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  • · Fachbeitrag · Mietvertragsverlängerung

    Widerspruch gegen die Verlängerungsklausel und Ausübung eines Optionsrechts

    von RA Dr. Rainer Burbulla, Langguth & Burbulla RAe PartG mbB, Düsseldorf

    | Soll ein Mietvertrag verlängert werden, gibt es oft Probleme, wenn er eine Kombination aus Verlängerungsklausel und Optionsklausel enthält. Häufig versäumen es die Parteien, die Mietzeit exakt zu bestimmen, insbesondere ob die Mietzeit die Optionszeiträume einschließen soll oder nicht. Dies führt dann zu unvorhergesehen Ergebnissen. Sei es, dass ein Mietvertrag bereits beendet ist, oder aber der Mietvertrag trotz eines Widerspruchs gegen die Verlängerungsklausel bzw. einer Kündigung bei Ausübung eines Optionsrechts weiterläuft. Letzteres hat jetzt das OLG Dresden beschäftigt. |

     

    Sachverhalt

    Zwischen den Parteien besteht ein Gewerberaummietvertrag für eine an der Hauswand angebrachte Werbetafel. Der Mietvertrag (MV) war bis zum 31.12.17 befristetet. Er enthält in § 5 MV folgende Kündigungs- und Verlängerungsmöglichkeiten:

     

    •  § 5 MV
    • 1. Das Mietverhältnis beginnt am 1.1.08 und endet am 31.12.17
    • 2. Das Mietverhältnis verlängert sich automatisch um weitere 10 Jahre, wenn es nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten vor Ablauf des Mietvertrages […] gekündigt wird.
    • 3. Dem Mieter wird die Option eingeräumt auf eine Verlängerung des Mietvertrages um weitere 10 Jahre […]
     

    Die Klägerin erwarb das Grundstück zum 1.4.13 und trat auf Vermieterseite in den Mietvertrag ein. Mit Schreiben vom 18.7.14 kündigt die Vermieterin den Mietvertrag unter Berufung auf § 5 MV. Die Mieterin übt ihr Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrages um 10 Jahre aus. Mit ihrer Klage macht die Vermieterin die Entfernung der Werbetafel geltend.

     

    Treffen in einem Gewerberaummietvertrag eine Verlängerungsklausel und eine Verlängerungsoption für den Mieter aufeinander und hat der Vermieter der Verlängerung widersprochen, kann der Mieter regelmäßig durch Erklären der Option das Auslaufen des Mietvertrags verhindern (Abruf-Nr. 205307).

     

    Entscheidungsgründe

    Der Senat verneint Entfernungs- und Rückbauansprüche aus § 546 Abs. 1 BGB bzw. aus § 985, § 1004 Abs. 1 BGB. Denn der Mietvertrag sei infolge der Kündigung durch die Vermieterin nicht beendet worden. Vielmehr sei der Mietvertrag durch die Ausübung des Optionsrechts über den 31.12.17 hinaus um weitere 10 Jahre bis zum 31.12.27 verlängert worden.

     

    Der Senat legt die beiden Verlängerungsmöglichkeiten in § 5 Nr. 2 und in § 5 Nr. 3 MV aus. Nach dem Wortlaut sei die Ausübung des Kündigungsrechts nach § 5 Nr. 2 für beide Vertragsparteien genauso wenig von einer Ausübung oder Nichtausübung der Option nach § 5 Nr. 3 MV abhängig wie umgekehrt. Beide Regelungen seien eigenständig. Für die Eigenständigkeit der beiden Rechte spreche auch die separate Regelung im Mietvertrag in jeweils selbstständigen Absätzen. Zudem seien sie in ihrer Ausgestaltung insoweit unterschiedlich, als die Option als Gestaltungsrecht ein aktives Tun zur Vertragsverlängerung erfordere, während bei der Verlängerungsklausel das Unterbleiben einer Willenserklärung zur (automatischen) Verlängerung führe. Die Kombination der eigenständigen Regelung von Verlängerungsklausel einerseits und Optionsrecht andererseits sei zudem in Gewerberaummietverträgen zulässig und üblich.

     

    Dem Wortlaut des § 5 Nr. 3 MV könne nicht entnommen werden, dass das Optionsrecht für die Mieterin davon abhängig sei, dass sich das Mietverhältnis zuvor schon nach § 5 Nr. 2 MV um 10 Jahre ab dem 31.12.17 verlängert habe. Durch die Möglichkeit der Optionsausübung werde auch nicht das Kündigungsrecht der Vermieterin ausgehebelt, sondern es verhielte sich umgekehrt. Die Option müsse regelmäßig bis zum Ende der Kündigungsfrist erklärt werden, weil beide Parteien mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Gewissheit darüber haben sollen, ob das Mietverhältnis mit Ablauf der Mietzeit ende oder fortgesetzt werde. Die gemäß § 5 Nr. 2 MV bis zum 31.8.17 auslaufende Kündigungsfrist habe die Mieterin gewahrt.

     

    Relevanz für die Praxis

    Sollen die Vertragsparteien nach Ablauf der (Fest-)Mietzeit das Mietverhältnis verlängern können, bestehen die folgenden vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. hierzu Burbulla in: MietRB 14, 83 ff.):

     

    • Vereinbarung einer Verlängerungsklausel;
    • Vereinbarung einer Optionsklausel;
    • Vereinbarung von Kombinationsklauseln und
    • Vereinbarung eines Kündigungsverzichts.

     

    Verlängerungsklauseln haben eine automatische Verlängerung des Mietvertrags auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Folge, wenn keine der Parteien innerhalb einer bestimmten Zeit widerspricht oder rechtzeitig kündigt (vgl. Burbulla in: Aktuelles Gewerberaummietrecht, 3. Aufl., Kap. J, Rn. 16). Sie führen mit dem BGH (14.10.15, XII ZR 84/14) also eine Verlängerung des Mietverhältnisses allein durch Schweigen herbei und bewirken, dass das alte Mietverhältnis uneingeschränkt fortgesetzt wird; ein neues Mietverhältnis wird nicht begründet (vgl. BGH 20.12.67, VIII ZR 119/65). Optionsklauseln gewähren dem Optionsberechtigten hingegen das Recht, durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Optionserklärung) den Mietvertrag über die vereinbarte Vertragsdauer hinaus einmalig oder mehrmalig zu verlängern (BGH 14.10.15, XII ZR 84/14).

     

    In der Mietvertragspraxis sind (bereits) Optionsklauseln ungenau formuliert und daher streitanfällig. Dies gilt in besonderem Maße beim Zusammentreffen einer Optionsklausel mit einer (automatischen) Verlängerungsklausel. Bestehen insoweit Widersprüche, die sich nicht durch Auslegung beheben lassen, kann sich (auch) ein Schriftformverstoß (§ 550 BGB) ergeben, der zur vorzeitigen Kündbarkeit des Mietverhältnisses führt (vgl. hierzu OLG Naumburg 7.6.11, 9 U 213/10, widersprüchliche Angaben zur Optionsausübung; in der Entscheidung des OLG Dresden hatten sich die Parteien indes nicht auf einen Schriftformverstoß berufen).

     

     

    Beachten Sie | Aus diesem Grunde sollten die Parteien im Mietvertrag klare und vor allem widerspruchsfreie Regelungen zur automatischen Vertragsverlängerung einerseits und zur Optionsausübung andererseits vereinbaren. Für die Optionsausübung sollten im Mietvertrag ausdrückliche Fristen vorgesehen werden, wobei es unschädlich ist, wenn die Frist zur Optionsausübung und die Kündigungs-/Widerspruchsfrist für die Verlängerungsklausel gleich lang bemessen ist (OLG Düsseldorf 11.7.13, I-24 U 136/12). Was Klauselkombinationen anbelangt, sollten die Parteien klar regeln, wann und wie die Optionsrechte und wann die automatische Verlängerung greifen soll (vgl. hierzu Burbulla, Aktuelles Gewerberaummietrecht, 3. Aufl., Kap. J, Rn. 46). Zweifel bei der Auslegung gehen in einem Formularvertrag zulasten des Vermieters (§ 305c Abs. 2 BGB).

     

    Musterformulierung / Überschrift nach Bedarf

    Mietzeit und Verlängerungsmöglichkeiten

     

    • 1. Das Mietverhältnis beginnt am … („Mietbeginn“) und wird fest bis zum … („Mietende“) abgeschlossen („Festmietzeit“).

     

    • 2. Der Mieter hat das Recht, durch einseitige Erklärung das Mietverhältnis nach Ablauf der Festmietzeit … mal um je … Jahre zu den Bedingungen dieses Vertrages zu verlängern („Optionsrecht“). Die Ausübung eines Optionsrechts erfolgt durch schriftliche Erklärung des Mieters gegenüber dem Vermieter, die diesem mindestens … Monate vor Ablauf der Festmietzeit bzw. der optionsbedingt verlängerten Mietzeit zugegangen sein muss.

     

    • 3. Nach Ablauf der Festmietzeit bzw. der optionsbedingt verlängerten Mietzeit verlängert sich das Mietverhältnis jeweils um … Jahre, falls es nicht … Monate vor Ablauf gekündigt wird.
     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 209 | ID 45547401