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  • 01.07.2006 | Verschulden bei Vertragsschluss

    Um- und Rückbaukosten: Haftet der Interessent nach Scheitern der Vertragsverhandlungen?

    von RA Michael Bach, Nordkirchen
    1. Auf einen Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo wegen Um- und Rückbaukosten ist die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 558 a.F. BGB (jetzt § 548 BGB) analog anzuwenden, wenn es nicht wie vorgesehen zum Abschluss des Mietvertrags gekommen ist.  
    2. Hat in einem solchen Fall der potentielle Vermieter noch den unmittelbaren Besitz an der Sache, beginnt die Verjährungsfrist bereits ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem die Vertragsverhandlungen der Parteien ihr tatsächliches Ende gefunden haben. Das gilt auch, wenn zu diesem Zeitpunkt der Schaden noch nicht beziffert werden kann, da die Möglichkeit einer Feststellungsklage ausreicht, um die Verjährung zu unterbrechen.  
    (BGH 22.2.06, XII ZR 48/03, GE 06, 646, Abruf-Nr. 061155)  

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin erstellte in den Jahren 1997 bis 2000 ein Geschäftshaus. Die Beklagte interessierte sich Anfang 2/99 für die Anmietung eines Bauteils. Sodann fanden zwischen den Parteien detaillierte Verhandlungen über einen Mietvertrag und die Anpassung der Räumlichkeiten an die Bedürfnisse der Beklagten statt. Die Verhandlungen scheiterten, nachdem die Beklagte ihre Absicht, das 2. OG mitzumieten, aufgegeben und auch den ihr übermittelten schriftlichen Mietvertrag nicht unterzeichnet hatte. Die u.a. auf Ersatz von Um- und Rückbaukosten gerichtete Klage blieb vor dem BGH erfolglos.  

     

    Praxishinweis zu Leitsatz 1

    In bestimmten Fallgestaltungen kann die Partei, die den Grund der Unwirksamkeit eines Vertrags vertreten muss, dem Vertragspartner wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen schadenersatzpflichtig sein. Haftungsgrund – nun in § 311 Abs. 2und 3 BGB kodifiziert – ist in diesen Fällen die Verletzung der vorvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem anderen Vertragsteil, bei dem Vertrauen auf das Bestehen eines wirksamen Vertragsverhältnisses erweckt wird. Der BGH stellt klar, dass diese Haftung wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen auch den Mietinteressenten treffen kann, wenn kein triftiger Grund für den Nichtabschluss des ins Auge gefassten Vertrages bestand (OLG Düsseldorf GuT 04, 119). Hatte daher der Vermieter im Vertrauen auf den Vertragsschluss – wie hier – bereits Umbauarbeiten in den Mieträumen entsprechend den Wünschen des Mieters ausführen lassen, kommt eine Haftung auf Ersatz der Um- und Rückbaukosten jedenfalls in Betracht, wenn der Mieter die Vertragsverhandlungen auf Grund einer vorsätzlichen Pflichtwidrigkeit ohne triftigen Grund abgebrochen hat.  

     

    Ob die Vertrauenshaftung im Hinblick auf das Schriftformerfordernis des § 550 BGB auch den nur fahrlässig handelnden Mieter treffen kann, weil eine so begründete Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens einen indirekten Zwang zum Vertragsabschluss bedeuten könnte, lässt der BGH offen. Für § 313 BGB a.F. (= § 311b BGB) hat der BGH (NJW 96, 1884) entschieden, dass – wenn der Abschluss eines formbedürftigen Vertrags als sicher dargestellt wird – der Abbruch der Verhandlungen durch einen Partner nur einen Schadenersatzanspruch des anderen begründen kann, wenn das Verhalten des Abbrechenden einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung zu redlichem Verhalten bei den Verhandlungen bedeutet. Dies erfordert i.d.R. die Feststellung vorsätzlichen pflichtwidrigen Verhaltens.