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  • · Fachbeitrag · Erbengemeinschaft

    Kontovollmacht: Auskunftspflicht über Kontenbewegungen gegenüber Miterben

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    | Das Brandenburgische OLG hatte in seinem Urteil vom 2.4.19 zu der Frage Stellung genommen, inwieweit ein Konto- und Vorsorgebevollmächtigter einem anderen Miterben nach dem Tod des Vollmachtgebers zur Auskunft und Rechenschaft über die Verwaltung des Vermögens des Verstorbenen verpflichtet ist. |

     

    Sachverhalt

    Die spätere Erblasserin E, die keine Kinder hatte, setzte ihre beiden Neffen B und K zu ihren Erben ein. Mitte 2006 erteilte sie ihren beiden Neffen jeweils eine General- und Vorsorgevollmacht. Dem K wurde eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde erteilt. Streitig ist, ob auch dem B eine Ausfertigung übersandt wurde, allerdings wusste er von der Erteilung der entsprechenden Generalvollmacht zu seinen Gunsten. Anfang 2009 erteilte die E dem B zudem hinaus Kontovollmachten über ihre sämtlichen Konten.

     

    Im März 2014 befand sich E zunächst in einer Klinik, im Anschluss daran wurde sie in ein Pflegeheim G verlegt. Einer Mitarbeiterin des Landkreises erzählte die E im September 2014, dass sich der B weiterhin um sie kümmere, und brachte ihr bestehendes Vertrauen zum Ausdruck.

     

    Der B machte im Zeitraum zwischen dem 3.4.14 bis zum 21.8.14 von der Kontovollmacht rege Gebrauch, offenbar zu seinen Gunsten. In diesem Zusammenhang wurde er mit Urteil von Anfang 2017 rechtskräftig wegen Betrugs in 11 Fällen zu 50 Tagessätzen verurteilt. Nach dem Tod der E verlangt K von B umfassend Auskunft und Rechenschaft über die Verwaltung des Vermögens und der Einkünfte der E sowie der für E getätigten Vollmachtsgeschäfte. Der B ist der Auffassung, dass er nicht zur Auskunft verpflichtet sei, da zwischen ihm und der E kein Auftragsverhältnis bestanden habe. Im Übrigen habe die E auf Rechenschaftslegung verzichtet.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht gab dem K recht und verurteilte den B zur umfassenden Auskunftserteilung und Rechnungslegung (Brandenburgisches OLG 2.4.19, 3 U 39/18, Abruf-Nr. 209538).

     

    Einen Anspruch auf Auskunft und Rechenschaft über die Verwendung einer (Konto-)Vollmacht kann ein Miterbe nach § 666 BGB gegen einen anderen Miterben dann geltend machen, wenn zwischen dem Erblasser und dem bevollmächtigten Miterben im Innenverhältnis ein Auftragsverhältnis i.S. von § 662 BGB bestand. Diese Ansprüche (des Erblassers) gehen nach § 1922 BGB nach dem Ableben des Bevollmächtigenden auf die Erbengemeinschaft über und können nach § 2039 BGB von jedem Miterben auch gegen einen anderen Miterben geltend gemacht werden.

     

    Das Gericht geht hier von einem Auftragsverhältnis aus. Die Abgrenzung von einem Auftrag zu einem bloßen Gefälligkeitsverhältnis, welches keine rechtlichen Pflichten auslöst, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn für den Auftragnehmer erkennbar ist, dass der Auftraggeber ein wesentliches Interesse an der Durchführung des Auftrags hat, ist von einem Rechtsbindungswillen auszugehen. Eine vertragliche Bindung wird insbesondere dann zu bejahen sein, wenn erkennbar ist, dass für den Auftraggeber, wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel stehen.

     

    Ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer spricht dabei nicht gegen einen Auftrag i.S. von § 662 BGB. Wenn ein Familienangehöriger Geldgeschäfte für einen anderen Angehörigen erledigt, wird man im Regelfall von einem Auftrag mit rechtlichen Verpflichtungen ausgehen müssen.

     

    Da die E hier sowohl eine umfassende notarielle General-, als auch eine umfassende Bankvollmacht erteilt hatte, war für den B erkennbar, dass für die Bevollmächtigende wesentliche Interessen wirtschaftlicher Art auf dem Spiel standen. Es lag somit ein Auftragsverhältnis vor, und der B war zur Rechnungslegung verpflichtet.

     

    Die E hatte hier auf die Rechnungslegung verzichtet. Ein stillschweigender Verzicht auf Rechnungslegung kann zwar unter Umständen angenommen werden, wenn der Auftraggeber während langjähriger Verwaltung niemals Rechnungslegung verlangt hat. Allerdings hat der BGH ausdrücklich betont, dass die Nachholung der Rechnungslegung dann verlangt werden kann, wenn sich im Nachhinein Zweifel an der Zuverlässigkeit des Beauftragten aufdrängen (BGH 18.11.86, IVa ZR 79/85, NJW-RR 87, 963). Dies ist hier gegeben, da B wegen Betrugs zum Nachteil der E verurteilt worden ist.

     

    Relevanz für die Praxis

    Nach Auffassung des Gerichts kann der Auskunftsanspruch für den gesamten Zeitraum, in dem die Vollmacht Bestand hatte, geltend gemacht werden. Auf die Frage, ob und wie lange der Vollmachtgeber seine Geschäfte noch ganz oder teilweise selbst getätigt hat, komme es nicht an. Die Vorsorgevollmacht wird in der Regel oft schon weit im Voraus für den Fall erteilt, dass in der Zukunft der Einsatz der Vollmacht erforderlich wird. Die Möglichkeit, aufgrund der Vollmacht zu handeln, besteht indes im Regelfall bereits mit dem Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht.

     

    PRAXISTIPP | Die Rechnungslegungspflicht sollte in der Vorsorgevollmacht explizit geregelt werden. Dann kommt es auf die Unterscheidung, ob der Vollmacht ein Auftrags- oder Gefälligkeitsverhältnis zugrunde liegt, nicht an. Wird die Rechnungslegungspflicht angeordnet, so weiß der Bevollmächtigte zumindest, worauf er sich einlässt: Er muss jede Verfügung belegen und als Bevollmächtigter nachweisen, dass er die Verfügungen zweckentsprechend im Interesse des Vollmachtgebers getätigt hat. Daher ist einem Bevollmächtigten, der zur Rechnungslegung verpflichtet ist, dringend anzuraten, auf Bargeschäfte zu verzichten. Besteht ein hohes Maß an Vertrauen zu dem Bevollmächtigten, kann es sich empfehlen, insgesamt auf die Rechnungslegungspflicht zu verzichten, um dem Bevollmächtigten den bürokratischen Aufwand zu ersparen.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 167 | ID 45977996