01.07.2006 | WEG
Kontoüberziehung durch WEG-Verwalter: Wen muss die Bank verklagen?
von RA, Dipl.-Finanzwirt Hermann Kahlen, FAStR, Senden/Westf.
Der Verwalter einer Eigentümergemeinschaft überzog deren Girokonto um ca. 10.000 EUR. Die kontoführende Bank verklagte daraufhin mit Schriftsatz vom 12.5.05 die einzelnen Eigentümer auf Rückzahlung dieses Betrags – mit Erfolg (OLG Celle 5.4.06, 3 U 265/05, Abruf-Nr. 061715). Die Bedeutung dieser Entscheidung geht weit über den konkreten Fall hinaus. Die folgende Checkliste fasst das Wesentliche zusammen:
Checkliste: Unberechtigte Kreditaufnahme durch den Verwalter – das ist zu beachten |
1. Ein Verwalter ist ohne besondere Vollmacht nicht berechtigt, im Namen der Gemeinschaft Kredite aufzunehmen (h.M.; OLG Schleswig ZMR 02, 468; LG Köln ZMR 03, 788).
2. Das gilt auch, wenn es um die Bezahlung notwendiger Aufwendungen zu Gunsten der Gemeinschaft geht.
3. Die bloße Kontoeröffnung als solche hingegen hält sich im Rahmen der gesetzlichen Befugnisse des Verwalters (§ 27 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 S. 1 WEG; BayObLG ZMR 00, 846).
4. Solange eine Vollmacht fehlt, sind Kreditgeschäfte des Verwalters schwebend unwirksam bis zu einer Genehmigung durch die Gemeinschaft.
5. Eine solche Genehmigung kann ausdrücklich oder nach Rechtsscheinsgrundsätzen erfolgen.
6. Erfolgt keine Genehmigung, sind entweder die Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlungspflichtig aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB (s.u., 7).
7. Grundsätzlich sind nicht die einzelnen Eigentümer zu verklagen, sondern die Gemeinschaft (BGH MK 05, 147, Abruf-Nr. 051926, Teilrechtsfähigkeitsentscheidung v. 2.6.05). Ausnahme: In Altfällen (also solchen, die vor der BGH-Entscheidung, a.a.O., anhängig wurden), auf die die ZPO anzuwenden ist, mussten die Eigentümer verklagt werden.
8. Eine Rubrumsberichtigung kommt in Altfällen nach ZPO nicht in Betracht, weil keine Identität zwischen den verklagten Eigentümern und der jetzt als rechtsfähig anzusehenden Eigentümergemeinschaft besteht. Für WEG/FGG-Verfahren in vor dem 2.6.05 anhängigen Fällen ist eine Rubrumsberichtigung ausreichend (OLG München ZMR 05, 729).
9. Einer „Umstellung der Klage“ oder gar deren Rücknahme bedarf es nicht. Dies ist unzumutbar.
10. Auch eine Klageänderung kommt nicht in Betracht. Es würde sich um einen Parteiwechsel auf der Beklagtenseite handeln, der mindestens in der zweiten Instanz der Zustimmung des neuen Beklagten bedarf.
11. Ob eine Verweigerung der Zustimmung rechtsmissbräuchlich wäre, ist ungewiss (offen lassend OLG Celle 5.4.06, 3 U 265/05, Abruf-Nr. 061715). |
Quelle: Ausgabe 07 / 2006 | Seite 128 | ID 88675