· Fachbeitrag · Erbvertrag
Scheidungsverfahren: Erbvertrag war unwirksam, da Voraussetzungen einer Scheidung erfüllt waren
von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn
Im Streitfall waren die Voraussetzungen der Unwirksamkeit der erbvertraglichen Alleinerbeneinsetzung eines Ehegatten gemäß § 2279 Abs. 2 BGB, § 2070 Abs. 1 S. 2 BGB erfüllt, weil zurzeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser zugestimmt hatte (OLG Stuttgart 4.10.11, 8 W 321/11, Abruf-Nr. 114105). |
Sachverhalt
Die Ehegatten errichteten Ende 1987 einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Vollerben einsetzten. Die Ehefrau reichte Anfang September 2008 Scheidungsklage ein. In der darauf folgenden mündlichen Verhandlung Ende Oktober 2008 stimmte der Erblasser dem Scheidungsbegehren ausdrücklich zu. In der Folgezeit kam es bis zum Ableben des Ehemanns nicht zu einer Einigung über die Nebenfolgen der Scheidung. Nach dem Tod des Ehemanns beantragte die Ehefrau einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein aufgrund des Erbvertrags von Ende 1987.
Entscheidungsgründe
Im Streitfall war davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Ehescheidung vorliegen. Die erbvertragliche Alleinerbeneinsetzung der Ehefrau war damit unwirksam (§ 2277 Abs. 1 S. 2 BGB, § 2279 Abs. 2 BGB). Angesichts der langen Trennungszeit von über 2½ Jahren im Zeitpunkt des Todes des Erblassers (§ 2277 Abs. 1 S. 2 BGB, § 1933 S. 1 BGB), war vorliegend das Scheitern der Ehe i.S. des § 1565 Abs. 1 BGB nicht zu überprüfen, weil die Vermutung des § 1566 Abs. 1 BGB eingreift. Selbst ein Zusammenleben über kürzere Zeit, das der Versöhnung der Ehegatten dienen sollte, unterbricht oder hemmt die in § 1566 BGB bestimmte Frist nicht (§ 1567 Abs. 2 BGB). Die Vermutung des Scheiterns der Ehe gemäß § 1566 Abs. 1 BGB greift nicht nur bei einem beiderseitigen Scheidungsantrag ein, sondern auch, wenn nur ein Ehegatte die Scheidung beantragt und der andere zustimmt.
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