01.10.2006 | Mietprozess
Berufungszuständigkeit bei Wohnsitzwechsel ins Ausland vor Rechtshängigkeit der Widerklage
Gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG sind die OLG zuständig für die Rechtsmittel der Berufung und Beschwerde gegen Entscheidungen der AG in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Person erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz im Ausland hatte. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, so dass es regelmäßig auf die Zustellung der Klageschrift ankommt (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1und 2 ZPO; BGH MK 03, 163, Abruf-Nr. 031982; NJW-RR 04, 1505). Für die Frage der Rechtsmittelzuständigkeit nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG ist i.d.R. der im Verfahren vor dem AG unangegriffen gebliebene ausländische oder inländische Gerichtsstand einer Partei zu Grunde zu legen (BGH MK 04, 100, Abruf-Nr. 041034). Der BGH hat nun klargestellt, dass sich eine Berufungszuständigkeit des OLG nach Sinn und Zweck des § 119 GVG auch nicht daraus ergibt, dass eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand zwar bei Klagezustellung im Inland hat, ihn aber im weiteren Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens in das Ausland verlegt (BGH 3.5.06, VIII ZB 88/05, Abruf-Nr. 061781). Das gilt nach dem Gebot der Rechtsmittelklarheit selbst, wenn der Beklagte nach Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland Widerklage erhebt.
Ist in erster Instanz streitig geblieben, ob eine Partei bei Rechtshängigkeit ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland hatte, ohne dass das erstinstanzliche Gericht Feststellungen dazu getroffen hat, obliegt dem Berufungsführer, der an seinem bestrittenen Vorbringen dazu festhält, die Beweislast für die funktionelle Zuständigkeit des von ihm angerufenen Berufungsgerichts. Schließt sich der Berufungsführer dem erstinstanzlich bestrittenen Vorbringen seines Gegners zu einem Gerichtsstand im In- oder Ausland an und legt er – gestützt darauf – Berufung zum LG oder zum OLG ein, ist es dem Gegner verwehrt, diesen Vortrag in der Berufungsinstanz zu ändern (BGH NZM 06, 507).