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  • 26.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133011

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 19.07.2013 – 3 Wx 56/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-3 Wx 56/13

    Tenor:

    Die Beschwerde des Beteiligten zu 6) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

    Wert: bis 16.000 € (= 13/220 des Nachlasswertes)

    G r ü n d e :

    I.

    Der Erblasser verstarb ledig und kinderlos.

    Die Beteiligten zu 1) und 2) sind seine Geschwister. Die Beteiligte zu 3) ist der Sohn des vorverstorbenen Bruders P.. Der Beteiligte zu 4) ist der Sohn der Beteiligten zu 2) und die Beteiligten zu 5) und 6) sind die Kinder des Beteiligten zu 1).

    Unter dem 15.11.1991 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament mit folgendem Inhalt.

    Hiermit setze ich folgende Erben ein:

    Einfamilienhaus, in Grevenbroich,

    (Beteiligte zu 3 und 4)

    je zur Hälfte

    Ackerland, Gemarkung, Elsen, Flur 5, Flurstück 277

    (Beteiligte zu 3 und 4)

    je zur Hälfte

    Ackerland, Gemarkung, Stommeln, Flur 36, Flurstück 26, Blatt 2601

    (Beteiligte zu 5 und 6)

    je zur Hälfte

    Am 04.05.2005 errichtete der Erblasser ein notarielles Testament.

    In Ziffer I. heißt es:

    „In diesem Testament will ich eine Erbeneinsetzung nicht treffen. Der Notar hat mich darauf hingewiesen, daß dann die gesetzliche Erbfolge eintritt.“

    Unter II. 1 setze der Erblasser ein Wohnungsrechtsvermächtnis betreffend seinen Hausgrundbesitz zugunsten seiner Lebensgefährtin aus, das mit deren Tod entfallen sollte.

    Am 16.05.2011 erteilte das Nachlassgericht auf den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 24.02.2011 einen Erbschein, der die Beteiligten zu 1) – 3) als – gesetzliche – Erben zu je 1/3 ausweist.

    Nachdem das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 3) unter dem 07.07.2011 mitgeteilt hatte, dass mit Rücksicht auf das inzwischen abgelieferte Testament Zweifel an der Richtigkeit des erteilten Erbscheins bestünden und um Rückgabe gebeten hatte, gab der Beteiligte zu 3) den Erbschein an das Nachlassgericht zurück.

    Gegen diese Einziehung hat der Beteiligte zu 1) am 14.10.2011 Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 28.11.2011 beantragt, das Nachlassgericht zur Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbschein wie des Erbscheins 6 VI 130/11 anzuweisen.

    Am 30.11.2011 hat das Amtsgericht die Sache dem Oberlandesgericht unter Bezugnahme auf einen Vermerk, wonach eine Erteilung eines Erbscheins mit gleichlautendem Inhalt nicht in Betracht komme, vorgelegt. Der Senat hat die Sache durch Beschluss vom 28.12.2011 dem Amtsgericht zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.

    Am 08.12.2011 haben die Beteiligten zu 3) und 4) gestützt auf das Testament vom 15.11.1991 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 103/220 Anteil und die Beteiligten zu 3) und 4) als Erben zu je 7/220 Anteil ausweist.

    Sie haben geltend gemacht, der Erblasser habe über sein gesamtes im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandenes Vermögen verfügt, so dass von einer Erbeinsetzung – mit Teilungsanordnung - entsprechend der aus der Zuwendung der einzelnen Grundstücke sich ergebenden Quote auszugehen sei. Bei der Ermittlung der Quote hätten sie zugrundegelegt, dass das Einfamilienhaus einen Wert von mindestens 171.000 € habe, das Ackerland Elsen einen Wert von 35.000 € und das Ackerland in Stommeln einen solchen von 14.000 €.

    Sie haben weiter vorgebracht, diese Verfügung sei nicht durch das notarielle Testament aufgehoben worden, das nur die Aussetzung eines Vermächtnisses zu Gunsten der Lebensgefährtin des Erblassers enthalte. Der Beteiligte zu 4) hat geltend gemacht, der Erblasser habe ihm gegenüber mehrfach erklärt, dass er und der Beteiligte zu 3) das Haus erben sollten. Er habe ihn bis zum Tod immer wieder darauf hingewiesen, dass sie alle wichtigen Unterlagen in einem roten Aktenkoffer auffinden würden. Tatsächlich hätten sich nach dem Tod Bankunterlagen, Wertpapiere und das Testament vom 15.11.1991 in dem Aktenkoffer befunden.

    Die Beteiligten zu 1) und 6) sind dem entgegengetreten. Der Beteiligte zu 6) hat ausgeführt, die Lebensgefährtin des Erblassers habe sich anlässlich der Beerdigungsfeier darüber beklagt, dass der Beteiligte zu 4) sich gegenüber dem Erblasser respektlos verhalten und diesen mehrfach als „bekloppt“ bezeichnet habe.

    Durch Beschluss vom 08.11.2012 hat das Amtsgericht – nach Anhörung des beurkundenden Notars - die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3) und 4) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Antrag des Beteiligten zu 1) vom 24.02.2011 (ursprünglicher Erbscheinsantrag) in Verbindung mit dem Antrag vom 28.11.2011 (Antrag auf Erteilung eines neuen gleichlautenden Erbscheins) zurückgewiesen.

    Es hat ausgeführt, maßgeblich für die Erbfolge sei das Testament vom 15.11.2005, in dem die Beteiligten zu 3) – 6) zu Erben bestimmt worden seien.

    Dieses Testament habe seine Gültigkeit nicht durch das spätere notarielle Testament vom 04.04.2005 verloren. Dieses Testament enthalte weder eine ausdrückliche Aufhebung des handschriftlichen Testaments noch eine Anordnung der gesetzlichen Erbfolge. Der Erblasser habe in Ziffer I. des Testaments vielmehr ausdrücklich erklärt, in diesem Testament keine Erbeneinsetzung treffen zu wollen. Soweit es in dem dann folgenden Satz heiße, der Notar habe darauf hingewiesen, dass „dann die gesetzliche Erbfolge eintritt“, sei darin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme weder eine Aufhebung des früheren Testaments noch die Anordnung der gesetzlichen Erbfolge zu sehen. Der beurkundende Notar F. habe bei seiner Anhörung erklärt, dass er dann, wenn er auf etwas hinweise, dies im Rahmen seiner nach dem Beurkundungsgesetz bestehenden Hinweispflicht tue und keine Willensbekundung des Erblassers bezeuge. Soweit es in Ziffer I. heiße, dass dann die gesetzliche Erbfolge „eintritt“, beruhe dass auf entsprechenden Formulierungen in § 2088 BGB und im Palandt, Vorbemerkungen zu § 1922 BGB, Rdnr. 1.

    Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 6) am 03.12.2012 Beschwerde eingelegt und vorgebracht, der Wert des Einfamilienhauses sei zu hoch angesetzt worden, weil das Wohnrecht nicht berücksichtigt worden sei. Zudem seien die Beteiligten zu 3) und 4) bei ihrem Erbantrag offenbar davon ausgegangen, dass das übrige Nachlassvermögen, über das der Erblasser keine ausdrückliche Verfügung getroffen habe, ihnen zustünde, es sei jedoch zu verteilen. Er sei der Ansicht, er sei Erbe zu einem Anteil von 20/220.

    Der Beteiligte zu 1) hat seine gegen den Beschluss vom 08.11.2012 eingelegte Beschwerde mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.01.2013 zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 11.07.2013 klarstellend darauf hingewiesen, dass sich diese Rücknahme auch auf die Beschwerde gegen die Einziehung des Erbscheins bezieht.

    Das Amtsgericht hat der Beschwerde des Beteiligten zu 6) durch Beschluss vom 19.02.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

    II.

    Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde des Beteiligten zu 6) hat in der Sache keinen Erfolg.

    1.

    Das Amtsgericht hat die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 3) und 4) erforderlichen Tatsachen zu Recht für festgestellt erachtet. Das Beschwerdevorbringen des Beteiligten zu 6), das sich nur gegen die Höhe der Erbquote richtet, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

    a)

    Zutreffend ist das Amtsgericht zunächst davon ausgegangen, dass maßgeblich für die Erbfolge das Testament vom 15.11.1991 ist, das eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 3) – 6) enthält und seine Gültigkeit nicht durch das nachfolgende notarielle Testament - mit einer Vermächtnisanordnung zugunsten der Lebensgefährtin des Erblassers - verloren hat. Auf die zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichts, denen sich der Senat anschließt und die mit der Beschwerde nicht angegriffen werden, wird Bezug genommen.

    Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass dann, wenn einer Person Gegenstände zugewiesen werden, die den Hauptbestand des Nachlasses bilden, eine Auslegung auch ergeben kann, dass die Zuwendungen der übrigen Gegenstände lediglich eine Vermächtnisanordnung darstellen. Im vorliegenden Fall hat der Erblasser jedoch alle Bedachten einheitlich als Erben bezeichnet, so dass von einer Erbeinsetzung nach Quote auszugehen ist. Verfügt der Erblasser – wie hier - über das gesamte im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vorhandene Vermögen, richtet sich die Höhe der Erbanteile regelmäßig nach dem Wertverhältnis der zugewiesenen Gegenstände (Schlichting in Münchener Kommentar zum BGB 5. Auflage 2010, § 2087, Rdnr. 11).

    Für die Wertberechnung ist nicht unbedingt der Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich. Stand für den Erblasser im Vordergrund, den Bedachten gerade die ihnen zugewiesenen Gegenstände zukommen zu lassen, ist auf den Wert im Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen (Litzenburger in Beck‘scher Online-Kommentar, Stand 01.05.2013,BGB, § 2087, Rdnr. 19). Davon geht offenbar auch der Beteiligte zu 6) aus, der im Wesentlichen beanstandet, dass der Wert des Einfamilienhauses mit Rücksicht auf das Vermächtnis zugunsten der Lebensgefährtin zu hoch angesetzt worden sei.

    Aus der ergänzenden Stellungnahme der Beteiligten zu 3) und 4) im Schriftsatz vom 14.01.2013, die vom Beteiligten zu 6) nicht substantiiert in Frage gestellt werden, ergibt sich, dass das Wohnrecht – entgegen der Vermutung des Beteiligten zu 6) – Berücksichtigung gefunden hat. Der insoweit angesetzte Wert von 53.020 € ist mit Rücksicht auf das Alter der 1926 geborenen Lebensgefährtin des Erblassers nach Ansicht des Senats nicht zu niedrig angesetzt.

    Das ebenfalls zum Nachlass gehörende Geldvermögen von 50.000 € ist nicht in die Quotenberechnung einzubeziehen. Damit ergibt sich ein Bezugswert von „220“ (Summe der Grundstückswerte 171.000 €, 35.000 € und 14.000 €).

    Auf Grund des erheblichen Wertunterschiedes der den Beteiligten zu 3) und 4) einerseits und den Beteiligten zu 5) und 6) andererseits zugewiesenen Grundstücke erstreckt sich die daraus sich ergebende Quote nach dem mutmaßlichen Erblasserwillen auch auf das sonstige – bei Errichtung des Testaments noch nicht vorhandene – Nachlassvermögen.

    2.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

    3.

    Bei der Festsetzung des Beschwerdewerts war einsprechend dem wirtschaftlichen Interesse des Beteiligten zu 6) darauf abzustellen, dass er für sich eine Erbquote von 20/220 beansprucht. Der Nachlasswert setzt sich – nach den nicht angegriffenen Angaben der Beteiligten zu 3) und 4) - zusammen aus den Werten der Grundstücke sowie einem Geldvermögen in Höhe von 50.000 € und beläuft sich mithin auf 270.000 €.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 2087

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