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  • 01.09.2006 | Verkehrssicherungspflichten

    Anmietung einer Wohnung durch Familie mit Kleinkindern

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
    Der Vermieter verstößt nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht, wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die insoweit den baurechtlichen Vorschriften entspricht, bei einer Vermietung an eine Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt (BGH 16.5.06, VI ZR 189/05, WuM 06, 388, Abruf-Nr. 061923).

     

    Sachverhalt

    Die Eltern der Klägerin sind Mieter einer 1966 errichteten Wohnung des Beklagten. In dieser befindet sich eine Kinderzimmertür, die aus einem Holzrahmen mit einem Glasausschnitt (kein Sicherheitsglas) besteht, der im unteren Bereich in einer Höhe von 40 cm beginnt. Die in 2001 geborene Klägerin fiel 2003 beim Spielen mit Kopf und Schultern in die Scheibe. Durch eingedrungene Splitter der zerbrochenen Scheibe verlor sie die Sehkraft des linken Auges nahezu vollständig. Ihre Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht blieb in allen Instanzen erfolglos.  

     

    Praxishinweis

    Wer eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (st. Rspr.; BGH, a.a.O.). Eine Vorsorge für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts ist im praktischen Leben aber weder erreichbar noch verpflichtend. Das heißt: Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis der Sicherheitsgrad erreicht ist, den die im entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Geboten aber auch ausreichend sind mithin die Vorkehrungen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise – hier der Vermieter – für ausreichend halten darf, um andere Personen – hier die Mieter und ihre Kinder – vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind.  

     

    Gemessen an diesen Grundsätzen war ein haftungsbegründendes Verhalten des Vermieters nicht feststellbar. Während nach § 36 Abs. 7 LBauO NW bestimmte Fenster zu sichern sind und eine Verletzung dieser Pflicht eine Haftung des Vermieters auslösen kann, wenn der Mieter auf der Treppe stürzt und in die ungesicherte Verglasung fällt (BGH NJW 94, 2232), existierten im Streitfall keine baurechtliche Vorschriften, nach denen Zimmertüren mit Glasausschnitten in Wohnungen mit Sicherheitsglas ausgestattet werden müssen. § 40 Abs. 2 LBauO NW sieht nur vor, dass Glastüren und andere Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, so zu kennzeichnen sind, dass sie leicht erkannt werden können. Für größere Glasflächen können zwar Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Verkehrs verlangt werden, wobei für Glasflächen, die bis zum Fußboden reichen, jedoch keine besonderen Eigenschaften des Glases vorgeschrieben sind, sondern nur eine entsprechende Markierung.