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  • · Fachbeitrag · Zweites Quartal 2014

    FG-Rechtsprechung kompakt: Die „Top 10“ für die Gestaltungsberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

    | Die Finanzgerichte haben auch im zweiten Quartal des Jahres 2014 wieder eine Fülle von Urteilen mit hoher Praxisrelevanz gefällt, mit denen Sie bei Ihren Mandanten punkten können. Die für die Gestaltungspraxis wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie kurz kommentiert. Die weitere Rechtsentwicklung sollten Sie allerdings im Auge behalten, da in den meisten Fällen noch Revisionsverfahren anhängig sind. |

    1. Teilwert-AfA ist keine Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 AStG

    Eine Teilwertabschreibung auf ein der ausländischen Tochtergesellschaft gewährtes verzinsliches (eigenkapitalersetzendes) Darlehen führt nicht zu einer Gewinnverlagerung in das Ausland i.S. des § 1 AStG. Das zur Erfüllung der zugedachten wirtschaftlichen Funktion notwendige Darlehen ist im Hinblick auf § 1 AStG der Zuführung von Eigenkapital gleichzustellen (FG Düsseldorf 28.3.14, 6 K 4087/11 F; Rev. BFH: I R 29/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Setzt sich die Auffassung des FG Düsseldorf im Revisionsverfahren durch, wäre die Gefahr der außerbilanziellen Hinzurechnung nach § 1 AStG gebannt. Bis dahin ist in vergleichbaren Fällen Einspruch geboten. Bei allgemeinen Problemen mit Teilwertabschreibungen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG nehmen Sie bitte das aktuelle BMF-Schreiben vom 16.7.14 (IV C 6 - S 2171-b/09/10002, FR 14, 301) zur Hand!

     

    2. Nachträgliche Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Ist zunächst der Abzug eines Investitionsabzugsbetrags für ein bestimmtes Wirtschaftsgut beantragt worden und wird dieser Antrag im Klageverfahren wegen nicht fristgerechter Anschaffung dieses Wirtschaftsgutes nicht mehr aufrechterhalten, kann stattdessen möglicherweise ein Investitionsabzugsbetrag für ein zwischenzeitlich fristgerecht angeschafftes anderes Wirtschaftsgut gebildet werden. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn seit der tatsächlichen Anschaffung weniger als 3 Jahre vergangen sind und die Anschaffung nicht erkennbar zur Kompensation nachträglicher Einkommenserhöhungen dient (FG Niedersachsen 2.4.14, 9 K 308/12, BB 14, 1454; Rev. BFH: X R 28/14).

     

    Beachten Sie | Grundsätzlich kann ein Investitionsabzugsbetrag nur für ein konkretes Wirtschaftsgut gebildet werden; die Übertragung eines Investitionsabzugsbetrags auf ein nicht funktionsgleiches Wirtschaftsgut ist daher unzulässig (vgl. FG Niedersachsen 2.7.13, 3 K 1/13). Scheitert eine in Aussicht genommene Investition, kann diese damit nicht einfach durch ein bereits angeschafftes, nicht funktionsgleiches Wirtschaftsgut ersetzt werden. Nach bisheriger Rechtslage, die das FG bestätigt hat, ist jedoch grundsätzlich in solchen Fällen die nachträgliche Bildung eines Investitionsabzugsbetrags bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids möglich.

     

    PRAXISHINWEIS | In zeitlicher Hinsicht ist der Steuerpflichtige auf der sicheren Seite, wenn seit der Anschaffung des betreffenden Wirtschaftsguts weniger als zwei Jahre vergangen sind. Ob seit der Neufassung des § 7g EStG sogar eine Frist von drei Jahren gilt, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Berater sollten daher - soweit tatsächlich möglich - stets zeitnah bei von Mandanten angeschafften Wirtschaftsgütern prüfen, ob die Förderung des § 7g EStG in Anspruch genommen werden kann. nur so können nachteilige Folgen vermieden werden (so zu Recht: von Glasenapp, BB 14, 1457).

     

    3. Keine Wahrung der Rechtsbehelfsfrist durch elektronische Übermittlung der Steuererklärung mittels Elster

    Der Zugang einer in nicht authentifizierter Form über das Internetportal Elster abgegebenen Steuererklärung ist erst mit Einreichung der komprimierten schriftlichen Erklärung anzunehmen. Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsbehelfsfrist kann wegen evtl. technischer Probleme bei der Datenübermittlung nicht gewährt werden, wenn es dem Steuerpflichtigen möglich ist, anstelle der komprimierten Steuererklärung ein formloses Einspruchsschreiben einzureichen oder den Einspruch zur Niederschrift zu erklären (FG Niedersachsen 13.3.14, 4 K 32/12).

     

    PRAXISHINWEIS | Dieses Urteil macht auf eine Steuerfalle aufmerksam, die immer eintreten kann, wenn gegen einen Schätzungsbescheid durch elektronische Übermittlung der Steuererklärung mittels „EltsterFormular“ Einspruch eingelegt werden soll. Da es dem Steuerpflichtigen oder dem Berater immer möglich ist, einen Einspruch in anderer Form beim Finanzamt einzureichen, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand regelmäßig aus. Zur Sicherheit sollte der steuerliche Berater daher in jedem Fall gegen einen Schätzbescheid - am besten per Fax (wegen Zugangsnachweis!) - Einspruch einlegen und die Übermittlung der Steuererklärung ankündigen.

     

    4. Zeitpunkt der Verlustentstehung nach § 17 EStG

    Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH mit der Betriebsveräußerung zwar im Wesentlichen abgewickelt, steht aber die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschaftergeschäftsführers aus einer Höchstbetragsbürgschaft wegen noch nicht abgeschlossener Vergleichsverhandlungen mit der Bank noch nicht fest, ist der Auflösungsverlust gemäß § 17 EStG noch nicht realisiert (FG Münster 27.3.14, 2 K 4479/12 E; Rev. BFH: IX R 9/14).

     

    Die streitentscheidende Rechtsfrage bezüglich des Zeitpunktes der Verlustentstehung bei § 17 EStG ist häufig Gegenstand von Streitigkeiten mit dem Finanzamt und damit äußerst praxisrelevant.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    Grundsätzlich kommt eine Verlustberücksichtigung schon vor Abschluss des Insolvenzverfahrens in Betracht, insbesondere dann, wenn mit einer Zuteilung und Rückzahlung von Gesellschaftsvermögen nicht mehr gerechnet werden konnte. Vorsicht ist jedoch immer dann geboten, wenn die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten aus einer Bürgschaftsverpflichtung wegen laufender Vergleichsverhandlungen ggf. erst später betragsmäßig genau bestimmt werden kann.

     

    In 2003 hatte ein anderer Senat des FG Münster noch entschieden, dass es bezüglich der nachträglichen Anschaffungskosten allenfalls darauf ankommen kann, ob die verlustbegründenden Umstände feststanden (FG Münster 7.10.03, 13 K 6898/00 E, EFG 04, 331). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH das Problem beurteilt. Zur Sicherheit sollte der steuerliche Berater den Verlust bereits zum frühest möglichen Zeitpunkt geltend machen, um Rechtsnachteile zu vermeiden.

     

    5. Wertaufholung nach einer Teilwertabschreibung

    Für die Wertaufholung nach einer Teilwertabschreibung auf eine Beteiligung an einer GmbH ist der Vergleich zwischen den Anschaffungskosten der Beteiligung und dem Teilwert der Beteiligung auch dann maßgeblich, wenn nach der Teilwertabschreibung eine Kapitalherabsetzung und eine Kapitalerhöhung stattgefunden haben (FG Niedersachsen 1.4.14, 13 K 315/10, BB 14, 1650; Rev. BFH: IV R 19/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Aus steuergestalterischer Sicht ist es entscheidend, ob - wie im zugrunde liegenden Sachverhalt - eine rechtsträgererhaltende Sanierung oder stattdessen eine Abwicklung und Neugründung vorgenommen wird. Zur Vermeidung einer steuerpflichtigen Wertaufholung nach der Sanierung eines Unternehmens könnte der Verkauf an einen neuen Gesellschafter (Begrenzung der Anschaffungskosten auf den Kaufpreis) oder die Gründung einer Tochtergesellschaft (Übernahme des Geschäfts im Wege der übertragenden Sanierung) in Betracht kommen (so Kleimanns BB 14, 1648).

     

    6. Steuerbarkeit von Aufwendungsersatzansprüchen gegen abgemahnte Wettbewerber

    Zahlungen, die an einen Unternehmer von dessen Wettbewerbern als Aufwendungsersatz aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung geleistet werden, sind umsatzsteuerrechtlich als nicht steuerbare Schadenersatzzahlungen zu qualifizieren. Es fehlt an einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Wettbewerbern (FG Münster 3.4.14, 5 K 2386/11 U, BB 14, 1814; Rev. BFH: XI R 27/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Im Unterschied dazu gilt für Abmahnungen von sog. Abmahnvereinen, dass deren Ansprüche auf Ersatz ihrer Aufwendungen gemäß § 638 BGB gegen die abgemahnten Unternehmer umsatzsteuerbar gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind (vgl. BFH 16.1.03, V R 92/01, BStBl II 03, 732). Diese Rechtsgrundsätze können nach Auffassung des FG Münster jedoch nicht auf die Abmahnungen von am Markt tätigen Unternehmern übertragen werden. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sollten betroffene Umsatzsteuerbescheide offengehalten werden.

     

    7. Verfassungsmäßigkeit des eine zwangsweise Besteuerung des EK 02 auslösenden KSt-Erhöhungsbetrags

    Die Vorschrift des § 38 Abs. 5 und Abs. 6 KStG i.d.F. des JStG 2008 beinhaltet nach Auffassung des FG Düsseldorf keine verfassungswidrige Vermögensbesteuerung. Der Grund: Der Gesetzgeber hat einen besonders weiten Spielraum bei der Umstrukturierung komplexer Regelungssysteme wie dem Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren und ist deshalb berechtigt, die ausschüttungsunabhängige Nachversteuerungsregelung auch auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die in der Vergangenheit keine Ausschüttungen vorgenommen haben und behaupten, im gesamten Übergangszeitraum von 18 Jahren Ausschüttungen nicht zu beabsichtigen (FG Düsseldorf 18.3.14, 6 K 2087/11 F; Rev. BFH: I R 37/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Nach Auffassung des FG Düsseldorf verstößt die Vorschrift weder gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG hergeleiteten Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit, noch entfaltet sie eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung (so bereits FG Hamburg 24.9.12, 2 K 31/11, EFG 13, 155; Rev. BFH: I R 76/12). Die bloße allgemeine Erwartung in den Fortbestand der alten Rechtslage der Steuerfreiheit des EK 02 nach Ablauf der Übergangszeit genießt danach keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

     

    8.Mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft

    Eine mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG tritt nicht ein aufgrund des Abschlusses eines Treuhandvertrages mit deren Gesellschafter. Derjenige, der aufgrund Vereinbarungstreuhand Treugeber eines Gesellschafters einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft wird, gilt nicht als Neugesellschafter im Sinne dieser Vorschrift (FG München 12.2.14, 4 K 1537/11, EFG 14, 948; Rev. BFH: II R 18/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Das Urteil steht im Widerspruch zu der in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG in Ziff. 2.2 vertretenen Auffassung der Finanzverwaltung (FinMin Baden-Württemberg 25.2.10, 3-S 450.1 / 6, BStBl I 10, 245). Instruktiv zu Abgrenzungs- und Auslegungsproblemen zum Begriff „mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes“ in Treuhandkonstellationen: Schmidt-Gorbach/Hartrott, DStR 14, 1210.

     

     

    Beachten Sie | Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG ist nach der Rechtsprechung des BFH ausschließlich nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen. Kapital- und Personengesellschaften sind hierbei gleichermaßen als transparent zu betrachten (BFH 24.4.13, II R 17/10, BStBl II 13, 833). Aktuell siehe auch BFH 3.6.14, II R 1/13, DStR 14, 1599 betr. Gesellschafterwechsel bei einer grundbesitzenden Personengesellschaft aufgrund Abspaltung bei einer Gesellschafterin.

    9. Berücksichtigung von Lohnersatzleistungen bei der Zusammenballung von Einkünften

    Unter § 32b EStG fallende steuerfreie Lohnersatzleistungen (im Streitfall: Arbeitslosengeld) sind bei der Entscheidung, ob die Entschädigung zusammengeballt zugeflossen ist, nicht zu berücksichtigen. Die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG kommt nur im Fall einer tatsächlich höheren Progressionsbelastung der „Ist-Größe“ zur Anwendung (FG Niedersachsen 20.3.14, 1 K 130/13; Rev. BFH: IX R 14/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Ob dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen bei der Vergleichsberechnung zu erfassen sind, ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. BFH 9.3.11, IX R 9/10, BFH/NV 11, 1320); ausdrücklich offen gelassen in FG Niedersachsen 12.11.13, 13 K 199/13, EFG 14, 283). Der BFH hat vor Jahren zwar bereits entschieden, dass steuerbefreite Einkünfte bei der Entscheidung, ob die Entschädigung zusammengeballt zugeflossen sei, nicht zu berücksichtigen seien (BFH 2.9.92, XI R 44/91, BStBl II 93, 52). Diese Entscheidung betraf allerdings § 3 Nr. 9 EStG. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind in betroffenen Fällen Einspruch und ggf. Klage geboten.

     

    10. Verluste bei der Veräußerung von Lehman Brothers Zertifikaten

    Für Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 2, 4 EStG i.d.F. des UntStRefG (Abgeltungsteuer) ist es ohne Bedeutung, ob der Wertverzehr außerhalb des Kapitalmarkts eingetreten ist, wenn er durch eine Veräußerung realisiert wird (FG Niedersachsen 21.5.14, 2 K 309/13; Rev. BFH: VIII 28/14).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Veräußerung von Lehmann Brothers Zertifikaten fällt dem Grunde nach unter § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung steht der Verlustberücksichtigung nicht entgegen, dass das Papier durch die Insolvenz der Emittentin entwertet worden ist (anderer Ansicht: BMF 9.10.12, IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384, BStBl. I 12, 953, Rz. 60). Es handelt sich damit auch in diesen Fällen nicht um einen steuerlich unbeachtlichen Forderungsausfall. Die Entscheidung hat Bedeutung für alle durch außerhalb des Kapitalmarkts eintretende Umstände herbeigeführte Wertminderungen.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 348 | ID 42914007