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  • · Fachbeitrag · Schadenersatz

    Wirksamkeit einer Schriftsatzkündigung gegenüber einem Anwalt im elektronischen Rechtsverkehr

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Der BGH hat zeitgleich mit einem Verfahren, in dem es auf die Wirksamkeit einer Kündigung ankam, die in einem elektronisch an das Gericht übermittelten Schriftsatz enthalten war und einer nicht anwaltlich vertretenen Partei zugestellt wurde (s. o., S. 42 in dieser Ausgabe), entschieden, wie die materiell-rechtlichen Fragestellungen zum Wirksamwerden einer Schriftsatzkündigung im elektronischen Rechtsverkehr bei anwaltlicher Vertretung des Mieters zu beantworten sind. Lesen Sie selbst! |

    Sachverhalt

    Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Im Zeitraum 1/19 bis 7/20 nahm sie keine Mietzahlungen vor, sodass ein Mietrückstand in Höhe von 7.155,40 EUR entstand. Das AG hat die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung durch Versäumnisurteil zunächst abgewiesen. Mit elektronischem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und erstmals gegenüber der Beklagten die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen des Zahlungsrückstands erklärt. Der Schriftsatz war durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin namentlich gekennzeichnet sowie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Er ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch das AG elektronisch übermittelt worden. Das AG hat das Versäumnisurteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem LG Erfolg. Mit der vom LG zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils (BGH 27.11.24, VIII ZR 155/23, Abruf-Nr. 245970).

    Entscheidungsgründe

    Die Revision der Klägerin hatte Erfolg, führte aber „nur“ zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LG. Mit der Begründung des LG konnte die Nichtigkeit der in der Einspruchsschrift enthaltenen Kündigungserklärung wegen Formunwirksamkeit nach § 125 S. 1 BGB nicht angenommen werden. Der BGH folgt nicht der ‒ in Rechtsprechung und Literatur geteilten ‒ Annahme des LG, die Legitimationswirkung einer qualifizierten elektronischen Signatur bestehe nur gegenüber dem Gericht, sodass ein qualifiziert elektronisch signierter elektronischer Schriftsatz nicht formwahrend vom Gericht elektronisch an den Kündigungsempfänger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten weitergeleitet werden könne. Auch in dieser Entscheidung schließt der BGH zunächst eine rückwirkende Anwendung des seit dem 17.7.24 geltenden § 130e ZPO auf bereits vor diesem Zeitpunkt ausgesprochene Kündigungen aus.