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  • · Fachbeitrag · Nachlassbestand

    Auskunftsanspruch, ergänzende Auskunft und Vollstreckungsverfahren

    von RA StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Die Frage, ob ein Pflichtteilsberechtigter einen Anspruch auf ergänzende Auskunft über den Nachlassbestand hat, ist von der weiteren Frage zu unterscheiden, ob er bei einem schon vorliegenden Titel auf umfassende Auskunftserteilung noch einmal auf ergänzende Auskunftserteilung über konkret benannte Nachlassbestandteile klagen kann. Eine solche Klage wäre vielmehr unzulässig. Der Auskunftspflichtige ist auf den Vollstreckungsweg zu verweisen (OLG Schleswig 7.4.11, 3 W 81/10, Abruf-Nr. 112873).

    Sachverhalt

    Der Kläger K forderte die Beklagte B zur umfassenden Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses auf. B erteilte 2002 Auskunft und versicherte auf Verlangen deren Vollständigkeit durch eidesstattliche Versicherung vor dem Nachlassgericht. K hält die Auskunft für unrichtig und unvollständig. Er hat 2004 den Auskunftsanspruch im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht. B hat den Antrag auf Verurteilung zur umfassenden Auskunftserteilung anerkannt, worauf Anerkenntnisurteil ergangen ist. Später dann hat K erneut Klage erhoben und eine ergänzende Auskunft beantragt. Die ergänzende Auskunft sollte sich auf eine Reihe im Einzelnen aufgelisteter Vermögensbestandteile des Nachlasses und auf noch nicht offenbarte Aktiva, Schenkungen und sonstige vermögenswerte Zuwendungen beziehen. Das LG hat K Prozesskostenhilfe für diesen Antrag versagt.

     

    Entscheidungsgründe

    Zu klären ist hier, ob prozessrechtlich eine ergänzende Auskunftsklage zulässig ist, wenn schon ein Titel auf umfassende Auskunftserteilung vorliegt. Die Frage kann nur nach allgemeinen Grundsätzen beurteilt werden. Danach gilt, dass kein Rechtsschutzbedürfnis für die zusätzliche Titulierung einer bereits ausgeurteilten Verpflichtung bestehen kann. Es gibt keinen Anlass, vorliegend davon abzuweichen. Eine zusätzliche Titulierung der Auskunft ist weder notwendig noch sinnvoll. Gerade bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung ist eine genaue Bestimmung der Auskunftspflicht im Erkenntnisverfahren vielfach nicht möglich. Das ist unschädlich, weil Inhalt und Umfang des Urteilsausspruchs im Wege der Auslegung im Verfahren nach § 888 ZPO verdeutlicht werden können (BGH 2.6.93, IV ZR 211/92, NJW-RR 93, 1154). Es muss also der Auslegung im Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben, zu bestimmen, welche Einzeldarlegungen noch der ausgeurteilten Auskunftspflicht zuzuordnen sind (Bittner, FamRZ 92, 629, 630). Enthält ein Titel auf Auskunftserteilung nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB keine näheren Angaben über die Art und Weise der Auskunftserteilung, muss der Pflichtteilsberechtigte die entsprechenden Angaben im Vollstreckungsantrag nachholen.

     

    Für den Umfang der Auskunftserteilung ist maßgeblich, dass der Pflichtteilsberechtigte auf ihrer Grundlage zur Berechnung seines Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs in der Lage sein muss. Bei einer Auslegung der titulierten Auskunftsverpflichtung kann die Titulierung nur als Verpflichtung zur umfassenden Auskunftserteilung verstanden werden, aber eben auch nur in allgemeiner Form formuliert sein. Gerade dies dient dem Interesse des K: Nur durch die allgemeine Formulierung kommt zum Ausdruck, dass B den tatsächlichen und fiktiven Nachlassbestand in seinem vollständigen Bestand zu offenbaren hat, ohne dass K im Einzelnen vorgeben müsste, worüber er Auskunft begehrt. Welche Auskünfte der titulierte Anspruch letztlich im Einzelnen erfasst, kann und muss im Vollstreckungsverfahren geklärt werden.

     

    Praxishinweis

    Legt der Auskunftsverpflichtete ein Nachlassverzeichnis vor, kann der Auskunftsberechtigte grundsätzlich nicht die Vervollständigung des Nachlassverzeichnisses verlangen. Er ist auf das Verlangen nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung angewiesen. Eine Ausnahme wird nach einhelliger Auffassung aber dann zugelassen, wenn der Erbe aufgrund irriger Rechtsansicht einen bestimmten Vermögensteil - häufig den fiktiven Nachlass - oder eine unbestimmte Anzahl von Gegenständen nicht in das Verzeichnis aufgenommen hat. Bei einer solcherart erkennbar unvollständigen Auskunft steht dem Pflichtteilsberechtigten ein ergänzender Auskunftsanspruch zu.

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2011 | Seite 215 | ID 28654890