27.11.2008 | Minderungsausschluss
Minderungsausschlussklauseln:
Anforderungen an die Wirksamkeit
Eine vom Vermieter in einem Gewerberaummietvertrag verwendete formularmäßige Klausel, wonach eine Minderung der Miete ausgeschlossen ist, wenn die Nutzung der Räume durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, ist im Zweifel dahin auszulegen, dass sie die Minderung insoweit vollständig ausschließt und dem Mieter nicht die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 BGB belässt. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen und ist deswegen unwirksam (BGH 23.4.08, XII ZR 62/06, Abruf-Nr. 082226). |
Sachverhalt
Der gewerbliche Mietvertrag lautet in § 16: „Eine Minderung der Miete ist ausgeschlossen, wenn durch Umstände, die der Vermieter nicht zu vertreten hat (z.B. Verkehrsumleitung, Straßensperrung, Bauarbeiten in der Nachbarschaft usw.), die gewerbliche Nutzung der Räume beeinträchtigt wird (z.B. Umsatz- und Geschäftsrückgang)." Die Mieter zahlten ab 6/01 eine geminderte Miete wegen auf dem Nachbargrundstück durchgeführter Bauarbeiten. Zunächst wurde das Nachbargebäude abgerissen, im Anschluss die H.-Arkaden errichtet. Abriss- und Neubauarbeiten waren mit erheblichen Lärm- und Erschütterungsbelastungen für das Mietobjekt verbunden. Gegen ihren eingeklagten Anspruch auf Zahlung eines unstreitigen Nebenkostenguthabens haben die Beklagten in den Instanzen u.a. erfolgreich mit einem Anspruch auf restliche Miete aufgerechnet. Der BGH hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Entscheidungsgründe
§ 16 des Mietvertrags hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht stand. Nach dem Wortlaut der hier streitigen Klausel ist eine Minderung der Miete ausgeschlossen, wenn die Nutzung der Mietsache durch Umstände beeinträchtigt wird, die der Vermieter nicht zu vertreten hat. Ob der in der Klausel geregelte Ausschluss sich nur auf die Verwirklichung der Minderung durch sofortigen Abzug von der geschuldeten Miete bezieht, oder ob der Ausschluss dem Mieter auch das Recht nimmt, die überzahlte Miete gemäß § 812 BGB zurückzufordern, lässt sich der Klausel nicht zweifelsfrei entnehmen. Die Klausel lässt vielmehr beide Auslegungen zu. Die Klausel ist folglich mehrdeutig, ohne dass die Möglichkeit besteht, die Mehrdeutigkeit im Rahmen der objektiven Auslegung zu beseitigen. In diesem Fall greift die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB ein, wonach Zweifel bei der Auslegung von AGB zu Lasten des Verwenders gehen. Dies führt dazu, dass sich die kundenfeindlichste Variante durchsetzt, wenn eine Auslegungsvariante gegen § 307 BGB verstößt. Danach ist hier von der Auslegung auszugehen, nach der die Minderung endgültig ausgeschlossen ist. In dieser Auslegung verstößt die Klausel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Minderungsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, die den Mieter bei Vorliegen eines den Gebrauch einschränkenden Mangels einstweilen zur Zahlung der vollen Miete verpflichten und ihn wegen der überzahlten Miete auf einen Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) verweisen, benachteiligen den Mieter nicht unangemessen (Nachweise Urteilsgründe Tz. 18). Sie tragen dem berechtigten Interesse des Vermieters an der fortlaufenden pünktlichen Zahlung der vereinbarten Miete Rechnung. Um seine Immobilie ohne Liquiditätsprobleme bewirtschaften und finanzieren zu können, ist der Vermieter auf den vollständigen pünktlichen Eingang der laufenden Mietzahlungen angewiesen.
Ein direkter Abzug des Minderungsbetrages aufgrund vom Mieter behaupteter umstrittener Mängel kann dazu führen, dass der Vermieter bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Klärung, ob die behaupteten Mängel bestehen, nicht mehr in der Lage ist, die laufenden Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten aufzubringen (vgl. Horst, Abkopplungsklauseln im Gewerbemietrecht, S. 88 ff.). Das sich daraus ergebende Sicherungsinteresse des Vermieters rechtfertigt es, die Verwirklichung des Minderungsrechts durch Abzug von der laufenden Miete jedenfalls insoweit auszuschließen, als das Minderungsrecht nicht unstreitig oder rechtskräftig festgestellt ist, und den Mieter wegen eines Rückzahlungsanspruchs der überzahlten Miete auf eine gesonderte Klage (§ 812 BGB) zu verweisen.
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