Fachbeitrag · Kurze Verjährung
Ablösebetrag für Schönheitsreparaturen unterliegt der kurzen Verjährung
| Gemäß § 548 Abs. 1 BGB verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten (Satz 1), beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält (Satz 2). Das OLG Düsseldorf entscheidet, dass § 548 Abs. 1 BGB auch eine Geldsumme erfasst, mit der die Verpflichtung des - hier gewerblichen Mieters - zur Auszugsrenovierung vereinbarungsgemäß abgelöst werden soll. |
Sachverhalt
Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit der Klägerin und gab das Mietobjekt am 29.1.08 zurück. Wenige Tage zuvor vereinbarten die Parteien, dass die vertragliche Endrenovierungs- und Rückbaupflicht durch die Zahlung eines Ablösebetrages von 50.000 EUR ersetzt werden sollte. Anlässlich der Rückgabe am 29.01.08 wurde ein gemeinsames Rückgabeprotokoll erstellt, in dem es heißt: „Für die Beseitigung der Mängel wurde zwischen den Parteien eine Abstandszahlung von 50.000 EUR vereinbart. Mit Zahlung der Abstandssumme gelten alle festgestellten Mängel als behoben.“ Unter dem 29.12.10 stellte die von der Klägerin mit der Verwaltung beauftragte Streithelferin der Beklagten die vereinbarte Abschlagszahlung in Rechnung. Die Streithelferin rechnete erstmals am 26.8.11 formell wirksam über die Nebenkosten 07 ab. Hierin waren die Vorauszahlungen der Beklagten nur teilweise berücksichtigt. Deshalb leitete die Streithelferin der Beklagten unter dem 4.2.13 eine weitere Abrechnung zu, die nunmehr ein Guthaben von 52.171,23 EUR aufwies. Das Landgericht weist die Klage auf Zahlung der Abstandssumme wegen Verjährung ab und gibt der Widerklage auf Zahlung des Betriebskostenguthabens statt. Das OLG Düsseldorf (5.3.15, I-10 U 164/14) erteilt den Hinweis, dass die Berufung der Streithelferin keine Aussicht auf Erfolg habe, und weist diese mit weiterem Beschluss vom 30.4.15 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück. Der BGH (7.12.16, XII ZR 70/15) weist die Nichtzulassungsbeschwerde zurück.
Entscheidungsgründe
Neben den mietvertraglichen Ansprüchen, für die § 548 BGB unmittelbar gilt, verjähren in entsprechender Anwendung auch alle mit ihm konkurrierenden Ansprüche aus demselben Sachverhalt. Hierzu zählt nach der Rechtsprechung des Senats (18.4.89, NJW-RR 89, 1171; 31.5.90, NJW-RR 91, 208; 15.11.01, 10 U 102/00) auch der Anspruch des Vermieters auf Zahlung des Geldbetrages mit dem der Mieter seine ursprünglich vereinbarte Verpflichtung zur Renovierung des Mietobjekts bei Mietende aufgrund nachträglicher Vereinbarung ablösen soll. Dies entspricht auch der Auffassung des BGH. Danach unterliegt der Bereicherungsanspruch des Mieters, der sich daraus ergibt, dass dieser aufgrund einer unwirksamen Schönheitsreparaturklausel an den Vermieter einen Abgeltungsbetrag für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen zahlt, der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 2 BGB (20.6.12, VIII ZR 12/12; 4.5.11, VIII ZR 195/10). Für den Anspruch des Vermieters auf Zahlung eines Ablösebetrags, der nach der Absprache der Parteien an die Stelle des Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache tritt, kann nach dem Sinn der Zweck der kurzen Verjährung nichts anderes gelten (BGH 8.1.14, XII ZR 12/13).
Damit bleibt es auch in Ansehung der Vereinbarung vom 29.1.08 bei der Anwendung des § 548 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass die Verjährung des Zahlungsanspruchs der Klägerin sechs Monate nach der unstreitig am 29.1.08 erfolgten Rückgabe der Mietsache eingetreten ist. Die Zustellung des erst am 29.11.11 beantragten und am selben Tag erlassenen Mahnbescheids konnte eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht mehr herbeiführen.
Der (vertragliche) Anspruch des Mieters auf Rückzahlung eines Guthabens wegen zu viel geleisteter Betriebskostenvorauszahlungen verjährt gemäß § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß §§ 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres in dem dem Mieter eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung zugegangen ist (Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 6. Aufl. I 34 unter Hinweis auf BGH, 19.12.90, WuM 91, 150). Eine formell ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung ist der Beklagten erstmals mit Schreiben der Streithelferin vom 26.8.11 übermittelt worden. Damit begann die Verjährung frühestens am 31.12.11 (24 Uhr), sodass die Verjährung durch Erhebung der Widerklage (9.7.13) gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt ist.
Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung behandelt mit den Ausführungen zur inhaltlichen Reichweite des § 548 Abs. 1 BGB und zur Verjährung des Mieteranspruchs auf Auszahlung eines Betriebskostenguthabens zwei für die (gewerbliche) Mietpraxis relevante Fragen.
Ablösebetrag für nicht ausgeführte Schönheitsreparaturen
§ 548 Abs. 1 BGB ist Ausprägung des gesetzgeberischen Willens, zwischen den Parteien eines Gebrauchsüberlassungsverhältnisses eine rasche Auseinandersetzung zu gewährleisten und eine beschleunigte Klarstellung der Ansprüche wegen des Zustandes der überlassenen Sache bei ihrer Rückgabe zu erreichen. Verstreicht erst längere Zeit nach Rückgabe der Sache, wird es umso schwerer, den Zustand zu ermitteln. Zudem kann als Folge der Neuvermietung oder einer sonstigen Weitergabe die Feststellung der konkreten Verantwortlichkeit des Mieter/Pächters für eine Verschlechterung der vermieteten Sache zweifelhaft werden. Dementsprechend hat die Rechtsprechung schon zu der Vorgängerregelung des § 558 BGB a.F. angenommen, dass die Vorschrift hinsichtlich ihres Anwendungsbereiches weit auszulegen ist. Durch die Neufassung des § 548 BGB hat sich hieran nichts geändert (BGH, 8.1.14, XII ZR 12/13).
Nach diesem Sinn und Zweck der Verjährungsregelung ist es nur folgerichtig, dass das OLG auch den Anspruch des Vermieters auf Zahlung eines Ablösebetrags, der nach der Absprache der Parteien an die Stelle des Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands der Mietsache treten soll, in den Anwendungsbereich des § 548 Abs. 1 BGB einbezieht. Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde impliziert, dass der BGH das genauso sieht.
Beachten Sie | Darin, dass die Parteien die Ablösevereinbarung im Rückgabeprotokoll wiederholt haben, liegt nach zutreffender Einschätzung des OLG kein neuer selbstständiger Schuldgrund, der nicht der kurzen Verjährung des § 548 Abs. 1 BGB, sondern der Regelverjährung des § 195 BGB unterliegt. Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ist bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten. Von einer Novation darf nur ausnahmsweise ausgegangen werden, sofern die Parteien einen solchen Willen - anders als hier - unzweifelhaft zum Ausdruck bringen (BGH, 21.11.12, VIII ZR 50/12; 22.6.10, VIII ZR 192/09).
PRAXISHINWEIS | Zahlt der Mieter die Ablösesumme nicht zeitnah nach Auszug und Zahlungsaufforderung, sollte der Vermieter innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 548 Abs. 1 BGB rechtzeitig für eine Hemmung der Verjährung sorgen, sei es durch Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1) oder durch Einleitung des Mahnverfahrens (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Wegen des Vorrangs der Leistungsklage scheidet eine Feststellungklage nach § 256 ZPO aus. |
Beachten Sie | Schweben zwischen den Parteien Vergleichsverhandlungen über die Ablösungssumme, gilt § 203 BGB. Schlafen die Verhandlungen ein, endet die Hemmung, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre (BGH 30.4.15, IX ZR 1/13). Haben die Parteien Vergleichsverhandlungen noch nicht ernsthaft aufgenommen, sind diese eingeschlafen, wenn der Mieter auf die Anfrage des Vermieters, ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, nicht innerhalb eines Monats reagiert (BGH, NJW 03, 895).
Anspruch auf Auszahlung eines Betriebskostenguthabens
Für die Verjährung des Nachzahlungsanspruchs des Vermieters aus einer Nebenkostenabrechnung gilt immer noch die Entscheidung des BGH vom 19.12.90 (WuM 91, 150). Das OLG greift diese Entscheidung auf und überträgt sie im Einklang mit dem einschlägigen Schrifttum auf den Anspruch des Mieters auf Auszahlung eines Betriebskostenguthabens.
Das heißt: Sowohl die Verjährung des Vermieteranspruchs auf Zahlung einer Betriebskostennachforderung als auch der Anspruch des Mieters auf Zahlung eines Betriebskostenguthabens beginnen erst mit dem Zugang einer formell wirksamen Betriebskostenabrechnung. Die Verjährung beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre und beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB am Schluss des Jahres (31.12.: 24 Uhr), in dem dem Mieter die Betriebskostenabrechnung zugegangen ist.