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  • · Fachbeitrag · Oberlandesgericht München

    Erbin darf zur Feststellung möglicher Pflichtteilsergänzungsansprüche das Grundbuch einsehen

    |Die gesetzliche Erbin beantragte die Erteilung von unbeglaubigten Grundbuchauszügen „über eventuelle Grundbesitze“ des verstorbenen Vaters. Diese benötige sie zur Klärung von möglichen Erbergänzungsansprüchen gegen Personen, an die Grundstücke möglicherweise vor dem Erbfall übertragen wurden. Das Grundbuchamt lehnte die Grundbucheinsicht ab. |

     

    Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist die Einsicht des Grundbuchs jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Allgemein anerkannt ist, dass nach Eintritt des Erbfalls ein Pflichtteilsberechtigter ein berechtigtes Interesse hat - insbesondere auch zur Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Mit Vorlage des Erbscheins hatte die Antragstellerin ihr berechtigtes Interesse hinreichend dargelegt, denn damit steht fest, dass sie Miterbin ist und ihr deshalb mögliche Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche nach § 2325 BGB zustehen. Nicht verlangt werden kann dagegen die Darlegung, dass der Wert der Hinterlassenschaft tatsächlich hinter dem Pflichtteilswert zurückbleibt - diese Frage kann erst aufgrund von Erkenntnissen aus der Grundbucheinsicht beantwortet werden. Da der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB ohne zeitliche Schranke alle Schenkungen an Ehegatten betrifft, kann die Einsicht zeitlich ohne Einschränkung vorgenommen werden. (OLG München 7.11.12, 34 Wx 360/12, Abruf-Nr. 130270)

     

    PRAXISHINWEIS | Der Anspruch auf Grundbucheinsicht durch den Pflichtteilsberechtigten ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn ein Pflichtteilsverzicht erklärt worden wäre. Denn für die Einsicht genügt allein die abstrakte Möglichkeit eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich das Einsichtsbegehren als rechtsmissbräuchlich erweisen würde.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 30 | ID 37478720