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  • 28.03.2013 · IWW-Abrufnummer 131041

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 28.11.2012 – 3 Wx 144/12

    Das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte dingliche Vorkaufsrecht erlischt mit der Folge, dass das Grundbuch unrichtig wird, wenn das Grundstück auf andere Weise in das Eigentum eines Sonderrechtsnachfolgers des Verpflichteten übergeht (hier: Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge an einen gesetzlichen Erben).


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-3 Wx 144/12

    Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 3 und 4 wird auf ihre Kosten

    zurückgewiesen.

    Wert: 3.000,- Euro

    G r ü n d e :
    I.
    Ursprünglich eingetragene Eigentümerin des im Grundbuch des Amtsgerichts Langenfeld von Hilden verzeichneten Grundbesitzes war M. H.. Sie hatte Teile des Grundbesitzes an die Beteiligten zu 3 und 4 vermietet.
    Mit Vertrag zu Urk.-R.-Nr. 2238/1996 des Notars S. in Hilden bestellte die Eigentümerin den Beteiligten zu 3 und 4 „ein gemeinschaftliches Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall auf die Dauer des Bestehens des Mietverhältnisses“, das im Grundbuch eingetragen wurde. Die Beteiligten zu 3 und 4 verpflichteten sich, unverzüglich nach Beendigung des Mietverhältnisses eine Löschungsbewilligung für dieses Vorkaufsrecht der Vermieterin bzw. ihrem Rechtsnachfolger im Eigentum zu erteilen (Hilden Blatt …Bd. I S. 174 ff. ,181).
    Durch notariellen Vertrag vom 21. August 2000 (Urk.-R-Nr. 1122/2000 Notars Dr. B. in Solingen - Hilden Blatt …Bd. II, 213 ff.) übertrug M H. den Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge – bei vereinbarter Unentgeltlichkeit - auf ihre Tochter, die Beteiligte zu 2.
    Mit notariellem Vertrag vom 30. November 2000 (Urk.-R-Nr. 1621/2000 Notars Dr. B. in Solingen - Hilden Blatt …Bd. II, 204) übertrug die Beteiligte zu 2 einen 1/2 Miteigentumsanteil an diesem Grundbesitz auf ihren Ehemann, den Beteiligten zu 1.
    Im notariellen Vertrag vom 07. Mai 2001 (Urk.-R-Nr. 600/01 Notar Dr. B. in Solingen - Hilden Blatt …Bd. II, 240 ff.) hielten M H. und die Beteiligten zu 1 und 2 fest, dass bei Abschluss der Übertragungsverträge vom 21. August und 30. November 2000 die Vorstellung geherrscht habe, dass der gesamte Grundbesitz der M H. in Hilden, Straße, Gegenstand der Übertragung sei; dabei sei jedoch übersehen worden, das im Grundbuch von Hilden Blatt …eingetragene Grundstück Gemarkung Hilden mit zu übertragen, was sie mit diesem Vertrag nachholten.
    Die Grundstücke wurden am 13. Dezember 2000 bzw. 16. Mai 2001 von Blatt …auf Blatt ….übertragen.
    C. F. und U. B. kauften von den Beteiligten zu 1 und 2 durch Vertrag vom 05. Dezember 2006 (Urk.-R.-Nr. 1581/06 des Notars Dr. B. in Solingen) das Flurstück 315 aus dem laut Veränderungsnachweis vom 20. Oktober 2006 Nr. 86918/06 am 02. April 2007 aufgeteilten, im Grundbuch von Hilden Blatt …unter lfd. Nr. 3 (Flurstück 314), 4 (Flurstück 315) und 5 (Flurstück 316) eingetragenen, ursprünglichen Flurstück 222.
    Das zu lfd. Nr. 4 eingetragene Flurstück 315 wurde am 03. Juni 2008 nach Hilden Blatt … übertragen. Auf dem zu lfd. Nr. 5 eingetragenen Flurstück 316 (Straße 15) befindet sich das Haus, das von der Beteiligten zu 4 und ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 3 bewohnt wird. Dieses Haus hatte die Beteiligte zu 4 renoviert („bewohnbar gemacht“), weshalb für sie und den Beteiligten zu 3 ein Wohnungsrecht sowie ein Vorkaufsrecht auf dem ursprünglichen Flurstück 222 eingeräumt und eingetragen war.
    Am 13. September 2011, eingehend am 19. September 2011, haben die Beteiligten zu 1 und 2 unter Bezug auf die Übertragungsverträge des Notars Dr. B. in Solingen vom 21. August 2000 (Urk.-R-Nr. 1122/2000 - ... Bd. II, 213 ff.) und vom 30. November 2000 (1621/2000 - ... Bd. II, 204) in Verbindung mit der Urkunde vom 07. Mai 2001 (600/2001 – Bd. II, 241ff.) die Löschung des in Abt. II Nr. 1 des Grundbuch von Hilden Blatt … eingetragenen Vorkaufsrechts beantragt.
    Sie haben geltend gemacht, durch die Verträge sei das Vorkaufsrecht erloschen, weil ein Vorkaufsfall nicht eingetreten sei; die Unrichtigkeit des Grundbuchs sei durch die Vorlage der Urkunden nachgewiesen, weshalb eine Löschung ohne Bewilligung des Berechtigten zu erfolgen habe.
    Dieser Grundbucheintragung haben die Beteiligten zu 3 und 4 widersprochen, weil die zu ihren Gunsten eingetragen Rechte, nämlich u.a. das Vorkaufsrecht auf der Teilparzelle Flurstück 316 nicht erloschen sei; der von ihnen erklärte Verzicht habe sich nur auf die Parzelle Nr. 315 bezogen.
    Die Beteiligten zu 1 und 2 sind dem entgegen getreten und haben geltend gemacht, das für den ersten Verkaufsfall bestehende Vorkaufsrecht auf der ursprünglichen Parzelle 222 sei dadurch erloschen, dass die damalige Eigentümerin M H. zu Urk.-R-Nr. 1122/2000 des Notars Dr. B. in Solingen vom 21. August 2000 (... Bd. II, 213 ff.) das Flurstück 222 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ohne Gegenleistung auf ihre Tochter, die Beteiligte zu 2, übertragen habe.
    Die Beteiligten zu 3 und 4 haben hierzu gemeint, die Übertragung vom 21. August 2000 im Wege vorweggenommener Erbfolge habe den Vorkaufsfall nicht ausgelöst.
    Das Grundbuchamt hat am 09. Februar 2012 das im Grundbuch von Hilden Blatt ... in Abt. II Nr. 1 eingetragene Vorkaufsrecht gelöscht.
    Hiergegen haben sich die Beteiligten zu 3 und 4 mit ihrer Beschwerde vom 07. März 2012, mit dem Ziel einer Rückgängigmachung der Löschung und Eintragung eines Widerspruchs, gewandt.
    Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 22. Juni 2012 der Beschwerde gegen die Löschung nicht abgeholfen, die Eintragung eines Amtswiderspruchs abgelehnt, die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und zur Begründung ausgeführt,
    ein Amtswiderspruch sei nur einzutragen, wenn das Grundbuchamt gesetzliche Vorschriften verletzt habe. Dies sei bei der vorliegend erfolgten Löschung des Vorkaufsrechts Abt. II Nr. 1 im Grundbuch von Hilden Blatt ... nicht der Fall. Die Beteiligten zu 1 und 2 als Eigentümer hätten die Löschung des Vorkaufsrechts aufgrund vorliegender Grundbuchunrichtigkeit beantragt, weil das durch Vertrag vom 01. Oktober 1996 (UR-Nr. 2238/96 des Notars S. in Hilden - Hilden Blatt ... Bd. I S. 174 ff. 181) für die Beteiligten zu 3 und 4 bestellte auflösend bedingte Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall mit Durchführung der von Notar Dr. B. beurkundeten Übertragungsverträge vom 21. August und 30. November 2000 in Verbindung mit der Urkunde vom 07. Mai 2001 erloschen sei.
    Ein Vorkaufsrecht für einen Verkaufsfall erlösche durch nicht fristgerechte Ausübung oder Nichtausübung, wenn der Eigentümer, der das Vorkaufsrecht bestellt hat, über das Grundstück einen Kaufvertrag abschließe. Vorliegend sei kein Kaufvertrag abgeschlossen worden; ein Vorkaufsfall sei daher nicht eingetreten. Ein Vorkaufsrecht erlösche aber ebenfalls, wenn es nicht ausgeübt werden dürfe, weil der Eigentümer keinen Kaufvertrag, sondern ein anderes Veräußerungsgeschäft abgeschlossen habe, das keinen Vorkaufsfall auslöse. Denn das Vorkaufsrecht beschränke sich auf den Fall des Verkaufs durch den Eigentümer, dem das Grundstück zur Zeit der Bestellung des Vorkaufsrechts gehöre. Andere Veräußerungsverträge im vorgenannten Sinne seien Schenkungs- und Übergabeverträge. So liege der Fall hier. Die Eigentümerin M H., die das Vorkaufsrecht bestellt hat, habe nämlich die mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücke an ihre Tochter, die Beteiligte zu 2, übertragen, die wiederum einen hälftigen Miteigentumsanteil daran an Ihren Ehemann übertragen habe.
    Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
    II.
    Das gemäß §§ 71 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2; 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO als Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 und 5 vom 07. März 2012, das nach der vom Grundbuchamt erklärten ordnungsgemäßen Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen ist, (§ 75 GBO), bleibt in der Sache ohne Erfolg.
    Zu Recht lehnt das Grundbuchamt es ab, seine unter dem 09. Februar 2012 im Wege der Berichtigung im Grundbuch von Hilden Blatt ... eingetragene Löschung des Vorkaufsrechts in Abt. II Nr. 1 rückgängig zu machen bzw. einen Amtswiderspruch hiergegen einzutragen.
    1.
    Die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung (Löschung) eines Eigentümers darf – abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall des § 14 GBO oder der Zustimmung des Eigentümers – nur erfolgen, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen ist, § 22 Abs. 2 GBO. Da hier bereits am 09. Februar 2012 die Löschung des in Abt. II Nr. 1 des Grundbuchs von Hilden Blatt ... zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 eingetragenen Vorkaufsrechts gebucht worden ist, könnten die Beteiligten zu 3 und 4 mit der Beschwerde allenfalls verlangen, dass das Grundbuchamt zur Buchung eines Widerspruchs gegen die Eintragung vom 09. Februar 2012 angewiesen wird (§ 71 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. GBO). Ergibt sich nämlich, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, so ist von Amtswegen ein Widerspruch einzutragen, § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO. Gegen die Ablehnung der Anregung, einen Amtswiderspruch einzutragen, ist die Beschwerde gegeben (Demharter, GBO 27. Auflage 2010, § 53 Rdz. 32 und § 71 Rdz. 26).
    2.
    a)
    Eine Grundbuchunrichtigkeit liegt immer dann vor, wenn eine Divergenz zwischen Grundbuchinhalt und materieller Rechtslage besteht. Diese Divergenz muss im Hinblick auf die dingliche Rechtslage bestehen (Holzer in Hügel Beck´scher Online Kommentar GBO, Stand 01.09.2012, § 22 Rdz. 25; Demharter, a.a.O., § 22 Rdz. 4). Ohne Bedeutung ist, ob es sich um eine ursprüngliche Unrichtigkeit handelt oder ob aufgrund einer außerhalb des Grundbuchs eingetretenen Änderung der materiell-rechtlichen Lage das Grundbuch nachträglich unrichtig geworden ist (Demharter, a. a. O., Rdz. 6, 14). Geltend gemacht werden kann der Anspruch von dem Inhaber des nicht oder unzutreffend eingetragenen Rechts (Demharter, a. a. O. Rdz. 32).
    b)
    Dies vorausgeschickt, ist vorliegend ein Widerspruch gegen die Eintragung vom 09. Februar 2012 nicht zu buchen. Durch die Eintragung der Löschung ist das Grundbuch nämlich nicht unrichtig geworden.
    aa)
    Das Vorkaufsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn der Eigentümer über das Grundstück einen Kaufvertrag abschließt (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012 Rn. 1411; Staudinger- Schermaier, BGB 2009 § 1097 Rn 4). Der “Fall des Verkaufs“, auf den § 1097 BGB abstellt, entspricht dem Vorkaufsfall im Sinne des § 463 BGB (Staudinger- Schermaier, a.a.O. Rn 4).
    Der Verkauf, der mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an einen gesetzlichen Erben erfolgt (“ Kindskauf“, § 470), stellt auch beim dinglichen Vorkaufsrecht im Zweifel keinen Vorkaufsfall dar (vgl. RG JW 1925, 2128; OLG Stuttgart DNotZ 1998, 305; Staudinger- Schermaier, a.a.O. Rn 6; Schöner/Stöber, a.a.O. Rdz. 1412).
    Das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht erlischt, wenn es nicht fristgemäߠ bei Vorliegen eines Vorkaufsfalles ausgeübt wird (Schöner/Stöber, a.a.O. Rdz. 1432a), ebenso, wenn es nicht ausgeübt werden darf, weil der Eigentümer keinen Kaufvertrag abgeschlossen hat, sondern ein anderes Veräußerungsgeschäft Grundlage für die Übereignung des entsprechenden Grundstücks an den Sonderrechtsnachfolger ist (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2000, 94; Staudinger- Schermaier, a.a.O., Rn 14; Schöner/Stöber, a.a.O.). So erlischt das Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall bei Verkauf mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Zweibrücken, a.a.O.), denn das Vorkaufsrecht beschränkt sich auf den Fall, des Verkaufs durch den Eigentümer, dem das Grundstück zur Zeit der Bestellung des Vorkaufsrechts gehört, oder durch dessen Erben (§ 1097 BGB). Es erlischt, wenn das Grundstück auf andere Weise in das Eigentum eines Sonderrechtsnachfolgers des Verpflichteten übergeht. In diesen Fällen ist das Grundbuch unrichtig geworden (Schöner/Stöber, a.a.O. Rdz. 1432a).
    bb)
    Hiernach hat sich die Rechtspflegerin zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht dadurch, dass die damalige Eigentümerin M H. durch notariellen Vertrag vom 21. August 2000 (Urk.-R-Nr. 1122/2000 Notar Dr. B. in Solingen - Hilden Blatt ... Bd. II, 213 ff.) den Grundbesitz auf ihre Tochter, die Beteiligte zu 2, übertragen hat, erloschen ist. Denn die Übertragung erfolgte nicht durch Kaufvertrag, sondern bei vereinbarter Unentgeltlichkeit im Wege vorweggenommener Erbfolge an einen gesetzlichen Erben. Durch die eingereichten notariellen Übertragungsverträge ist damit in der Form des § 29 Abs. 1 GBO (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2000, 94) nachgewiesen, dass das Grundbuch in Bezug auf die Eintragung des Vorkaufsrechts unrichtig geworden ist. Das Grundbuch konnte daher - wie mit der Eintragung der Löschung vom 09. Februar 2012 im Grundbuch von Hilden Blatt ... geschehen - durch Löschung des Vorkaufsrechts in Abt. II Nr. 1 gemäß § 22 GBO berichtigt werden (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.).
    III.
    Die Kostenentscheidung basiert auf § 84 FamFG (vgl. Demharter, GBO 27. Auflage 2010 § 77 Rdz. 33).
    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 1 KostO.

    RechtsgebieteGBO, BGBVorschriftenGBO §§ 22, 29 Abs. 1, 53 Abs. 1 Satz 1, 71 Abs. 2 Satz 2 1. Alt.; BGB §§ 463, 470, 1097