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  • · Fachbeitrag · Abschmelzungsfrist

    Beginn der 10-Jahresfrist bei Vorbehalt eines Wohnungsrechts

    von RA und Notar, StB, FA ErbR Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn

    | Das dem Erblasser eingeräumte Wohnungsrecht hemmt im vorliegenden Einzelfall den Beginn der Abschmelzungsfrist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB, weil es an allen relevanten Räumen des verschenkten Hauses besteht, sodass der Erwerber insoweit keine eigene Nutzungsmöglichkeit hatte. In einem solchen Fall sind die Unterschiede zwischen einem vorbehaltenen Nießbrauch und dem tatsächlich vereinbarten Wohnungsrecht so gering, dass die Interessen des Pflichtteilsberechtigten, denen bei der Beurteilung der Frage der Hemmung des Fristenlaufs besonderes Gewicht zukommt, es rechtfertigen, den Lauf der Frist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB als gehemmt anzusehen ‒ so das OLG München in seinem Urteil vom 8.7.22. |

     

    Sachverhalt

    Der spätere Erblasser (E) übertrug einem seiner Söhne neben landwirtschaftlich genutzten Grundstücken ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Nach dem Übertragungsvertrag war geregelt, dass der E berechtigt sein soll, „die Räume des bestehenden Bauernhauses alleine zu benützen“. Nach dem Tod des E machten die Geschwister des beschenkten Sohnes Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Einzige Frage war noch, ob die 10-Jahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB mit der Ausführung der Schenkung zu laufen begonnen hat, was für die Höhe der Ansprüche der Geschwister nachteilig gewesen wäre.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG München hat diese Frage mit Endurteil vom 8.7.22 (33 U 5525/21, Abruf-Nr. 231431) verneint. Die Frage, inwieweit der Beginn der 10-Jahresfrist bei einer Grundstücksschenkung bei vorbehaltenen Nutzungsrechten gehemmt ist, sei umstritten. Jedenfalls gehe die herrschende Meinung bei einem vorbehaltenen Nießbrauch davon aus, dass der Fristenlauf des § 2325 Abs. 3 BGB grundsätzlich gehemmt ist. Begründet wird dies damit, dass der Schenker den Genuss des verschenkten Gegenstandes nicht entbehren muss (vgl. BGH 27.4.94, IV ZR 132/93, NJW 94, 1791).