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  • 01.02.2006 | Kündigung

    Keine Aufklärungspflicht des Vermieters bei Wegfall des Eigenbedarfs nach Ablauf der Kündigungsfrist

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Hat der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum wegen Eigenbedarfs wirksam gekündigt und fällt der geltend gemachte Grund nachträglich weg, ist dies nur zu berücksichtigen, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ist. In diesem Fall ist der Vermieter zu einer entsprechenden Mitteilung an den Mieter verpflichtet (BGH 9.11.05, VIII ZR 339/04, WuM 05, 782, Abruf-Nr. 053567).

     

    Sachverhalt

    In 11/99 kündigte der Beklagte das Mietverhältnis mit der Klägerin wegen Eigenbedarfs für seine Schwiegermutter S. Die Klägerin wurde in zwei Instanzen zur Räumung verurteilt. Das LG bewilligte ihr eine Räumungsfrist bis 31.7.01. Ende 9/01 räumte die Klägerin die Wohnung in Unkenntnis, dass S. bereits am 25.6.01 verstorben war. Mit ihrer Schadenersatzklage verlangt sie vom Beklagten wegen Verletzung seiner Informationspflicht Ersatz ihrer Kosten für den Umzug und die Anmietung von Lagerflächen. Das LG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision des Beklagten führte zur Wiederherstellung des klageabweisenden AG-Urteils.  

     

    Praxishinweis

    Kern der Entscheidung ist die umstrittene Frage nach der zeitlichen Grenze der vertraglichen Treuepflicht des Vermieters: Wie lange muss er den Mieter auf den nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfsgrundes hinweisen, um ihm einen Wohnungswechsel zu ersparen (Nachweise zum Streitstand auf S. 6 der Urteilsgründe)? Das Berufungsgericht (ZMR 05, 127) hatte angenommen, dass diese Pflicht bei Gewährung einer gerichtlichen Räumungsfrist erst mit dem Auszug des Mieters endet. Der BGH ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Er stellt als zeitliche Zäsur auf den Ablauf der Kündigungsfrist ab (so bereits BGH MK 03, 114, Abruf-Nr. 031564).  

     

    Der Vermieter ist verpflichtet, die Folgen einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung für den Mieter so gering wie möglich zu halten. Diese gesteigerte Pflicht zur Rücksichtnahme beruht auf der besonderen Bedeutung, die der Wohnung als Mittelpunkt der persönlichen Existenz eines Menschen zukommt und dem Besitzrecht des Mieters einen eigentumsgleichen Rang i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG verleiht (st. Rspr. seit BVerfGE 89, 1). Aus diesem Gebot der Rücksichtnahme hat der BGH (a.a.O) abgeleitet, dass der Vermieter, der ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs kündigt, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befindliche und verfügbare Wohnung zur Anmietung anbieten muss. Kommt der Vermieter dem nicht nach, ist die Kündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.