Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Besitzschutzanspruch

    Balkonraucher müssen einer Gebrauchsregelung nach Zeitabschnitten zustimmen

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    • 1. Die Störung eines Mieters in seinem Besitz durch den Tabakrauch eines anderen Mieters, der auf dem Balkon seiner Wohnung raucht, ist auch dann eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB, wenn dem anderen Mieter im Verhältnis zu seinem Vermieter das Rauchen gestattet ist.
    • 2. Nach dem auf den Besitzschutzanspruch (§ 862 Abs. 1 BGB) entsprechend anzuwendenden Maßstab des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter Einwirkungen durch das Rauchen eines anderen Mieters nicht verbieten, wenn sie einen verständigen Nutzer in dem Gebrauch der Mietsache nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen.
    • 3a. Der Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 S. 2 BGB besteht auch gegenüber wesentlichen Beeinträchtigungen nicht uneingeschränkt, weil der durch den Rauch gestörte Mieter auf das Recht des anderen Mieters Rücksicht nehmen muss, seine Wohnung vertragsgemäß zu nutzen, wozu grundsätzlich auch das Rauchen in der eigenen Wohnung gehört.
    • 3b. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme führt im Allgemeinen zu einer Gebrauchsregelung. Für die Zeiten, in denen beide Mieter an einer Nutzung ihrer Balkone interessiert sind, sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf.
    • 4a. Gesundheitsschädliche Immissionen durch Tabakrauch sind wesentliche Beeinträchtigungen, die nicht geduldet werden müssen. Das gilt auch im Verhältnis von Mietern untereinander.
    • 4b. Der Mieter, der unter Berufung auf die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens von einem anderen Mieter verlangt, das Rauchen auf dem Balkon zu unterlassen, muss das sich aus den Nichtraucherschutzgesetzen ergebende Indiz erschüttern, dass mit dem Rauchen im Freien keine solchen Gefahren einhergehen.
     

    Sachverhalt

    Die Parteien sind Mieter in einem Mehrfamilienhaus. Die Kläger wohnen im ersten Stock, die Beklagten im Erdgeschoss. Die Balkone der Wohnungen liegen übereinander. Die Beklagten sind Raucher und nutzen ihren Balkon mehrmals am Tag zum Rauchen. Der Umfang des täglichen Zigarettenkonsums ist streitig. Die Kläger fühlen sich als Nichtraucher durch den aufsteigenden Tabakrauch im Gebrauch ihrer Wohnung gestört. Ihre Klage, die Beklagten zu verurteilen, das Rauchen auf dem Balkon während bestimmter Stunden zu unterlassen, scheitert in den Instanzen. Ihre Revision hat Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis zu Leitsatz 1

    Um die Frage zu beantworten, ob dem nichtrauchenden gegen den rauchenden Mieter wegen einer Störung seines Besitzes ein Abwehranspruch nach § 862 Abs. 1, § 858 Abs. 1 BGB zusteht, müssen die Rechtsbeziehungen der Mieter untereinander und das Rechtsverhältnis zwischen dem rauchenden Mieter und seinem Vermieter auseinandergehalten werden.