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  • 24.09.2009 | Wohnfläche

    Vermieter aufgepasst: Ist die II. BV vereinbart, gilt sie auch für ältere Fachwerkhäuser

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Ist in einem Wohnraummietvertrag über ein älteres Fachwerkhaus vereinbart, dass die Wohnfläche nach den §§ 42 ff. II. BV zu berechnen ist, so kann die Maßgeblichkeit dieser Bestimmungen für die Wohnflächenermittlung nicht mit der Begründung verneint werden, derartige Gebäude mit niedriger Deckenhöhe und freiliegenden Deckenbalken habe die II. BV nicht im Blick gehabt. Freisitze i.S. des § 44 Abs. 2 II. BV sind nur solche Freiflächen, die an den vermieteten Wohnraum angrenzen (BGH 8.7.09, VIII ZR 218/08, Abruf-Nr. 093070).

     

    Sachverhalt

    Die Kläger waren von 07/03 bis 03/05 Mieter einer Wohnung der Beklagten im ersten OG eines Fachwerkhauses. § 1 des Mietvertrags lautet: „Der Vermieter vermietet dem Mieter folgende Wohn- und Nebenräume: 4 Zimmer, 1 Küche, 1 Diele, 1 Bad, 1 Bodenraum, Sitzecke auf dem Hof neben Garage ... zur Benutzung als Wohnung. Die Wohnfläche ist mit ca. 92 m2 vereinbart. Berechnungsgrundlage sind §§ 42 ff. II. BV.“ In der Altbauwohnung befinden sich freiliegende Deckenbalken. Die als „Sitzecke auf dem Hof“ bezeichnete Fläche ist von drei Seiten umschlossen und ca. 20 Meter von der Wohnung entfernt. Nach dem erstinstanzlichen Sachverständigengutachten beträgt die Wohnfläche 77,07 m². Das entspricht einer Flächendifferenz von 16,23 Prozent. Das LG hat die „Sitzecke auf dem Hof“ als Freisitz zur Hälfte (9 von 18 m2) berücksichtigt und angenommen, Flächenteile mit einer Deckenhöhe, die wegen nicht ebener Ausführung von Deckenfeldern und freiliegender Balken unter zwei Metern liegen, seien nicht in Abzug zu bringen. Daher betrage die Minderfläche allenfalls um 9,35 Prozent, sodass die Klage auf Rückzahlung überzahlter Miete und Nebenkosten abzuweisen sei. Die Revision der Kläger hatte Erfolg.  

     

    Praxishinweis

    Weicht die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 Prozent von der vereinbarten Wohnfläche ab, liegt ein Mangel i. S. des § 536 BGB vor, der die Kläger zur Mietminderung berechtigt (BGH MK 07, 177, Abruf-Nr. 072300) und einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB rechtfertigen kann. In welchem Umfang eine Terrassenfläche in die Berechnung einzubeziehen ist, beurteilt sich nach dem Verständnis des im Mietvertrag verwendeten Begriffs „Wohnfläche“. Da insoweit ein Konsens fehlt, muss der Begriff durch Auslegung ermittelt werden. An erster Stelle sind dabei ausdrückliche Vereinbarungen der Parteien zu beachten. Hier sieht der Mietvertrag vor, dass Berechnungsgrundlage der Wohnfläche die §§ 42 ff. II. BV sind.  

     

    Hiervon ausgehend hat das LG die Terrassenfläche zu Unrecht zur Hälfte berücksichtigt. Nach § 44 Abs. 2 II. BV können die Grundflächen von ausschließlich zum Wohnraum gehörenden Balkonen, Loggien, Dachgärten oder gedeckten Freisitzen zur Ermittlung der Wohnfläche bis zur Hälfte angerechnet werden. Der BGH legt den Begriff Freisitz unter Hinweis auf die maßgebliche Verkehrsanschauung und der wohntechnischen Definition mit der h.M. (Nachweise Urteilsgründe Tz. 12) dahin aus, dass hierunter nur solche Flächen zu verstehen sind, die einem angrenzenden Wohnraum zugeordnet sind. Den Unterschied zu einer Dachterrasse, die oftmals ebenfalls nicht unmittelbar von der Wohnung zugänglich ist, sieht der BGH darin, dass diese - anders als hier die Sitzecke - unmittelbar mit dem Gebäude verbunden ist und insoweit eine Einheit mit ihm bildet.