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  • · Fachbeitrag · Kleingartenpacht

    Strenge Sitten im Schrebergarten: Pächter muss weiter bewirtschaften oder vollständig räumen

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    In einem (Formular-)Kleingartenpachtvertrag kann wirksam vereinbart werden, dass der abgebende Pächter für den Fall, dass kein Nachpächter vorhanden ist, den Kleingarten bis zur Neuverpachtung unter Fortzahlung der vereinbarten Entgelte und Gebühren zu bewirtschaften oder die Bau-lichkeiten einschließlich Fundamente, befestigte Wege und Anpflanzungen zu entfernen und den Kleingarten im umgegrabenen Zustand zu übergeben hat (BGH 21.2.13, III ZR 266/12, Abruf-Nr. 130924).

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Die Entscheidung ist über den im Leitsatz behandelten Bereich des Kleingartenrechts hinaus von allgemeiner Bedeutung für die Rückgabe von Miet- oder Pachtgrundstücken mit vom Mieter/Pächter errichteten Aufbauten.

     

    Werden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen von einem Pächter auf dem von ihm genutzten Grundstück eingebracht und mit diesem fest verbunden, spricht eine Vermutung dafür, dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Pachtverhältnisses und damit nur zu einem vorübergehenden Zweck i.S. des § 95 Abs. 1 S. 1 BGB geschehen sollte. Das heißt: Die eingebrachten Sachen gehen als bloße „Scheinbestandteile“ nicht gemäß §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Sie verbleiben im Eigentum des Pächters (BGH VIZ 03, 391; BGHZ 92, 70; 104, 298; NJW 87, 774).

     

    Weder die massive Bauart des Gebäudes noch die lange Dauer des Vertrags genügen, um diese Vermutung zu entkräften. Hierfür ist nach der zitierten BGH-Rechtsprechung vielmehr erforderlich, dass der Pächter bei der Einbringung den Willen hat, die Sache bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in das Eigentum des Verpächters beziehungsweise eines dritten Grundstückseigentümers fallen zu lassen. Das heißt: Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen, die entweder vom Pächter (hier: Kleingartenpächter) selbst errichtet oder von einem Vorpächter eingebracht und sodann vom Pächter übernommen worden sind, befinden sich im Eigentum des Pächters und nicht im Eigentum des Verpächters oder eines dritten Grundstückseigentümers.

     

    Der Verpächter muss grundsätzlich nicht hinnehmen, dass der Pächter die in dessen Eigentum stehenden Baulichkeiten, Anlagen und Anpflanzungen auf dem Grundstück belässt. Vielmehr kann er vom Pächter gemäß § 546 Abs. 1, § 581 Abs. 2 BGB die Entfernung dieser Sachen verlangen. Die Räumungspflicht trifft auch den Kleingartenpächter (§ 4 BKleingG). Sie umfasst neben der Übergabe des unmittelbaren Besitzes an dem Grundstück auch die Entfernung von Baulichkeiten, Anlagen, Einrichtungen und Anpflanzungen, die der Pächter eingebracht oder von seinem Vorpächter übernommen hat, soweit diese Sachen nicht vereinbarungsgemäß vom Verpächter oder vom nachfolgenden Pächter zu übernehmen sind (BGH NJW 81, 2564; BGHZ 96, 141; NJW-RR 94, 847, 848).

     

    Merke | Im Landpachtrecht genügt der Pächter seiner Rückgabepflicht gemäß § 596 Abs. 1 BGB, wenn die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses dem Zustand einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht. Das heißt: Die üblichen Anpflanzungen müssen/dürfen auf dem Grundstück verbleiben (MüKo/Stresemann, BGB, 6. Aufl., § 95 Rn. 10).

     

    Demgegenüber richtet sich die Räumungspflicht des Kleingartenpächters gemäß § 4 BKleingG nach den allgemeinen Grundsätzen der § 581 Abs. 2, § 546 Abs. 1 BGB. In diesem Rahmen hält auch die Leitsatz genannte Klausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 130 | ID 39830090