· Fachbeitrag · Verlängerungsoption
Ausübungserklärung verspätet und nicht unterschrieben ‒ aber trotzdem wirksam
von RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla RAe PartG mbB, Düsseldorf
| In der Gewerberaummiete passiert es öfter, dass eine Partei ein Optionsrecht zur Verlängerung der Mietzeit verspätet bzw. nicht in der vom Mietvertrag vorgeschriebenen (Schrift-)Form ausübt. In der Entscheidung des OLG Dresden traf beides zu. Nach Auffassung des Senats führen beide Umstände nicht zur Unwirksamkeit, wenn der Vermieter dem Mieter bestätigt, dass die Optionsausübung wirksam zur Vertragsverlängerung geführt hat. |
Sachverhalt
Die Mieterin mietete von der ursprünglichen Vermieterin Gewerberäume. Das Mietverhältnis war zunächst bis zum 1.4.96 befristet. Der Mieterin stand ein fünfmaliges Optionsrecht auf eine Vertragsverlängerung um jeweils fünf Jahre zu. Dieses musste die Mieterin laut Mietvertrag spätestens sechs Monate vor Vertragsende per eingeschriebenen Brief an den Vermieter geltend machen. Das Mietgrundstück wurde an einen Erwerber veräußert, der als neuer Vermieter in den Mietvertrag eingetreten ist (§ 566 Abs. 1 BGB). Die Mieterin übte ihre Optionsrechte zur Verlängerung des Mietvertrags wie folgt aus:
- 1. Option: mit unterschriebenem Einschreiben vom 19.9.95.
- 2. Option: mit nicht unterschriebenem Einschreiben vom 30.10.00. Auf Bitte um Bestätigung des Schreibens wurde es vom Vermieter unterschrieben.
- 3. und 4. Option: mit nicht unterschriebenem Schreiben der Mieterin vom 2.10.05 und undatiertem Schreiben (2010); Bestätigung durch Vermieter.
- 5. Option: mit nicht unterschriebenem Einschreiben vom 9.9.15; Bestätigung durch Vermieter.
Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis ordentlich zum 31.3.16 u. a. weil die Mieterin ihre Optionsrechte nicht formgerecht wahrgenommen habe.
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Entscheidungsgründe
Die Einräumung bzw. bei Verfall die Wiedereinräumung von Optionsrechten zur Verlängerung der Mietlaufzeit bedarf stets der Schriftform des § 550 S. 1 BGB (BGH ZMR 87, 414; OLG Düsseldorf ZMR 13, 431). Hiervon zu unterscheiden ist die Frage nach der Form der Optionsausübungserklärung. Diese Frage ist vom BGH noch nicht entschieden worden und umstritten.
Während teilweise verlangt wird, dass die Optionserklärung stets der Schriftform unterliegt (KG ZMR 13, 702; OLG Köln NZM 06, 464), wird sie im Schrifttum überwiegend als formfrei angesehen (Drettmann in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., II, Rn. 436; Zöll in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 9, Rn. 26).
Beachten Sie | Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für die Vertragspraxis, die schriftliche Ausübung von Optionsrechten im Mietvertrag zu vereinbaren. Dies schon deshalb, um eine klare Beweislage zu schaffen. Auch wenn keine derartige Vereinbarung besteht, sollte ‒ aus Sicherheitsgründen ‒ die Ausübung des Optionsrechts stets schriftlich erfolgen (Burbulla, Aktuelles Gewerberaummietrecht, 3. Aufl., Kap. J, Rn. 27). Zudem empfiehlt es sich, die Wirksamkeit der Optionserklärung davon abhängig zu machen, dass sie dem Erklärungsempfänger bis spätestens zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf der Mietzeit bzw. vor Ablauf eines vorherigen Optionszeitraums (z. B. neun oder zwölf Monate zuvor) zugeht.
Diese Vorgaben waren auch hier im Mietvertrag enthalten. Sie wurden von der Mieterin aber nicht (exakt) gewahrt. Gleichwohl hält der Senat die Optionsausübung für wirksam. Denn der Vermieter könne sich nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 242 BGB) nicht darauf berufen, dass die Mieterin die 2., 3., 4. und 5. Optionserklärung nicht wirksam ausgeübt habe.
Die Parteien hatten als Form für die Optionsausübungserklärung den eingeschriebenen Brief vorgesehen. Eine solche Vereinbarung sei regelmäßig dahin auszulegen, dass nur die Schriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Erklärung vereinbart werden sollte. Der Zugang der Erklärung könne hingegen auch in anderer Weise als durch den Einschreibebrief wirksam erfolgen (BGH NJW 13, 1082). Die Optionsausübungserklärung musste danach nur die Voraussetzung der gewillkürten Schriftform nach § 127 BGB erfüllen.
Beachten Sie | Gesetzlich gehörten zur Schriftform zwar die eigenhändige Unterschrift unter die Erklärung, an der es ab der 2. Optionsausübungserklärung fehlte. Allerdings enthalte § 127 Abs. 2 BGB Erleichterungen der gewillkürten Schriftform, nach denen auch eine nicht eigenhändig unterschriebene Erklärung genüge, wenn sich aus der Erklärung unzweideutig ergebe, von wem sie abgegeben wurde (BGH NJW-RR 99, 697).
- Alle Optionsausübungsschreiben der Mieterin wiesen sie im (Brief-)Kopf als Absender aus und enthalten unter dem Text mindestens den ausgeschriebenen Familiennamen der Mieterin. Von daher sei diesen Anforderungen genüge getan.
- Ab der 2. Optionsausübungserklärung fehle lediglich die eigenhändige Unterschrift, welche bei der gewillkürten Schriftform des § 127 BGB aber nicht zwingend erforderlich sei.
Unschädlich sei es auch, dass die Optionserklärung nicht sechs Monate vor Vertragsende erfolgte, da die Mieterin mit der 2., 3., und 4. Optionsausübungserklärung diese Frist gerade nicht eingehalten habe. Denn es verstieße gegen Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 242 BGB), wenn sich die Vermieterin gegenüber der Mieterin auf diese Fristversäumnis berufen könnte. Denn: Der Vermieter habe mit seinen Unterschriften auf den Optionsausübungserklärungen jeweils gegenüber der Mieterin bestätigt, dass die Optionsausübung wirksam zur Vertragsverlängerung geführt habe.
Die vom Vermieter geleistete Unterschrift auf den Optionsausübungserklärungen sei dahin auszulegen, dass er nicht nur den Empfang der Schriftstücke bestätigen wollte, sondern auch die aus seiner Sicht bestehende Wirksamkeit der Vertragsverlängerung. Maßgeblich für diese Auslegung sei, dass zum einen der Zugang der Optionsausübungserklärung unproblematisch war, da beide Parteien im selben Gebäude Flächen hatten und zum anderen, dass es die Parteien auch in anderem Zusammenhang bei der Durchführung des Mietverhältnisses mit den im Vertrag formulierten Fristen nicht so „genau nahmen“. Ähnlich wie im Fall der Optionsausübungserklärungen des Vermieters akzeptierte die Mieterin z. B. auch eine verspätete Mieterhöhung.
Relevanz für die Praxis
Im Rahmen eines „Vertragsmanagements“ sollte der Optionsausübende darauf achten, dass die im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen über die Optionsausübung eingehalten werden, insbesondere die Ausübungsfrist und der Zugang der Ausübungserklärung. Denn die Optionsausübung erfolgt durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, sie wird daher erst mit Zugang beim Empfänger wirksam (§ 130 Abs. 1 BGB). Die Darlegungs- und Beweislast für den rechtzeitigen Zugang trifft den Optionsausübenden. Da die Vorgaben im Mietvertrag zur Optionsausübung im Fall des OLG Dresden gerade nicht eingehalten waren, kam dort nur eine ausnahmsweise „Rettung“ der verspäteten Optionsausübungserklärung gemäß Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht. Die Sicht des Senats trifft in diesem Zusammenhang allerdings zu. Denn wenn der Erklärungsempfänger schriftlich bestätigt, dass die Optionsausübungserklärung wirksam zur Vertragsverlängerung geführt habe, kann er sich nicht im Nachhinein auf die Fristversäumung berufen.
PRAXISHINWEIS | Hier hatte der Grundstückserwerber als neuer Vermieter die „Bestätigungserklärung“ selbst abgegeben. Ob eine solche außerhalb des Mietvertrags liegende Bestätigungserklärung des ursprünglichen Vermieters allerdings auch einen Grundstückserwerber bindet, der gemäß § 566 Abs. 1 BGB als neuer Vermieter in den Mietvertrag eintritt, erscheint nicht unbedenklich. Von daher sollten die Parteien in einem solchen Fall die verspätete Optionsausübung und eine gleichwohl damit verbundene Mietzeitverlängerung möglichst in einem schriftformkonformen Nachtrag zum Mietvertrag bestätigen. |