27.04.2010 | Wohnflächenabweichung
Vertragliche Vereinbarungen gehen stets vor
von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Bei der Ermittlung der Wohnfläche einer Maisonettewohnung ist die Fläche des zu Wohnzwecken mitvermieteten Galeriegeschosses unabhängig davon zu berücksichtigen, ob dessen Räume nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht zur Wohnfläche zu rechnen sind, weil sie zu weniger als der Hälfte der Grundfläche eine lichte Höhe von mehr als 2,20 m aufweisen und deshalb nicht als Aufenthaltsräume gelten (BGH 16.12.09, VIII ZR 39/09, Abruf-Nr. 100548). |
Sachverhalt
Die von der Beklagten angemietete Wohnung besteht aus einem unteren Geschoss nebst Balkon sowie einer über eine innen liegende Treppe zu erreichenden (beheizbaren) Galerie nebst kleinem Zimmer und Duschbad. Der Mietvertrag gibt die Größe der Mieträume mit „ca. 88 m2“ an. Vor Abschluss des Mietvertrags besichtigte die Beklagte die Wohnung und erhielt die Grundrisspläne. Danach betrug die Größe der Räume des unteren Geschosses - jeweils gerundet - insgesamt 70,5 m2, des Balkons 9 m2 und des oberen (Galerie-)Geschosses 15 m2. Nach einem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten beträgt die Wohnfläche lediglich 72,55 m2, weil die Grundfläche des (oberen) Galeriegeschosses von insgesamt 23,58 m2, unter Berücksichtigung der Schrägen berechnet mit 11,79 m2, gemäß § 41 Abs. 2 LBauO Hessen außer Ansatz zu bleiben habe. Die Beklagte ist der Ansicht, die Miete sei um 17,56 Prozent gemindert, weil die Wohnfläche in diesem Umfang von der vereinbarten Wohnfläche abweiche. Das Berufungsgericht hat den Kläger auf Widerklage der Beklagten zur Rückzahlung zu viel geleisteter Miete verurteilt. Seine Revision hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Der BGH hält daran fest, dass die Größenangabe von ca. 88 m2 als Beschaffenheitsvereinbarung über die Wohnfläche der Wohnung anzusehen ist, die bei einer Abweichung von mehr als 10 Prozent zum Nachteil des Mieters zu einem Mangel der Mietsache führt (BGH MK 04, 109, Abruf-Nr. 041340 ; MK 07, 155, Abruf-Nr. 072278). Der BGH bestätigt ferner seine Rechtsprechung, dass der Begriff der Wohnfläche auslegungsbedürftig ist, weil er keinen feststehenden Inhalt hat, und, da eine verbindliche Regelung zur Berechnung von Flächen bei frei finanziertem Wohnraum fehlt, zur Auslegung des Begriffs der Wohnfläche auch die für den preisgebundenen Wohnraum geltenden Bestimmungen herangezogen werden können, falls nicht die Parteien dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen haben oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender ist (MK 04, 111, Abruf-Nr. 041305; MK 07, 177, Abruf-Nr. 072300). Einer Vereinbarung der Parteien darüber, welche Flächen in die Berechnung der Wohnfläche einzubeziehen sind, kommt der Vorrang zu (vgl. BGH MK 09, 201 Abruf-Nr. 093470).
Hiernach ist das Galeriegeschoss der von der Beklagten gemieteten Wohnung in die Wohnflächenberechnung einzubeziehen. Grund: Aus den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass auch das Galeriegeschoss als Wohnraum mitvermietet worden ist. Dies geht schon aus dem Mietvertrag mit hinreichender Deutlichkeit hervor, in dessen § 1 Nr. 1 die zu Wohnzwecken vermieteten Räume mit einer „Größe von ca. 88 m2 “ als „3 ½ Zimmer, Flur, Küche, Bad sowie weitere Dusche/WC im Obergeschoß“ bezeichnet sind. Dass das - bewohnbare und von der Beklagten auch zu Wohnzwecken genutzte - Galeriegeschoss zu anderen als zu Wohnzwecken vermietet gewesen sein könnte, ist danach fernliegend. Es kommt hinzu, dass für die Beklagte aus den ihr ausgehändigten Grundrissplänen eindeutig erkennbar war, dass die Fläche des unteren Geschosses nur ca. 70 m2 (zuzüglich des mit 9 m2 eingezeichneten Balkons) beträgt, in die mit ca. 88 m2 angegebene Wohnfläche mithin auch das Galeriegeschoss einbezogen war. Danach liegt die Wohnflächenabweichung schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten unter 10 Prozent (Gesamtwohnfläche unteres Geschoss: 72,55 m2 + Galeriegeschoss: 11,79 m2).
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