01.03.2006 | Vertragsgestaltung
Mietverhältnis bei Vermietung vom Reißbrett beginnt „mit Übergabe“ – Schriftform gewahrt?
Die Regelung in einem Mietvertrag, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe der Mietsache beginnt, ist hinreichend bestimmbar und genügt daher dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB a.F. (BGH 2.11.05, XII ZR 212/03, NZM 06, 54, Abruf-Nr. 053571). |
Sachverhalt
§ 2 des Mietvertrags über ein Ladenlokal lautet: „(1.) Das Mietverhältnis beginnt mit der Übergabe der Mieträume. Es endet nach Ablauf von 15 Jahren am darauffolgenden 30.6. ... (3.) Die Übergabe der Mietfläche ist voraussichtlich im April 96, die Eröffnung ... ist für Mai 96 vorgesehen. Beide Terminangaben sind für den Vermieter unverbindlich.“ Die beklagte Mieterin, der das Objekt am 17.9.96 übergeben worden ist, kündigte den Mietvertrag wegen fehlender Schriftform mit gesetzlicher Frist zum 30.9.03. Die Klage der Vermieterin auf Feststellung, dass die Kündigung der Beklagten das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet habe, war in den Instanzen erfolglos. Erst ihre Revision führte zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
Praxishinweis
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage folgt aus § 256 ZPO. Streiten die Parteien – wie hier – wegen der Kündigung eines Mietverhältnisses, kann nur dessen (Fort-) Bestand zum Gegenstand der begehrten Feststellung gemacht werden, nicht aber die Wirksamkeit der Kündigung als bloße Vorfrage (BGH NJW 00, 354; OLG Düsseldorf NJW 70, 2027). Auch wenn Streit nur darüber besteht, ob eine bestimmte Kündigung das Mietverhältnis beendet hat, begründet dies ein ausreichendes Interesse an der (umfassenderen) Feststellung, dass das Vertragsverhältnis fortdauert. Soweit ein Feststellungsantrag sich hiervon abweichend seinem Wortlaut nach auf die Unwirksamkeit einer bestimmten Kündigung beschränkt, ist er in diesem Sinne umzudeuten.
Die Begründetheit der Klage hing davon ab, ob die Beklagte den auf 15 Jahre abgeschlossenen Vertrag wegen eines Schriftformmangels ordentlich kündigen konnte. Der BGH hat dies verneint. Zwar ist es zur Wahrung der Schriftform des § 566 BGB a.F. erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen aus der Vertragsurkunde ergeben. Auch wesentliche Tatbestandsmerkmale des Rechtsgeschäfts brauchen indes nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt – bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses – bestimmbar ist. Wie erst jüngst (MK 06,28, Abruf-Nr. 053559) verweist der BGH darauf, dass die „Bestimmbarkeit“ in Abgrenzung zur „Bestimmtheit“ ein deutlich geringeres Maß an Genauigkeit erfordert. Ein Sachverhalt, an den die Parteien den Vertragsbeginn knüpfen, muss danach (nur) so genau bestimmt werden, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Das trifft hier zu („mit der Übergabe der Mieträume“).
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