· Fachbeitrag · Betriebskostenumlage
Auch im preisgebundenen Wohnraum zählen die tatsächlichen Flächenverhältnisse
| Die Parteien streiten bei der Betriebskostenabrechnung darüber, ob und in welchem Umfang die Grundfläche einer mitvermieteten Mansarde auf die im preisgebundenen Mietvertrag mit konkreter Quadratmeterzahl vereinbarte Wohnfläche anrechenbar ist. Der BGH entscheidet zugunsten der Mieter. |
Sachverhalt
Im 11/1979 geschlossenen Mietvertrag heißt es: „Die Wohnfläche beträgt 120,05 m². […] Die Wohnung ist preisgebunden.“ Zu der Wohnung der Beklagten gehört eine Mansarde im 5. OG mit einer Deckenhöhe von 1,90 m. In der „Wohnungsbeschreibung und Übergabeverhandlung“, auf welche der Mietvertrag verweist, ist die Grundfläche der Mansarde mit 16,95 m² angegeben.
Die Klägerin hat ihrer Betriebskostenabrechnung eine Wohnfläche von 120,05 m² (einschließlich Mansarde) zugrunde gelegt. Die Beklagten halten die Mansarde für nicht anrechenbar. Sie bemessen die Wohnfläche nur mit 103,10 m². Widerklagend begehren sie die Rückzahlung überzahlter Miete und machen geltend, die tatsächliche Wohnfläche bleibe mehr als 10 Prozent hinter der vereinbarten Wohnfläche zurück. Die Beklagten werden in den Instanzen antragsgemäß verurteilt, die Widerklage scheitert. Ihre Revision hat Erfolg.
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(Abruf-Nr. 207058) |
Relevanz für die Praxis
Nachdem der BGH bereits bei Mieterhöhungen nach § 558 BGB seine 10-Prozent-Rechtsprechung zur Relevanz einer Wohnflächenabweichung aufgegeben hatte (MK 16, 25, Abruf-Nr. 145948), gab er sie auch für die Abrechnung der Betriebskosten einer preisfreien Wohnung auf (MK 18, 149, Abruf-Nr. 201849). Maßgebend ist danach die tatsächliche Wohnfläche der betroffenen Wohnung und zwar bezogen auf ihren Anteil an der in der Wirtschaftseinheit tatsächlich vorhandenen Gesamtwohnfläche. Vorausgesetzt natürlich, dass Betriebskosten nach gesetzlichen Vorgaben (etwa § 556a Abs. 1 BGB; § 7 Abs. 1 HeizkV) ganz oder teilweise nach Wohnflächenanteilen umgelegt werden.
Konsequent überträgt der BGH seine Rechtsprechung auf den preisgebundenen Wohnraum (LS 1). Das heißt: Wie bei § 556a Abs. 1 S. 1 BGB ist auch bei § 20 Abs. 2 S. 1 NMV 1970 für die Umlage von Betriebskosten nach Fläche nicht auf die vereinbarte Wohnfläche, sondern auf die tatsächliche Fläche abzustellen. Darauf, dass hier eine Flächenabweichung von unter 10 Prozent vorlag und damit kein Mangel i. S. d. § 536 Abs. 1 BGB, kommt es nicht an.
Beachten Sie | Da der Mietvertrag 1979 geschlossen wurde, ist die Wohnfläche unmittelbar anhand der für preisgebundenen Wohnraum bis zum 31.12.03 geltenden II. BV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.10.90 (BGBl. I S. 2178) zu ermitteln. Die Rechtslage ist zumindest für die, die nicht täglich damit befasst sind, kompliziert. Die II. BV ist zwar zum 1.1.04 außer Kraft getreten und durch die WoFlV ersetzt worden. Sie gilt aber gem. § 5 WoFlV und § 42 II. BV n.F. für Wohnraum weiter, der bis zum 31.12.03 errichtet wurde, weiter. Ausnahme: Es wurden ab dem 1.1.04 bauliche Veränderungen vorgenommen.
Der BGH entscheidet zutreffend, dass auch die als Wohnraum mitvermietete Mansarde Teil der Wohnfläche ist. Folge: Gem. § 44 Abs. 1 Nr. 2 II. BV (ebenso § 4 Nr. 2 WoFlV) ist die unstreitige Grundfläche der Mansarde von 16,95 m² nur zur Hälfte anzurechnen, weil ihre lichte Höhe nur 1,90 m, d. h. weniger als 2 m beträgt. Damit beträgt die tatsächliche Wohnfläche nur 111,57 m². Das heißt: Die Betriebskosten sind nach dem anteiligen Verhältnis der tatsächlichen Wohnfläche (111,57 m²) an der Gesamtwohnfläche des Hauses umzulegen. Dieses Verhältnis wird das Berufungsgericht ‒ ggf. unter Berücksichtigung ergänzenden Parteivortrags ‒ in der neuen Verhandlung festzustellen haben.
Der BGH betont die besondere Bedeutung der korrekten Berechnung der Gesamtwohnfläche. Liegt es ‒ wie hier ‒ nicht fern, dass das betreffende Anwesen sowie das zur Abrechnungseinheit gehörende Nachbarobjekt der Klägerin weitere (als Wohnraum vermietete) Mansarden aufweisen, hat auch deren anzurechnende Grundfläche Einfluss auf die Gesamtwohnfläche.
Beachten Sie | Die Mansarde weist zu weniger als die Hälfte ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mehr als 2,20 m auf. Sie gilt deshalb nach den Bestimmungen der Hessischen LBauO nicht als Aufenthaltsraum. Das heißt: Es liegt eine öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkung vor. Die Mansarde hätte nicht als Wohnraum vermietet werden dürfen. Mit eben dieser Begründung haben die Beklagten vergeblich versucht, die teilweise Einbeziehung der Mansarde in die Wohnflächenberechnung zu verhindern.
Beachten Sie | Der BGH überträgt seine ständige Rechtsprechung zur Mietminderung (zuletzt MK 17, 85, Abruf-Nr. 190401) auch auf die Abrechnung der Betriebskosten. Das heißt: Hier wie dort sind öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen vermieteter Wohnräume nur entscheidungsrelevant, wenn die Nutzbarkeit der vermieteten Räume aufgrund des Einschreitens der Behörden ‒ anders als hier ‒ tatsächlich eingeschränkt ist.
PRAXISTIPP | Vermieter sollten die Wohnfläche vorsorglich anhand der II. BV bzw. der WoFlV ausmessen lassen. Das erspart Streitigkeiten mit dem Mieter und muss für den Vermieter nicht zwingend wirtschaftlich nachteilig sein. |