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  • 01.01.2007 | Beweisrecht

    Vorwegabzug: Mieter trägt Darlegungs- und Beweislast für erhebliche Mehrbelastung

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Rechnet der Vermieter preisfreien Wohnraums über Betriebskosten in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten nach dem Flächenmaßstab ab, ohne einen Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten vorzunehmen, trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast, dass diese Kosten zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnraummieter führen und daher ein Vorwegabzug der auf die Gewerbeflächen entfallenden Kosten geboten ist (BGH 25.10.06, VIII ZR 251/05, n.v., Abruf-Nr. 063511).

     

    Praxishinweis

    Sind die Räume eines Gebäudes sowohl gewerblich als auch an Wohnraummieter vermietet, ist im preisfreien Wohnraum ohne besondere Vereinbarung ein Vorwegabzug der Kosten für Gewerbeflächen in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten für alle oder einzelne Betriebskostenarten nicht geboten, wenn die auf die Gewerbeflächen entfallenden Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen (BGH MK 06, 80, Abruf-Nr. 060768). Das ist der Fall, wenn der Wohnungsmieter durch die Umlage der auf das Gebäude entfallenden Gesamtkosten nach einem einheitlich für alle Mieter geltenden Maßstab nicht erheblich schlechter gestellt wird als im Fall einer Voraufteilung zwischen Wohn- und Gewerbeflächen. Hieran hält der BGH fest.  

     

    Die Erheblichkeit der Mehrbelastung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen tatsächliche Voraussetzungen im Wesentlichen tatrichterlicher Würdigung unterliegen, und der konkret für die einzelnen Betriebskostenarten festzustellen ist. Die bisher offen gelassene Frage, wer hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt, beantwortet der BGH wie aus dem Leitsatz ersichtlich. Da § 556a Abs. 1 S. 1 BGB einen Vorwegabzug von Gewerbeflächen nicht generell fordert, muss der Mieter die Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, die einen Vorwegabzug – aus Gründen der Billigkeit (§§ 315, 316 BGB) – ausnahmsweise geboten erscheinen lassen. Das heißt: Der Mieter darf sich im Nachzahlungsprozess nicht auf das bloße Bestreiten der Voraussetzungen einer einheitlichen Abrechnung beschränken. Er muss konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, dass ihm durch die gemeinsame Abrechnung von Wohn- und Gewerberäumen ein erheblicher Nachteil entsteht. Hierzu gehört der Vortrag, welche konkreten Gewerbe im Gebäude vorhanden sind und bei welchen Kostenarten und aus welchen Gründen erhöhte Kosten verursacht werden. Hinsichtlich der hierfür erforderlichen Informationen kann er Auskunft vom Vermieter und Einsicht in die der Abrechnung zugrunde liegenden Belege verlangen. Kommt er dieser Informationsobliegenheit nicht nach, fehlt seinem Bestreiten die tatsächliche Grundlage, und es ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unsubstanziiert zu behandeln (OLG Düsseldorf MK 07, 14, Abruf-Nr. 063223).  

     

    Ausnahme: Macht der Mieter plausibel, dass er auch danach nicht in der Lage ist, die für einen Vorwegabzug maßgebenden Tatsachen vorzutragen, gelten zu seinen Gunsten die Grundsätze über die sekundäre Behauptungslast. Danach trifft den Prozessgegner (= Vermieter) eine sog. sekundäre Behauptungslast, wenn die primär darlegungsbelastete Partei (= Mieter) außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann. Im Rahmen des Zumutbaren kann von ihm insbesondere das substanziierte Bestreiten einer negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH MK 05, 158, Abruf-Nr. 051999).