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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer


    Zahlungen aufgrund eines Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrags sind nicht einkommensteuerbar


    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin


    • 1.Der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ist ein erbrechtlicher - bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher - Vertrag, welcher der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und nicht der ESt unterliegt.

    • 2.Wird die Höhe der aus einem derartigen Vertrag zu zahlenden monatlichen Rente so ermittelt, dass die Beteiligten einen vom Erblasser vorgegebenen Basisbetrag zugrunde legen, der zunächst durch die statistische Lebenserwartung des Rentenberechtigten zum Zeitpunkt des Zahlungsbeginns und anschließend nochmals durch zwölf dividiert wird, so enthält die monatliche Zahlung keinen Zinsanteil.


    Sachverhalt


    Die Klägerin K bezog monatliche Rentenzahlungen von ihrem Bruder B. Die Zahlungen beruhten auf einer Vermögensübergabe vom Vater V, wonach V dem B Vermögen übertrug und beide Kinder auf ihr Pflichtteilsrecht am Nachlass des V verzichteten. Es wurde vereinbart, dass B an K nach dem Tod des V eine lebenslängliche Rente zu leisten hat, die auf der Grundlage eines am Wert des auf K entfallenden Erbteils ausgerichteten Basisbetrags von 800.000 DM und der statistischen Lebenserwartung (Sterbetafel) ermittelt wurde. Es wurde weder eine Wertsicherung vereinbart noch auf § 323 ZPO Bezug genommen.


    K war der Ansicht, die Rentenzahlungen seien nicht steuerbare Unterhaltsleistungen in Form von Gleichstellungsgeldern. Das FA taxierte die Zahlungen als Versorgungsleistungen (dauernde Last) und besteuerte sie in vollem Umfang. Nach Auffassung des FG München (15.7.10, 15 K 1825/07, EFG 10, 1787) stand nicht die Versorgung, sondern die Gleichstellung der K im Vordergrund. Wegen der zeitlich gestreckten Zahlungen sei in denselben ein steuerbarer Zinsanteil enthalten (Ertragsanteil, Leibrente i.S. des § 22 Nr. 1 S. 3 EStG).


    Entscheidungsgründe


    Die erhaltenen Rentenzahlungen sind keine wiederkehrenden Leistungen aus einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen und damit nicht nach § 22 Nr. 1 S. 1 EStG steuerbar. Sind Empfänger der wiederkehrenden Leistungen die Geschwister des Übernehmers, besteht die widerlegbare Vermutung, dass diese nicht versorgt, sondern gleichgestellt werden sollen (BFH 20.10.99, X R 86/96, BStBl II 00, 602). Wiederkehrende Zahlungen sind als Gegenleistung für den Verzicht auf einen künftigen Erb- und/oder Pflichtteil beim Empfänger grundsätzlich nicht als wiederkehrende Bezüge i.S. von § 22 Nr. 1 EStG bzw. § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. Allein der Umstand, dass eine Leistung nicht in einem Betrag, sondern in wiederkehrenden Zahlungen zu erbringen ist, kann deren Steuerbarkeit nicht begründen.


    Die Zahlungen enthalten keinen Zinsanteil. Dies würde entweder originäre Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder ein Entgelt i.S. des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG bedingen, d.h. eine Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung ist (z.B. BFH 14.12.04, VIII R 5/02, BStBl II 05, 739; BFH 14.12.04, VIII R 81/03, BStBl II 05, 746). Hätte K den Basisbetrag nach dem Tode des V sofort als Einmalbetrag erhalten und diesen verzinslich angelegt, hätte sich die Summe unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung der K erheblich erhöht. Monatliche Zahlungen, die dem Rechnung tragen, hätten daher höher ausfallen müssen als die von K vereinnahmten Beträge. Ebenso hätte sich bei der Verzinsung eines Basiswerts als Ausgangswert für die an K zu entrichtende Rente ein geringerer Rentenbarwert als der Basiswert von 800.000 DM ergeben. Verglichen mit der sofortigen Auszahlung des Basisbetrags erleidet K sogar einen Zinsnachteil.


    Praxishinweis


    Anders wäre die Rechtslage, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und K als Pflichtteilsberechtigte von ihrem Bruder unter Anrechnung auf ihren Pflichtteil wiederkehrende Leistungen erhielte. In einem solchen Fall wäre das Merkmal der Überlassung von Kapital zur Nutzung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG jedenfalls dann erfüllt, wenn K rechtlich befugt gewesen wäre, den niedrigeren Barwert im Rahmen ihres Pflichtteilsanspruchs geltend zu machen (BFH 9.2.10, VIII R 43/06, ErbBstg 10, 229; BFH 26.11.92, X R 187/87, BStBl II 93, 298).

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 93 | ID 38347620