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  • · Fachbeitrag · Familienheim

    Die Steuerbefreiung gilt nicht auch für das ans Familienheim angrenzende Grundstück

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    | Die für das mit einem Familienheim bebaute Grundstück gewährte Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG scheidet für das angrenzende Grundstück aus, sofern jenes Grundstück im Grundbuch mit eigener Nummer eingetragen ist ‒ so das FG Düsseldorf mit Urteil vom 16.5.18. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin K erbte von ihrem Mann, Erblasser B, das selbst genutzte und mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück 1, das im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen war. B war ferner Eigentümer des unbebauten Grundstücks 2, das an das Grundstück 1 grenzt und im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen war. Die Stadt Z erteilte dem B im Jahre 1969 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer einheitlichen Grundstückseinfriedung auf beiden Grundstücken. K nutzt beide Grundstücke zu eigenen Wohnzwecken.

     

    Das FA gewährte die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG (Streitjahr 2014) nur für Grundstück 1. Grundstück 2 sei nicht begünstigt, da es sich dabei um eine selbstständige wirtschaftliche Einheit handele, die zudem nicht bebaut sei. Nach Ansicht von K handele es sich um eine wirtschaftliche Einheit. Beide Grundstücke trügen dieselbe Adresse, obwohl Grundstück 2 keinen Zugang zur Straße habe. Die Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden. Auf die Eintragung der Grundstücke in unterschiedlichen Grundbüchern käme es nicht an.

     

    Entscheidungsgründe

    Für Grundstück 2 ist die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG nicht zu gewähren (FG Düsseldorf 16.5.18, 4 K 1063/17 Erb, Abruf-Nr. 201709 Revision zugelassen). Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG bleibt der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück i. S. des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG durch den überlebenden Ehegatten steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).

     

    Für die Beantwortung der Frage, wie der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks in § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG auszulegen ist, kann nicht die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 1 und 3 BewG (wirtschaftliche Einheit) herangezogen werden. Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG knüpft an den Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks und nicht an denjenigen der wirtschaftlichen Einheit an. Es geht zudem nicht um die Bewertung eines Grundstücks (§ 12 Abs. 3 ErbStG). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Grundstücke 1 und 2 nach den Anschauungen des Verkehrs als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, was als zutreffend unterstellt werden kann.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks richtet sich ‒ wie auch die Begriffe des Eigentums und des Miteigentums in § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG ‒ nach dem Zivilrecht (BFH 29.11.17, II R 14/16, ErbBstg 18, 105 f.). Demgemäß bezieht sich die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil das Gebäude gemäß § 94 Abs. 1 S. 1 BGB ist (BFH 26.2.09, II R 69/06, BFHE 224, 151). Ein Grundstück im zivilrechtlichen Sinn ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragen ist. Daher ist ein Flurstück (hier Grundstück 2), das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück (hier Grundstück 1) angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG begünstigt (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13 Rn. 59).

     

    • Rechtsprechung Familienheim

    Die zivilrechtliche Betrachtung ist beispielsweise auch Grundlage der Ablehnung der Steuerbefreiung in folgenden Fällen:

     

    • Der Erblasser war noch nicht Eigentümer, es war nur eine Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragen (BFH 29.11.17, II R 14/16, ErbBstg 18, 105 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG).

     

     

    • Zuwendung eines dinglichen Wohnungsrechts am Familienheim: Beide Kinder erbten das Eigentum am Nachlassgrundstück und räumten der überlebenden Mutter, die die Steuerbefreiung begehrte, unentgeltlich ein lebenslanges, dinglich gesichertes Wohnrecht an der Wohnung ein (BFH 3.6.14, II R 45/12, ErbBstg 14, 221 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG).

     

    • Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG fällt rückwirkend weg, wenn der Erwerber das Familienheim auf seine Tochter überträgt und dasselbe sodann nur noch aufgrund eines vorbehaltenen Nießbrauchsrechts zu eigenen Wohnzwecken nutzt (FG Münster 28.9.16, 3 K 3757/15 Erb, ErbBstg 17, 4, Revision eingelegt, BFH II R 38/16 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG).

     

    • Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim auf seine Kinder überträgt und sich ein Dauerwohnrecht vorbehält (Hessisches FG 15.2.16, 1 K 2275/15, ErbBstg 16, 196 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG).

     

    • Nur die Absicht des Erblassers zur Selbstnutzung reicht für die Steuerbefreiung nicht, selbst wenn vor dem Einzug in das als Familienheim vorgesehene Objekt zwingende Hinderungsgründe der Selbstnutzung entgegengetreten sind (FG München 24.2.16, 4 K 2885/14, ErbBstg 16, 229 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG).

     

    • Der Erwerb von Todes wegen eines Familienheims ist nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG steuerbefreit, wenn der Erwerber aus beruflichen Gründen an der Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist (BFH 23.6.15, II R 13/13, ErbBstg 15, 245 ‒ zu § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG).
     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 154 | ID 45344202