Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.07.2007 | Gesundheitsgefährdung

    Keine fristlose Kündigung ohne Abmahnung

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    1. Die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum wegen erheblicher Gesundheitsgefährdung nach § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich erst zulässig, wenn der Mieter dem Vermieter zuvor gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB eine angemessene Abhilfefrist gesetzt oder eine Abmahnung erteilt hat.  
    2. Die Wirksamkeit einer Befristung des Mietverhältnisses nach § 575 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt nicht voraus, dass der Vermieter im Mietvertrag das genau bezeichnete Abrissdatum und die genau geplante Baumaßnahme auf der Grundlage einer konkreten und genehmigungsfähigen Bauplanung angibt.  
    (BGH 18.4.07, VIII ZR 182/06, n.v., Abruf-Nr. 071801)  

     

    Sachverhalt

    Der Wohnungsmietvertrag aus 1/02 war mit der Begründung auf den 31.12.03 befristet, das bestehende Gebäude solle abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. In 9/02 kündigte die Beklagte den Mietvertrag zum 1.1.03. In 12/02 erklärte sie zudem die außerordentliche Kündigung wegen Schimmelpilzbefalls an der Tapete hinter ihrem Schrank und hinter dem Bett und hierdurch verursachter Gesundheitsschäden (Hautausschlag, Asthmaanfälle). Einige Tage später zog sie aus und zahlte keine Miete mehr. AG und LG haben die Mietzinsklage abgewiesen und den Kläger auf Widerklage der Beklagten zur Rückzahlung der Kaution verurteilt. Seine Revision führte zur Zurückverweisung der Sache an das LG.  

     

    Praxishinweis zu Leitsatz 1

    Die außerordentliche Kündigung des Mietvertrags aus Gründen der gesundheitsgefährdenden Beschaffenheit der Wohnung bedarf gemäß § 569 Abs. 1, Abs. 4 BGB der Begründung. Das Kündigungsschreiben muss erkennen lassen, dass der Mieter die darin erwähnten gesundheitlichen Gründe auf die Beschaffenheit der gemieteten Wohnung zurückführt (BGH WuM 05, 584). Zwar sind diese Voraussetzungen nach dem Sachverhalt erfüllt. Es fehlten jedoch ausreichende Feststellungen zum Kündigungsgrund und zu den Voraussetzungen des § 543 Abs. 3 S. 2 BGB.  

     

    Kern der Entscheidung ist die Aussage des BGH, dass eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dem Mieter kein sofortiges Lösungsrecht mehr gibt, sondern einer hierauf gestützten außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich entweder eine Abhilfefrist oder eine Abmahnung vorausgehen muss. Nach § 544 BGB a.F. konnte der Mieter nämlich im Fall erheblicher Gesundheitsgefährdung grundsätzlich sofort kündigen. Er musste dem Vermieter zuvor den Mangel weder angezeigt noch eine Abhilfefrist gesetzt haben. Hiervon ausgenommen waren nur Fälle, in denen der Vermieter den beanstandeten Zustand leicht beheben konnte und dem Mieter ein kurzzeitiges Warten zuzumuten war (OLG Naumburg WuM 03, 144; OLG Düsseldorf WuM 02, 267). Diese Rechtslage hat sich mit der Mietrechtsreform geändert. Wie aus § 569 Abs. 1 BGB folgt, handelt es sich bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung um einen besonders geregelten Fall der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB. Folge: Sie unterliegt denselben Voraussetzungen wie jede andere außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Für diese gilt aber, dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 S. 1 BGB erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist, wenn der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag besteht. Die Nichtbeseitigung eines gesundheitsgefährdenden Zustands stellt i.d.R. eine Pflichtverletzung des Vermieters dar, die die Anwendung des § 543 Abs. 3 BGB eröffnet.