23.08.2010 | Mängelbeseitigung
Überschreiten der „Opfergrenze“ muss wertend festgestellt werden
von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Zum Ausschluss des Mangelbeseitigungsanspruchs des Mieters wegen Überschreitens der „Opfergrenze“ für den Vermieter (BGH 21.4.10, VIII ZR 131/09 Abruf-Nr. 101782). |
Sachverhalt
Die Klägerin ist Mieterin eines Reihenhauses der Beklagten. Dieses weist an den Innen- und Außenwänden erhebliche Risse auf. Ein von der Klägerin beauftragter Gutachter bezifferte die Kosten für eine Beseitigung der Risse mit Kunstharzmasse auf 47.546 EUR, wies aber darauf hin, dass es vor Beginn dieser Arbeiten notwendig sei, die Ursache für die Rissbilder im Gebäude festzustellen und nach Möglichkeit zu beseitigen. Die Beklagte schätzt die möglichen Sanierungskosten auf mindestens das Doppelte des von der Klägerin geltend gemachten Betrags, im ungünstigsten Fall auf etwa 170.000 EUR; den Verkehrswert des Hausgrundstücks gibt sie mit 28.000 EUR an. Die Revision der Beklagten gegen das der Kostenvorschussklage stattgebende Berufungsurteil hat Erfolg.
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Der Erfolg der auf § 536a Abs. 2 BGB gestützten Vorschussklage hängt u.a. davon ab, ob der von der Beklagten erhobene Einwand der Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung (§ 275 Abs. 2 BGB) durchgreift. Hierzu hat der VIII. Senat bereits entschieden, dass die Mängelbeseitigungspflicht des Vermieters dort endet, wo der dazu erforderliche Aufwand die „Opfergrenze“ überschreitet (MK 05, 207, Abruf-Nr. 052994). Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, muss von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen wertend ermittelt werden. Doch darf kein krasses Missverhältnis zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits entstehen (OLG Hamburg NZM 02, 343).
Das heißt: Eine Überschreitung der „Opfergrenze“ ist kein schlichter Rechenvorgang, der sich allein aus der Differenz zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert ableiten lässt. Erforderlich ist vielmehr eine Würdigung aller Umstände. Hierbei ist auch ein etwaiges Verschulden des Schuldners zu berücksichtigen (§ 275 Abs. 2 S. 2 BGB); dies war bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung gängige BGH-Rechtsprechung (BGH NJW 88, 699; NJW-RR 91, 204).
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