direktversicherung bei jedem Lebensversicherer; Landesarbeitsgericht --LAG-- Hamm vom 22. Juni 2010 9 Sa 1261/09M, Juris, Jeweiligkeitsklausel).
    cc) In einer neueren Entscheidung hat das BAG in Kenntnis der einkommensteuerrechtlichen Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 05. August 2002 (BStBl I 2002, 767) seine bisherige Rechtsprechung aufrechterhalten. Maßgeblich ist noch immer der im Vordergrund des Vertrages stehende Versorgungszweck. Dieser entfällt durch eine Vererblichkeit von Leistungen jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - bei der Durchführung des Vertrages die Leistungen nicht auf Grund Erbrechts gezahlt werden (BAG vom 18. März 2003 3 AZR 313/02, BAGE 105, 240).
    dd) Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Leistungen nicht auf Grund Erbrechts sondern als Bezugsberechtigter erhalten (oben A II 5). Die Bezugsberechtigung konnte nach dem Vertrag („sofern nichts anderes bestimmt”, oben A I 4 c) auch nicht einseitig durch den ArbN übertragen werden (vgl. BMF-Schreiben vom 31. März 2010, BStBl I 2010, 270, Tz. 251), sondern wurde mit Zustimmung des ArbG und der V-AG vorgenommen (oben A II 2).
    d) Der erkennende Senat weicht mit dieser Qualifizierung als betriebliche Altersversorgung auch nicht von bisheriger finanzgerichtlicher Rechtsprechung ab.
    Bis heute ist, soweit ersichtlich, zu dem einkommensteuerlichen Unvererblichkeitskriterium der Finanzverwaltung nur ein Urteil des FG Rheinland-Pfalz ergangen (vom 01. Oktober 2008 1 K 1454/05, Juris). Dort hat das FG im Rahmen der Einkommensteuer 2000 zur Beurteilung einer Vereinbarung vom 24. März 1999 / 08. März 2000 das BMF-Schreiben vom 17. November 2004 (BStBl I 2004, 1065), Tz. 158, herangezogen und eine steuerschädliche Vererblichkeit angenommen, weil in der Vereinbarung die Möglichkeit zur Benennung einer anderen Person als einer Hinterbliebenen eingeräumt war. Der BFH hat dieses Urteil aufgehoben, weil der Kläger nicht mit seinem Vorbringen gehört worden war, dass die Vereinbarung vom 08. März 2000 bereits vor der Verkündung des BMF-Schreibens vom 04. Februar 2000 getroffen worden sei und vor dem genannten BMF-Schreiben eine andere Rechtsauffassung geherrscht habe (BFH vom 29. Juli 2010 VI R 39/09, BFH/NV 2010, 2296).
    Ein vorangehendes Urteil des FG Rheinland-Pfalz stellt fest, dass die Vererblichkeit zwar bei Rentenansprüchen ungewöhnlich, dagegen bei Einmalzahlungen aus Lebensversicherungen üblich war (FG Rheinland-Pfalz vom 26. März 1996 2 K 2791/93, EFG 1996, 1103).
    7. Davon abgesehen, dass es nach Ansicht des Senats für die Beurteilung der Erbschaftsteuerbarkeit von Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung ohnehin nicht auf die Abgrenzung des Hinterbliebenenkreises ankommt (oben 5 a nebst Hinweis u. a. auf Viskorf/Knobel/Schuck aaO), würde ein auch für die steuerliche Betrachtung maßgeblicher arbeitsrechtlicher Hinterbliebenenbegriff gleichgeschlechtliche Lebensgefährten wie den Kläger einschließen.
    a) Das Steuerrecht kennt zwar eine gesetzliche Definition des Angehörigen (§ 15 Abgabenordnung --AO--), nicht jedoch des Hinterbliebenen.
    b) Soweit das FA einen besonderen erbschaftsteuerlichen Hinterbliebenenbegriff aus der R. 8 ErbStR zu § 3 ErbStG herleiten will, kann diese Überlegung schon deswegen nicht durchgreifen, weil dort keine Definition des Begriffs allgemein für alle dort behandelten Formen der Hinterbliebenenversorgung systematisch vorangestellt ist.
    Vielmehr heißt es in Abs. 1 der Richtlinie:
    „Die kraft Gesetzes entstehenden Versorgungsansprüche Hinterbliebener unterliegen nicht der Erbschaftsteuer. Hinterbliebene in diesem Sinne sind nur der mit dem Erblasser bei dessen Tod rechtsgültig verheiratete Ehegatte oder Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes und die Kinder des Erblassers” (Hervorhebungen des Gerichts).
    Daraus lässt sich nicht ableiten, dass dieser Hinterbliebenenbegriff auch für solche Hinterbliebenenbezüge gelten soll, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung, betrieblicher Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Abs. 2) beziehungsweise auf Einzelvertrag (Abs. 3) beruhen. In den Absätzen 2 und 3 der Richtlinie wird der Ausdruck „Hinterbliebener” ohne eine einschränkende nähere Definition wie im Absatz 1 verwendet.
    Aus den Erbschaftsteuerrichtlinien ergibt sich damit gerade keine Eingrenzung des Hinterbliebenenbegriffs für den hier interessierenden Fall der betrieblichen Altersversorgung im Wege einer einzelvertraglich abgeschlossenen Direktversicherung. Dieses Ergebnis entspricht dem Recht der betrieblichen Altersversorgung.
    c) Das BetrAVG enthält ebenso wenig wie das Steuerrecht eine gesetzliche Definition des Hinterbliebenenbegriffs. Das Arbeitsrecht sieht vielmehr, wie bereits dargelegt, für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung vor (oben 6 c bb).
    Insbesondere steht es dem Arbeitgeber im Rahmen der Vertragsfreiheit frei, welche Personen er in den Kreis der Versorgungsberechtigten aufnehmen oder gezielt aus ihm ausschließen will, z. B. über Spätehen-, Getrenntlebend- oder Wiederverheiratungsklauseln (BAG vom 28. März 1995 3 AZR 343/94, Der Betrieb --DB-- 1995, 1666, Getrenntlebendklausel; vom 26. August 1997 3 AZR 235/96, DB 1998, 1114, Spätehenklausel; vom 19. Dezember 2000 3 AZR 186/00, DB 2001, 2303, Spätehenklausel; vom 19. Februar 2002 3 AZR 99/01, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2002, 2339 Beschränkung auf Begünstigte ab 50 Jahren, Privatrechtliche Gestaltungsfreiheit, s. insb. Juris Rz. 25; vom 18. November 2008 3 AZR 277/07, DB 2009, 294, Privatrechtliche Einschränkung des Hinterbliebenkreises; vom 15. September 2009 3 AZR 797/08, DB 2010, 231, Spätehenklausel auch bei eing. Lebenspartnern; vom 20. April 2010 3 AZR 509/08; BAGE 134, 89, Spätehenklausel; Privatrechtliche Gestaltungsfreiheit, s. insb. Juris Rz. 74 f.; Bundesgerichtshof --BGH-- vom 07. Dezember 2005 XII ZB 39/01, Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport --NJW-RR-- 2006, 190, Wiederverheiratungsklausel; dagegen LAG Rheinland-Pfalz vom 21. Januar 1999 11 Sa 786/98, Juris, Ausschluss nichtehelicher Kinder nicht vom Grundsatz der Vertragsfreiheit gedeckt).
    Durch die ständige Rechtsprechung des BAG überholt ist damit eine ältere Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Wiesbaden, das unter den Hinterbliebenen nur Ehefrau und Kinder des verstorbenen Arbeitnehmers unter 18 Jahren verstehen wollte (ArbG Wiesbaden vom 09. Januar 1980 6 Ca 5289/79, Juris).
    d) Ebenso überholt ist die einzige bekannte steuerrechtliche Entscheidung des FG Münster zum Hinterbliebenenbegriff. Im Rahmen der hier interessierenden Prüfung der Steuerbarkeit einer betrieblichen Altersversorgung nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hat es den vertraglich begünstigten Bruder des Verstorbenen nicht als Hinterbliebenen angesehen (FG Münster vom 02. Juni 1987 III 8787/86 Erb, EFG 1987 570).
    aa) Zur Begründung hat sich das FG auf das Sozialversicherungsrecht sowie das Beamtenrecht bezogen, die Regelungen zur Hinterbliebenenversorgung enthielten, welche den Schluss rechtfertigten, dass nach allgemeinem Sprachgebrauch grundsätzlich nur die überlebenden und früheren Ehegatten sowie die Waisen zu rechnen seien. So bestimme die (inzwischen entfallene) Vorschrift des § 1263 Reichsversicherungsordnung (RVO), dass Hinterbliebenenrenten die Witwen-, Witwer-, und Waisenrenten seien, und weist das FG auf andere wortgleiche (ebenfalls inzwischen außer Kraft getretene) Normen hin. Weiterhin hat sich das FG bezogen auf Regelungen des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und auf das Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).
    Wenn diese Regelungen in bestimmten Fällen ein Sterbegeld für Geschwister vorsehen, sei dies der besondere Zweckbestimmung des Sterbegeldes geschuldet und bilde eine Ausnahme von dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass als Hinterbliebene lediglich Witwen, Witwer und Waisen anzusehen seien.
    Weiterhin hat das FG ausgeführt, schon der Reichsminister der Finanzen (RdF) habe im Erlass vom 09. Juni 1941 (RStBl 1941, 417) angeordnet, „steuerfrei zu lassen Ruhegehälter und ähnliche Zuwendungen, die ein Erblasser oder Schenker früheren oder noch bei ihm in Dienst befindlichen Angestellten oder Bediensteten oder deren Witwen und Waisen gewährt, soweit die Zuwendungen das Maß eines angemessenen Ruhegehalts nicht übersteigen”. In dem Erlass vom 07. Januar 1942 (DB 1961, 1004) habe der RdF im Anschluss daran hervorgehoben, es entspreche diesem Grundgedanken, den „Erwerb von Ansprüchen auf Ruhegehälter und ähnliche Zuwendungen” steuerfrei zu lassen, wenn sie „Witwen und Waisen eines früheren Angestellten oder Bediensteten auf Grund eines von ihm geschlossenen Vertrags gegen den Betriebsinhaber oder eine Pensions- oder Unterstützungskasse seines Betriebs zustehen.”
    bb) Der Argumentation des FG Münster kann schon deswegen nicht ohne weiteres gefolgt werden, weil sämtliche der zur Begründung herangezogenen Vorschriften inzwischen entweder außer Kraft getreten oder dahingehend geändert worden sind, dass sie jedenfalls den eingetragenen Lebenspartner dem Ehegatten gleichstellen (vgl. § 38 ff. BVG und § 1a BeamtVG).
    Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der Rückgriff des FG auf die geschichtliche Entwicklung des Hinterbliebenenbegriffs in der Finanzverwaltung um 1940 nicht nur wegen der unterschiedlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sondern auch wegen der Verfolgung von Homosexuellen im Unrechtsregime des Nationalsozialismus für die Definition des heute gültigen Hinterbliebenenbegriffs keine Hilfestellung geben kann. Auch noch zum Entscheidungszeitpunkt des FG Münster im Jahre 1980 dürften gleichgeschlechtliche Partner als mögliche Hinterbliebene weder im Bewusstsein der Öffentlichkeit noch des FG gewesen sein. Erst 1969 beziehungsweise 1973 war der § 175 Strafgesetzbuch (StGB), der einvernehmliche homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, im Hinblick auf das Schutzalter reformiert worden. Endgültig abgeschafft wurde die Vorschrift erst 1994.
    Weiterhin ergibt sich aus den Festlegungen des Hinterbliebenenbegriffs in den genannten Normen kein allgemeiner Rechtsgedanke, dass als Hinterbliebene auch in anderen Rechtsgebieten lediglich Ehegatten (bzw. eingetragene Lebenspartner) und Kinder anzusehen seien; zumal der Gesetzgeber im BetrAVG auf eine ausdrückliche Legaldefinition verzichtet hat, obwohl eine solche gesetzestechnisch unproblematisch hätte vorgesehen werden können.
    e) Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob oder inwieweit die Entscheidung des FG Münster auch versicherungsrechtlich überholt ist, weil das Landgericht (LG) Mönchengladbach in einer Entscheidung aus dem Jahre 1997 einen sehr weitgehenden Hinterbliebenenbegriff vertreten hat.
    Das LG hat eine (bloße) Freundin des Verstorbenen als Hinterbliebene betrachtet. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, „hinterbleiben” bedeute schlichtes Zurückbleiben. Somit könne jede Person Hinterbliebene sein, die nach dem Tod des Verstorbenen zurückbleibe, auch ohne, dass ein besonderes Näheverhältnis erforderlich sei. Wolle man ein solches verlangen, so genüge jedoch bereits eine enge Freundschaft. Es habe der beklagten Versicherung freigestanden, eine andere, engere Definition des Hinterbliebenenbegriffs im Vertrag festzulegen. Bei Lebensversicherungen gelte insoweit ein anderer Hinterbliebenenbegriff als im Sozialversicherungsrecht (LG Mönchengladbach vom 15. 02. 1996 10 O 407/95, Versicherungsrecht VersR 1997, 478).
    f) Aus der Sicht des Erbschaftsteuersenats bleibt für den Hinterbliebenenbegriff die bereits angesprochene Rechtsprechung des BAG zur Gestaltungsfreiheit bei der betrieblichen Altersversorgung maßgeblich (oben c). Danach kann auch ein Lebensgefährte - wie der Kläger - Hinterbliebener sein.
    Das BAG ist davon ausgegangen, dass der Kreis der potentiellen Hinterbliebenen nicht auf den Ehegatten und die Kinder des Arbeitnehmers begrenzt ist. Voraussetzung für die Anerkennung der Hinterbliebeneneigenschaft ist, dass dem Arbeitnehmer bezogen auf die begünstigte Person bei typisierender Betrachtung ein Versorgungsinteresse unterstellt werden kann. Dieses typische Versorgungsinteresse hängt nicht mit der Frage einer etwaigen Erbberechtigung zusammen. Will der Arbeitgeber dagegen den Kreis der möglichen Hinterbliebenen beschränken, so steht ihm dies im Rahmen und in den Grenzen der Vertragsfreiheit zu. Entscheidend ist damit vor allem die privatrechtliche Ausgestaltung der Versorgungszusage (BAG vom 18. November 2008 3 AZR 277/07, DB 2009, 294; vom 28. März 1995 3 AZR 343/94, DB 1995, 1666).
    g) Insoweit hat auch das FG Rheinland-Pfalz in dem bereits erwähnten (aus anderen Gründen aufgehobenen) Urteil nicht nur Ehegatten und Kinder sondern auch die Lebensgefährtin oder den Lebensgefährten als mögliche Hinterbliebene anerkannt. Der Begriff Lebensgefährte ist danach als Oberbegriff zu verstehen, der auch gleichgeschlechtliche Partner umfasst (FG Rheinland-Pfalz vom 01. Oktober 2008 1 K 1454/05, Juris; vgl. ebenso Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck, ErbStG/BewG, 3. A., § 3 ErbStG, Rd. 180).
    h) Im Ergebnis entspricht die Entscheidung des Senats im Übrigen auch der Auffassung der Finanzverwaltung im einkommensteuerlichen BMF-Schreiben vom 31. März 2010 (BStBl I 2010, 270), wonach eine Hinterbliebenenversorgung im steuerlichen Sinne auch Leistungen an die Lebensgefährtin oder den Lebensgefährten vorsehen kann. Umfasst sind vom Oberbegriff des Lebensgefährten dabei auch gleichgeschlechtliche Partner. Dies gilt auch dann, wenn es sich nicht um eine Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) handelt. Ist die Partnerschaft nicht eingetragen, wird gemäß dem BMF-Schreiben vom 25. Juli 2002 (BStBl I 2002, 706) die Hinterbliebenenversorgung anerkannt, wenn die Partner in eheähnlicher Gemeinschaft (vgl. § 1353 Abs. 1 BGB, § 2 LPartG) leben - wie hier (oben A II 1, 2, 3, V 1).
    II.
    1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
    2. Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
    3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

    VorschriftenBetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1, BetrAVG § 1 Abs. 2 Nr. 3, BetrAVG § 1b Abs. 2 S. 1 HS 1, ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4, GG Art. 2, GG Art. 20 Abs. 3