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  • 01.10.2006 | Mieterhöhung

    Kostenmiete in bestehenden Mietverhältnissen: Was gilt nach Wegfall der Gemeinnützigkeit?

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Die Bindung an eine Kostenmietklausel in einem bestehenden Mietvertrag mit einer ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft entfällt mit dem Wegfall der Wohnungsgemeinnützigkeit auf Grund ergänzender Vertragsauslegung (BGH 14.6.06, VIII ZR 128/05, Abruf-Nr. 062428).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte ist seit 1963 Mieter einer Wohnung der Klägerin, einer ehemals gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft. § 4 des Mietvertrags lautet u.a.: „(1) Die nach dem Recht über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen und den sonst maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen festgesetzte Miete beträgt bei Vertragsbeginn monatlich ... (7) Deckt die nach den vorstehenden Absätzen zu zahlende Miete die nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung anzusetzenden Kosten nicht oder tritt eine Erhöhung der Kapital- oder Bewirtschaftungskosten ein, kann das Wohnungsunternehmen die Miete durch schriftliche Mitteilung gegenüber den Mietern entsprechend erhöhen.“ In 2/03 verlangte die Klägerin vom Beklagten gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB vergeblich die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Sie obsiegte in allen Instanzen.  

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung betrifft viele Altverträge im ehemals gemeinnützigen Wohnungsbestand. Im Anwendungsbereich des WohnungsgemeinnützigkeitsG durften die früher gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nur die Kostenmiete verlangen, die meist unter der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Die im Sachverhalt genannte Kostenmietklausel ist in dieser oder ähnlicher Form fester Bestandteil in nahezu allen fortbestehenden Mietverträgen dieser Unternehmen. Ob vertragliche Kostenmietklauseln nach Aufhebung des WohnungsgemeinnützigkeitsG zum 31.12.89 und dem damit verbundenen Wegfall der Steuerfreiheit für gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsunternehmen weiter anzuwenden sind mit der Folge, dass eine Mieterhöhung nach § 558 BGB auf die Höhe der Kostenmiete beschränkt ist, war umstritten. Der erstmals hiermit befasste BGH hat diese Frage verneint und in Einklang mit den Zielen des Gesetzes zur Überführung der Wohnungsgemeinnützigkeit in den allgemeinen Wohnungsmarkt (Art. 21 § 1 Nr. 1 des SteuerreformG 1990 v. 25.7.88/BGBl. I, 1093) mittels ergänzender Vertragsauslegung einen Anspruch ehemals gemeinnütziger Wohnungsunternehmen auf Zustimmung zur ortsüblichen Vergleichsmiete bejaht.  

     

    Inhaltlich wird eine Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 S.1 BGB durch die vereinbarte Kostenmietklausel weder ausgeschlossen noch beschränkt. Der BGH versteht sie dahin, dass die Parteien bei ihrer Vereinbarung von der Fortgeltung des WohnungsgemeinnützigkeitsG ausgegangen sind und die Klausel mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen hätten, wenn sie bedacht hätten, dass dieses Gesetz aufgehoben würde und die Steuervorteile entfielen. Die hieraus abzuleitende Regelungslücke eröffnet den Anwendungsbereich der ergänzenden Vertragsauslegung. Bei der Schließung der Lücke ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist in erster Linie an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Nach dem Verständnis der Parteien zahlte der Beklagte für die Wohnung eine vergleichsweise geringe Miete, da die Klägerin als Ausgleich dafür ihrerseits steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen konnte. Leistung und Gegenleistung der Parteien standen nach ihrem Geschäftswillen nur in einem ausgewogenen Verhältnis, weil die Klägerin wegen der Vereinbarung einer reinen Kostenmiete in der Lage war, weitergehende Steuervorteile zu erzielen. Durch den Wegfall dieser Vorteile auf Grund der Aufhebung der Gemeinnützigkeit ist jedoch der Grund für die Vereinbarung einer der Höhe nach unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Miete entfallen.