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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Rückforderung von Nebenkosten im Prozess

    von RA Florian Evertz, Memmingen, www.anwaltmemmingen.de 

    | Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit der Mieter im laufenden Prozess - also im Verfahren erster und zweiter Instanz - geleistete Vorauszahlungen auf vereinbarte Nebenkosten zurückfordern kann. |

    1. Der Ausgangsfall

    Im laufenden Mietverhältnis können Nebenkostenvorauszahlungen nicht deshalb zurückverlangt werden, weil der Vermieter über die Nebenkosten verspätet abrechnet. Einen solchen Anspruch hat ein Mieter nur bei einem beendeten Mietverhältnis (BGH 9.3.05, VIII 57/04, NJW 05, 1499).

     

    Der Vermieter klagte auf Zahlung von 1101,35 EUR bestehend aus 270 EUR rückständiger Miete und 831,35 EUR Schadenersatz für beim Auszug der Mieterin zu erneuernden Parkettboden. Im laufenden Prozess trägt die Mieterin vor:

    • Der Parkettboden sei fehlerhaft verlegt gewesen. Sie habe dem Vermieter von Anfang an erklärt, zweimal am Tag feucht wischen zu müssen (Hund).
    • Der Vermieter habe keine Nebenkostenabrechnung für 2011/2012 erstellt, sie „rechne“ daher insgesamt mit 1530 EUR Nebenkostenvorauszahlung auf.
     

    2. Die Entscheidung des AG

    Das AG wies die Klage ab. Es stellt fest, dass der Vermieter nicht innerhalb der zwölfmonatigen Frist (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB) über die Nebenkosten abgerechnet hat, weil er den Zugang der Abrechnung nicht bewiesen hat. Die Nebenkostenvorauszahlung von 1530 EUR ist daher zumindest bis zur Höhe der Forderung des Vermieters aufrechnungsfähig. Ob der Parkettboden beschädigt gewesen ist kann deshalb dahinstehen.

     

    Problematisch war, dass die Mieterin die Nebenkosten mit der pauschalen Begründung zurückforderte, es sei überhaupt nicht abgerechnet worden. Dem hielt der Vermieter zunächst entgegen, eine Rückforderung sei nicht gerechtfertigt, schließlich habe die Mieterin Nebenkosten tatsächlich „verbraucht“. Erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung kam zur Sprache, dass die Mieterin ausdrücklich den Zugang einer Nebenkostenabrechnung bestritt. Fünf Tage nach Schluss der mündlichen Verhandlung ließ der Vermieter vortragen, die Nebenkostenabrechnung sei der Mieterin im Beisein eines Zeugen in den Briefkasten geworfen worden. Obwohl der Vermieter den Zeugen auch benannte, betrachtete das AG diesen Vortrag als verspätet und zudem nicht glaubhaft (AG Leutkirch 3.5.13, 2 C 53/13).

    3. Die Entscheidung des LG

    Das LG folgte dieser Ansicht nicht. Zwar ist die Frage der Nebenkostenabrechnung von den Parteien im Vorfeld der mündlichen Verhandlung beim AG problematisiert worden, allerdings hatte die Mieterin pauschal ausgeführt, es sei nicht abgerechnet worden. Die Frage des Zugangs hat sich aber letztlich erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt. Der Vermieter hatte seine Berufung darauf gestützt, dass das AG zumindest eine Schriftsatzfrist im Nachgang an die mündliche Verhandlung hätte einräumen oder frühzeitig den richterlichen Hinweis nach § 139 ZPO hätte erteilen müssen, zur Frage des Zugangs der Nebenkostenabrechnung Stellung zu nehmen. Da nun exakt diese Frage nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erster Instanz offen blieb, entschied das LG, dass insoweit Beweis hätte erhoben werden können und müssen. Dem Vermieter ist es dann in zweiter Instanz gelungen, den Zugang der Nebenkostenabrechnung wirksam darzulegen (LG Ravensburg 30.1.14, 1 S 90/13, Abruf-Nr. 141171).

     

    Damit kam es nur noch darauf an, ob der Schadenersatzanspruch des Vermieters daran scheitert, dass der Parkettboden mangelhaft verlegt war. In dem Zusammenhang beschränkte sich das LG darauf, die Mieterin zu befragen, wie oft sie den Parkettboden nass gesäubert habe und ob entsprechende Schäden auch im Rahmen des Übergabeprotokolls zu Beginn des Mietverhältnisses festgehalten wurden. Ein Übergabeprotokoll gab es nicht.

     

    Das LG erklärte, aus eigener Sachkenntnis ist es ohne Weiteres möglich zu beurteilen, ob es denkbar ist, einen Parkettboden - zweimal am Tag - mit frischem Wasser zu reinigen. Das ist zwar möglich, dabei ist es aber auch nahe liegend, dass das Wasser in die Fugen eindringt. Lichtbildaufnahmen wurden vorgelegt - zu sehen war, dass sich der gesamte Boden - insbesondere im Bereich der Fugen - aufwölbte. Das LG stellte der Mieterin anheim, einen Sachverständigen zu beauftragen, der beurteilen müsse, ob der Boden fach- und sachgerecht verlegt ist. Die Wahrscheinlichkeit spreche im vorliegenden Fall aber für einen Wasserschaden. Das LG regte daher an, den vom Vermieter geltend gemachten Anspruch anzuerkennen oder eine den Zahlungsmöglichkeiten der Mieterin angepasste Einigung herbeizuführen. In Ansehung dieser Empfehlung verpflichtete sich die Mieterin dann, den Großteil der vom Vermieter geltend gemachten Forderung zu begleichen.

     

    PRAXISHINWEIS | Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich immer, ein Übergabeprotokoll anzufertigen und zwar sowohl beim Einzug als auch beim Auszug. Dieses Protokoll sollte von beiden Mietparteien unterzeichnet werden.

    Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist binnen 12 Monaten über die Nebenkosten abzurechnen. Wie der vorliegende Fall zeigt ist die Abrechnung selbst nicht ausreichend. Insbesondere muss der Vermieter dafür Sorge tragen, dass diese Abrechnung vom Mieter zur Kenntnis genommen werden kann.

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Frage der Abrechnungsreife nach Rechtshängigkeit der Vorschussklage, Geldmacher, MK 13, 140 (1. Instanz) und MK 13, 158 (2. Instanz)
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 86 | ID 42626598