25.11.2009 | WEG
Kann das Gericht die Frist zur Anfechtungsbegründung verlängern?
von RA Norbert Slomian, FA Miet- und WEG-Recht, Heilbronn
Eine Verlängerung der Begründungsfrist des § 46 Abs.1 S. 2 WEG sieht das Gesetz nicht vor. Ist die Frist gewahrt, braucht zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen nicht unterschieden zu werden. |
(BGH 2.10.09, V ZR 235/08, Abruf-Nr. 093656) |
Sachverhalt
Am 9.7.07 fand die Eigentümerversammlung statt. Am 9.8.07 ging beim AG der „Antrag“ ein, Beschlüsse für ungültig zu erklären. Am 10.9.07 haben die Kläger beantragt, die Frist zur Anfechtungsbegründung bis 9.10.07 zu verlängern. Das AG gab dem Antrag statt. Am 9.10.07 ging die Klagbegründung ein, vorsorglich verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag. Darauf hat das AG unter Zurückweisung des Verlängerungsantrags die Klage als unbegründet abgewiesen.
Praxishinweis
Die Klagbegründungsfrist ist eine materiell-rechtliche Frist. Das Gesetz sieht gerade keine Möglichkeit vor, die Klagebegründungsfrist zu verlängern. Es ist alleine eine entsprechende Anwendung der Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand angeordnet. Vorliegend konnte dem Kläger jedoch geholfen werden. Gewährt das Gericht auf rechtzeitig vor Fristablauf gestellten Verlängerungsantrag zu Unrecht eine Fristverlängerung, darf die Prozesspartei darauf vertrauen, dass die richterliche Verfügung wirksam ist (BGH 18.11.03, VIII ZB 37/03). Da bis zur Entscheidung des BGH (16.1.09, V ZR 74/08) die Qualifizierung der Klagbegründungsfrist als prozessuale Frist vertretbar war, wäre für diese eine Fristverlängerung in Analogie zu § 520 Abs.2 S.1 ZPO in Betracht gekommen. Das Verfahren wurde zurückverwiesen.
Der Unterscheidung zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen kommt rechtserhebliche Bedeutung nur zu, wenn zumindest eine der Fristen - Klagfrist oder Klagbegründungsfrist - versäumt worden ist. Die Klage kann dann nur noch Erfolg haben, wenn der Beschluss nach § 23 Abs. 4 S. 1 WEG nichtig ist. Sind die Fristen dagegen gewahrt, braucht lediglich geprüft zu werden, ob ein Rechtsverstoß vorliegt, der den Bestand des angefochtenen Beschlusses berührt. Ob der Rechtsfehler als Nichtigkeits- oder als Anfechtungsgrund zu qualifizieren ist, spielt in solchen Fällen keine Rolle. Entgegen der früheren Entscheidung (BGH 2.10.03, V ZB 34/03) geht der BGH nunmehr davon aus, dass es grundsätzlich irrelevant sei, ob das Gericht den Beschluss für unwirksam erklärt und dabei offen lässt, ob ein Anfechtungs- oder ein Nichtigkeitsgrund durchgreift. Anderes könne nur in den engen Grenzen des § 256 Abs.1 ZPO gelten. Stellt das Gericht fest, dass der Eigentümerbeschluss keine Rechtswirkung entfalte, decke diese Tenorierung beide Möglichkeiten ab.
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