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  • 01.01.2005 | Musterformulierungen

    Hartz IV: So sichern Sie die Mieteinkünfte Ihrer Mandanten in drei Schritten

    von RA Hans Reinold Horst, Langenhagen/Solingen

    Der Vermieter hat keine gesetzlichen Ansprüche gegen den Träger der Sozialhilfe auf unmittelbare Auszahlung von Mietbeihilfen. Ansprüche bestehen aus dem Mietvertrag nur unmittelbar gegenüber dem Mieter (Horst, MK 04, 171). Dieser ist als Sozialhilfeberechtigter allein dem Sozialamt gegenüber anspruchsberechtigt. Häufig leiten Mieter die empfangenen Sozialhilfeleistungen allerdings nicht zweckentsprechend an den Vermieter weiter. Der folgende Beitrag erläutert, was Vermieter-Berater ihren Mandanten in diesen Fällen empfehlen sollten.  

     

    Schritt 1: Kombinierte Anweisungs- und Abtretungserklärungen

    Ab dem 1.1.05 gilt § 29 Abs. 1 SGB XII: Danach sollen Leistungen für die Unterkunft an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Leistungsberechtigten nicht sichergestellt ist. Die Leistungsberechtigten sind hiervon schriftlich zu unterrichten.  

     

    Dabei kann bezüglich des Wohngelds mit einer Abtretungserklärung vom Mieter an den Vermieter und bezüglich der übrigen Unterhaltsbeihilfen mit einer Anweisungserklärung gearbeitet werden. Denn gemäß § 4 BSHG sind Ansprüche auf Hilfen zum Lebensunterhalt nicht abtretbar, sonstige Geldleistungen wie z.B. Wohngeldanteile nach § 68 Nr. 11 SGB I i.V.m. § 53 Nr. 2, § 37 SGB I aber doch. Denn das Wohngeldgesetz und das Wohngeldsondergesetz sind besondere Teile des SGB I, fallen also nicht unter das Übertragungsverbot des § 4 BSHG für Hilfen zum Lebensunterhalt.  

     

    Musterformulierung: Kombinierte Anweisung und Abtretung von Wohngeld

    An das Sozialamt ...  

     

    Anweisungs- und Abtretungserklärung  

     

    Ergänzend zum Mietvertrag über die Wohnung (Straße, Haus-Nr., Geschoss, PLZ, Ort) zwischen  

     

    ... (Name, Adresse) – Vermieter –  

    und  

    ... (Name, Adresse) – Mieter –  

     

    schließen die Vertragsparteien folgende Anweisungs- und Abtretungserklärung als Zusatzvereinbarung zu oben genanntem Mietvertrag:  

     

    1. Soweit dem Mieter jetzt oder zukünftig vom Sozialamt mit Bezug auf das Mietverhältnis Geldleistungen nach dem Wohngeldgesetz bewilligt werden, tritt er diese mit Abschluss dieser

     

    Zusatzvereinbarung bzw. vom Zeitpunkt der Bewilligung an bis zur jeweiligen Höhe des Anspruchs des Vermieters aus dem Mietvertrag unter Hinweis auf § 28 Abs. 1, § 33 Abs. 3 WoGG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I an den Vermieter ab.

     

    Der Vermieter nimmt die Abtretung an.

     

    2. Mieter und Vermieter werden im Fall von Bewilligungen von Geldleistungen nach dem Wohngeldgesetz an den Mieter diese Zusatzvereinbarung dem Sozialamt offen legen, damit dem Vermieter die ihm übertragenen Geldleistungen direkt überwiesen werden.

     

    Der Mieter ermächtigt das Sozialamt, den Vermieter über Änderungen der Höhe der bewilligten Geldleistungen direkt zu unterrichten und befreit insoweit ausdrücklich von bestehenden Verbotsvorschriften des Datenschutzrechts.

     

    Im Übrigen weist der Mieter das Sozialamt unwiderruflich an, ihm sozialhilferechtlich zu gewährende Hilfen zum Lebensunterhalt in Gestalt von Unterkunftsbeihilfen, Heiz- und Nebenkosten sowie Kautionsleistungen direkt an den Vermieter zu zahlen.  

     

    ... (Mieter) ... (Vermieter)  

     

    Ab dem 1.1.05 werden die Sozialleistungen nach dem SBG XII folgende Strukturen haben:  

     

    • Personen, die das 65. Lebensjahr, und Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und vollerwerbsgemindert sind, erhalten Hilfe zur Grundsicherung. Das Grundsicherungsgesetz wird aufgehoben und in das SGB XII inhaltsgleich eingepasst (§§ 41bis 46 SGB XII).

     

    • Erwerbsfähige Hilfsbedürftige ab 15 Jahre bis 64 Jahre erhalten das Arbeitslosengeld II nach dem SGB II. Ihre nicht erwerbsfähigen, zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden hilfsbedürftigen Angehörigen beziehen Sozialgeld gemäß § 28 SGB II.

     

    • Bedürftige, die weder Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld nach dem SGB II und keine Leistungen der Grundsicherung erhalten, bekommen Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß §§ 27 ff. SGB XII. Daneben wird für diese Gruppe Wohngeld als Tabellenwohngeld (§ 8 WoGG) gewährt.

     

    Für die Abtretbarkeit derartiger Ansprüche gilt: Durch die Zusammenführung von bisheriger Arbeitslosenhilfe mit den übrigen Formen der Sozialhilfe zum Lebensunterhalt zum Arbeitslosengeld II ist die gesamte Hilfeleistung als Paket anzusehen. Gemäß § 17 Abs. 1 SGB XII ist es daher insgesamt unpfändbar, also nicht abtretbar (§ 400 BGB). Hierfür spricht die Reduktion der Bezüge auf das Sozialhilfeniveau insgesamt sowie die Zusammenziehung verschiedener Unterarten der bisherigen Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II. Bejaht man dagegen die Pfändbarkeit (so das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit in einem Schreiben an den Autor dieses Beitrags), sind in jedem Fall die geltenden Pfändungsfreigrenzen zu beachten.  

     

    Das bisher bekannte Arbeitslosengeld bleibt als Arbeitslosengeld I bestehen (§§ 117 ff. SGB III). Arbeitslosengeld ist nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen pfändbar, wenn die Pfändung der Billigkeit entspricht (LG Flensburg ZMR 78, 22; OVG Münster NZM 99, 773). Zu beachten sind jedoch die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO). In diesem Rahmen bleibt das Arbeitslosengeld I wie folgt abtretbar:  

     

    Musterformulierung: Kombinierte Anweisung und Abtretung von Arbeitslosengeld I

    Agentur für Arbeit ...  

     

    Anweisungs- und Abtretungserklärung 

     

    Ergänzend zum Mietvertrag über die Wohnung (Straße, Haus-Nr., Geschoss, PLZ, Ort) zwischen  

     

    ... (Name, Adresse) – Vermieter –  

    und  

    ... (Name, Adresse) – Mieter –  

     

    schließen die Vertragsparteien folgende Anweisungs- und Abtretungserklärung als Zusatzvereinbarung zu oben genanntem Mietvertrag:  

     

    1. Soweit der Mieter jetzt oder zukünftig von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld I (§§ 117 ff. SGB III) bezieht, tritt der Mieter den jeweils gemäß § 850c ZPO pfändbaren Teil mit Bezug auf das Mietverhältnis in Höhe der jeweils aktuellen Nettomiete zuzüglich Nebenkostenanteile an den dies annehmenden Vermieter ab.

     

    2. Der Mieter ermächtigt die Agentur für Arbeit, direkt an den Vermieter auszuzahlen und den Vermieter über Änderungen der Höhe der bewilligten Geldleistungen direkt zu unterrichten. Der Mieter befreit insoweit ausdrücklich von bestehenden Vorschriften des Datenschutzrechts.

     

    3. Im Übrigen weist der Mieter unwiderruflich die Agentur für Arbeit/den Träger der Sozialhilfe an, gewährte Hilfen zum Lebensunterhalt mit Bezug auf das Mietverhältnis in Form von Mietbeihilfen, Beihilfen für Heizung und sonstige Nebenkosten sowie Kautionen direkt an den Vermieter zu zahlen.

     

    Der Mieter ermächtigt die Agentur für Arbeit auch insoweit, den Vermieter über Änderungen der Höhe der bewilligten Geldleistungen unter Befreiung von bestehenden Verbotsvorschriften des Datenschutzrechts zu unterrichten, soweit diese abdingbar sind.
    4. Sollte eine oder mehrere der vorstehenden Vereinbarungen unwirksam sein oder zukünftig unwirksam werden, vereinbaren die Vertragsparteien, eine vertragliche Regelung zu treffen, die dem wirtschaftlichen Zweck der unwirksamen Regelung am nächsten kommt.

     

    ... (Mieter) ... (Vermieter)  

     

    Praxishinweis: Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses waren noch gesetzliche Nachbesserungen an „Hartz IV“ denkbar. Dies ist bei Verwendung der Muster zu beachten. Wegen der Restriktionen des AGB-Rechts sollten die Vereinbarungen zudem stets als Individualvereinbarungen getroffen werden.  

     

    Schritt 2: Mieter sollte Zustimmung des Sozialamts beibringen

    § 29 Abs. 1 SGB XII regelt, dass generell Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden. Vor Abschluss eines Mietvertrags über die neue Unterkunft müssen Leistungsberechtigte den zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach den S. 2 und 3 der Vorschrift maßgeblichen Umstände in Kenntnis setzen. Es sollte eine ausdrückliche Zustimmung der Sozialbehörde zum Abschluss des Mietvertrags und seiner finanziellen Konditionen („angemessene Kosten“) vom Mietinteressenten eingeholt und beigebracht werden. Daneben sollte der Vermieter die Sozialbehörde informieren und um Abgabe der Zustimmung sowie einer Mietübernahmeerklärung bitten.  

     

    Schritt 3: Mietübernahmegarantie

    Unverzichtbar ist zudem eine Mietübernahmegarantie des Sozialamts. Eine Erklärung des Sozialamts, dass die Mietkosten als angemessen anerkannt werden, reicht nicht aus, wenn in der Erklärung gleichzeitig darauf hingewiesen wird, dass der Vermieter dadurch keine Rechte erwirbt, die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht übernommen werden und eventuelle Mietüberweisungen nur im Wege der Erfüllungsübernahme erfolgen. Auch dann erhält der Vermieter keinen Mietzahlungsanspruch gegen das Sozialamt (LG Berlin GE 04, 426).  

     

    Aber Vorsicht: Auch eine wirkliche Mietübernahmegarantie des Sozialamts steht unter dem Vorbehalt der Sozialhilfebedürftigkeit des Mieters (BVerwG NJW 94, 2968). Das bedeutet: Erklärt das Sozialamt sich nur einschränkend dazu bereit, die Mietkosten solange zu übernehmen, wie beim Mieter die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit andauert – das dürfte der Regelfall sein –, hat der Vermieter keinen Anspruch gegen das Sozialamt, wenn dieses davon ausgeht, dass das sozialhilferechtliche Bedürfnis nicht (mehr) besteht (LG Berlin GE 01, 420). Die Übernahmeerklärung des Sozialamts kann zudem nur einen Zahlungsanspruch des Vermieters begründen, wenn der Sozialhilfeträger seinen Rechtsbindungswillen eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (BVerwG, a.a.O.).  

     

    Anweisungs- und Abtretungserklärungen sowie Mietübernahmegarantien sind also kein „todsicherer“ Weg, den Eingang der Miete direkt vom Sozialamt rechtlich abzusichern. Dennoch erhöht die beschriebene Vorgehensweise die Erfolgsaussichten, Mieteinkünfte bei Mietverhältnissen mit Sozialhilfeempfängern zu erzielen.  

     

    Praxishinweis: Bei der Vermietung an einen Sozialhilfeempfänger kommt es immer wieder vor, dass der allein Sozialhilfeberechtigte Wert darauf legt, als alleiniger Mieter aufzutreten und seinen mit einziehenden Partner aus dem Vertrag herauszuhalten. Hintergrund: Erscheint im Mietvertrag, der dem Sozialamt vorgelegt wird, eine weitere und nicht hilfsbedürftige Person, könnten die Sozialleistungen gekürzt werden. Der Vermieter sollte dem auf keinem Fall nachgeben. Er sollte also den Partner immer mit in den Vertrag als Mieter aufnehmen und auch unterschreiben lassen. Andernfalls würde er einen weiteren Schuldner, der möglicherweise zahlungsfähig ist, verlieren.  

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2005 | Seite 3 | ID 88474