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  • · Fachbeitrag · Vorweggenommene Erbfolge

    Versorgungsleistungen an die Stiefmutter nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigt

    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin

    Begnügt sich ein Ehegatte mit der Zuwendung von laufenden Zahlungen unter Verzicht auf Pflichtteils- oder ähnliche Ansprüche (Zugewinnausgleich), ist von einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auszugehen, sofern das den Erben überlassene Vermögen ausreichend ertragfähig ist und die Parteien ihren Verpflichtungen wie vereinbart oder durch Vermächtnis bestimmt nachkommen (BFH 25.2.14, X R 34/11, Abruf-Nr. 141923).

     

    Sachverhalt

    Nach dem Tod der Mutter des Klägers K heiratete dessen Vater V im Februar 1991 erneut. V vereinbarte bereits am 18.1.91 mit seiner künftigen Ehefrau M Gütertrennung und einen wechselseitigen Pflichtteilsverzicht. Ferner sollte M im Falle seines Todes ein lebenslanges Nießbrauchsrecht am Grundstück A und ein unentgeltliches Wohnungsrecht im Haus B zustehen. 1999 wurde der Erbvertrag dahin geändert, dass K das Eigentum am Grundstück A erhielt und der M eine monatliche Rente zu zahlen hat. V ist 2002 verstorben.

     

    K leistete in den Streitjahren 2003 bis 2005 wiederkehrende Zahlungen an M und machte diese als Sonderausgaben (SA) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geltend. Das FA lehnte dies ab. M habe zum Zeitpunkt des Erbfalls kein Pflichtteilsanspruch mehr zugestanden, da sie auf diesen bereits früher verzichtet habe, ohne dass ihr hierfür Versorgungsleistungen eingeräumt worden seien. Das FG gab der Klage statt. Es sei unschädlich, dass M bereits vor der Eheschließung auf ihren Pflichtteil verzichtet habe.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Zahlungen des K an M können Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sein. Im zweiten Rechtsgang hat das FG jedoch zu prüfen, ob K das Vermächtnis wie vereinbart erfüllt hat und ob K von V Vermögen geerbt hat, dessen Erträge die Versorgungsleistungen abdecken. Zur Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen als SA nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG hat der BFH folgende Grundsätze entwickelt:

     

    • Neben Leistungen, die anlässlich einer Betriebs- oder Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorbehalten worden sind, sind auch Versorgungsleistungen als SA abziehbar, die ihren Entstehungsgrund in einer letztwilligen Verfügung (z.B. Vermächtnis) haben, sofern „z.B. der überlebende Ehegatte oder ein erbberechtigter Abkömmling“ des Testators statt seines gesetzlichen Erbteils lediglich Versorgungsleistungen aus dem Vermögen erhält und es sich bei den Zahlungen nicht um eine Verrentung des Erbteils handelt (BFH 17.12.03, X R 2/01, BFH/NV 04, 1086).

     

     

     

     

    M gehört als Stiefmutter des K zum Generationennachfolgeverbund und kann Empfängerin von Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sein. Dem steht nicht entgegen, dass M den Pflichtteilsverzicht bereits vor der Eheschließung mit V erklärt hat. Pflichtteilsansprüche, auf die sowohl M als auch V verzichtet haben, entstanden erst mit der Eheschließung. Dass V die M nach seinem Tod trotz ihres Erbverzichts versorgt wissen wollte, ergibt sich daraus, dass er die Vermächtnisse bereits im Januar 1991 ausgesetzt hat. Er wollte ihre Versorgung sicherstellen und sie nicht - wie unter Geschwistern üblich - gleichstellen oder ihren gesetzlichen Erbanspruch verrenten. Entscheidend ist nicht, ob der Begünstigte, zu welchem Zeitpunkt auch immer, auf seine Pflichtteils- und/oder Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet. Von Bedeutung ist nur, dass er weder Pflichtteils- noch Zugewinnausgleichsansprüche geltend macht, sondern sich mit der vermächtnisweisen Zuwendung von Versorgungsleistungen begnügt (BFH 11.10.07, X R 14/06, ErbBstg 08, 80).

     

    Unschädlich ist auch, dass M zunächst nur den Nießbrauch am Grundstück A und ein Wohnungsrecht an Haus B erhalten sollte und erst 1999 eine monatliche Rente vereinbart wurde. Es ist anerkannt, dass ein Nießbrauch, den sich der Übergeber eines Vermögens vorbehalten hatte, durch eine private Versorgungsrente abgelöst werden kann, sofern die Versorgungsleistungen aus den Nettoerträgen des überlassenen Grundstücks bestritten werden können bzw. die erzielbaren Nettoerträge nur geringfügig überschreiten (BFH 16.6.04, X R 50/01, BStBl II 05, 130). Erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung die Ablösung eines begründeten Nießbrauchs gegen Versorgungsleistungen steuerlich an, muss sie auch Änderungen des ausgesetzten Vermächtnisses durch den Erblasser (z.B. Versorgungsleistungen anstelle eines Nießbrauchsrechts; zusätzliche Rente neben einem Nießbrauch) im Rahmen der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen steuerlich anerkennen.

     

    Praxishinweis

    Im Streitfall beantragte das FA die Beiladung der M. Nach § 123 Abs. 1 S. 1 FGO sind Beiladungen im Revisionsverfahren unzulässig. Das gilt nicht für Beiladungen nach § 60 Abs. 3 S. 1 FGO (BFH 14.11.07, XI R 32/06, BFH/NV 08, 359). Ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 123 Abs. 1 S. 2 FGO i.V. mit § 60 Abs. 3 S. 1 FGO liegt hier aber nicht vor. Zwar korrespondiert die Abziehbarkeit der Versorgungsleistungen materiell-rechtlich mit der Steuerbarkeit der privaten Versorgungsrente (BFH 5.7.90, GrS 4-6/89, BStBl II 90, 847). Eine Entscheidung im Streitfall verändert jedoch nicht notwendigerweise und unmittelbar Rechte der M oder bringt solche zum Erlöschen.

     

    Für Vermögensübertragungen ab dem 1.1.08 sind gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG Versorgungsleistungen nur noch dann als SA berücksichtigungsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, eines (Teil-)Betriebs oder eines mindestens 50 %-Anteils an einer GmbH stehen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 190 | ID 42819231