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  • · Fachbeitrag · Eigenbedarfskündigung

    Beabsichtigte Mischnutzung zu Wohnzwecken und Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Mit seinem Urteil vom 9.6.17 (VIII ZR 45/16) hatte der BGH den „unglücklichen“ Leitsatz einer viel diskutierten Entscheidung vom 26.9.12 (VIII ZR 330/11 ) „eingefangen“. Dieser hatte den Eindruck entstehen lassen, dass der Tatbestand des § 573 Abs. 1 BGB als Generalklausel alle Fälle auffängt, bei denen es nicht für die Tatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarfskündigung) oder Nr. 3 (Verwertungskündigung) reicht. Im konkreten Fall hatte der Vermieter den Wohnraummietvertrag gekündigt, damit seine Frau in der Wohnung künftig (ausschließlich) ihre Anwaltskanzlei betreibt. Diese neuere Rechtsprechung führt der BGH nun fort. Darüber hinaus hat er aktuell die Grenzen des Mieterschutzes nach § 577a BGB angesprochen (Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung) sowie die Frage, ob sich eine fehlende, aber erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung auf die Wirksamkeit der Kündigung auswirkt. |

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten bewohnen seit 1977 eine Dreizimmerwohnung in Berlin. Sie schlossen im September 1982 einen schriftlichen Mietvertrag, nach dem das Mietverhältnis am 1.7.82 beginnen sollte. § 2 Ziffer 2 des Mietvertrags sieht eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten vor, wenn seit Überlassung der Wohnung zehn Jahre vergangen sind. Im Juli 2013 wurde das Haus in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Im Jahr 2018 erwarb der Kläger das Eigentum an der Wohnung. Mit Schreiben vom 24.1.21 erklärte er unter Berufung auf § 573 Abs. 1 BGB die ordentliche Kündigung zum 31.10.21. Er begründete dies u. a. damit, die Räume künftig überwiegend für seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt nutzen und dort auch seinen Wohnsitz begründen zu wollen, nachdem das Mietverhältnis über die bisher genutzten Kanzlei- und Wohnräume zu diesem Zeitpunkt ende. Dieser Wunsch stelle ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses dar („Betriebsbedarf“).

     

    Am 11.2.21 bestätigte das Bezirksamt den Eingang einer „Vorabanzeige“ des Klägers über die beabsichtigte teilgewerbliche Nutzung der Wohnung und bat um weitere Unterlagen, die dieser am 15.2.21 übersandte. Mit Schreiben vom 26.8.21 teilte das Bezirksamt dem Kläger mit, dass die Genehmigung der beantragten gewerblichen Zweckentfremdung der Wohnung beabsichtigt sei, sofern es sich bei dieser um die Hauptwohnung des Klägers handele. In der Klageschrift vom 23.8.21 sprach der Kläger vorsorglich erneut die ordentliche Kündigung wegen „Betriebsbedarfs“ aus. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Die vom Kläger eingelegte Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung (BGH 10.4.24, VIII ZR 286/22, Abruf-Nr. 241475).

     

    Entscheidungsgründe

    Ebenso wie das LG stellt der BGH zunächst fest, dass im Streitfall weder der Kündigungstatbestand des Eigenbedarfs gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB noch der einer Verwertungskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB gegeben ist.

     

    Da zurzeit der Kündigungserklärung noch keine zehn Jahre seit Erwerb der Wohnung durch den Kläger verstrichen waren, war diese nicht bereits nach § 577a Abs. 1, 2 BGB i. V. m. § 2 der Kündigungsschutzklausel-Verordnung Berlin (Fassung 2013) wegen Nichteinhaltung der Kündigungssperrfrist unwirksam.

     

    MERKE | Gemäß § 577a Abs. 1 BGB kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen, wenn an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist. Nach Abs. 2 der Vorschrift beträgt die Frist bis zu zehn Jahre, wenn die Wohnung in einem durch Gebietsverordnung der Landesregierung ausgewiesenen angespannten Wohnungsmarkt liegt. Die Regelung ist im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes 2013 (BT-Drucksache 17/10485) ergänzt worden, um den Schutz des Mieters vor Eigenbedarfskündigungen des Gesellschafters einer erwerbenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem „Münchener Modell“ auszudehnen, mit dem der Kündigungsschutz des § 577a BGB umgangen worden war.

     

    Hier wollte der Kläger die Mieträume gemischt nutzen, nämlich zur Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit als Anwalt und für eigene Wohnzwecke.

     

    Beachten Sie | Dem Kläger ging es ‒ anders als bei einer Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) ‒ nicht (allein) um die Realisierung des den Mieträumen innewohnenden materiellen Werts (i. S. d. Ertragskraft), z. B. durch Vermietung oder Veräußerung, sondern (auch) um das Ermöglichen einer unter Einsatz dieses „Sachmittels“ ausgeübten (frei-)beruflichen Tätigkeit (BGH 29.3.17, VIII ZR 45/16). Andererseits liegt auch kein Fall des Eigenbedarfs i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB vor, weil die geschäftliche Mitnutzung der Mieträume die beabsichtigte Nutzung für eigene private Wohnzwecke überwiegen soll.

     

    Zu beantworten war daher die Frage, welches Gewicht das „berechtigte Interesse“ i. S. d. § 573 Abs. 1 BGB haben muss, wenn weder der typisierte Regeltatbestand des Abs. 2 Nr. 2 (Eigenbedarf) noch der der Nr. 3 (Verwertung) vorliegt. Das LG hatte angenommen, die Vorenthaltung der Mietsache müsse für den Kläger nicht nur einen beachtenswerten, sondern einen gewichtigen Nachteil begründen, weil die Kündigung innerhalb der zehnjährigen Sperrfrist nach § 577a Abs. 1, 2 BGB erklärt worden ist. Diese Anforderungen hält der BGH für zu hoch. Ausreichend sei ein beachtenswerter bzw. anerkennenswerter Nachteil. Die Eckpunkte des so definierten Nachteils erläutert der BGH nachfolgend.

     

    Beachten Sie | Das Bestehen eines berechtigten Interesses ist im Rahmen des generalklauselartigen Kündigungstatbestands des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB ‒ anders als bei den Kündigungsgründen in Abs. 2 ‒ aufgrund einer einzelfallbezogenen Bewertung und Abwägung der beiderseitigen Belange der Mietvertragsparteien festzustellen. Voraussetzung ist dabei zunächst, dass der Vermieter vernünftige Gründe für die Inanspruchnahme der Wohnung hat, die den (ernsthaft verfolgten) Nutzungswunsch nachvollziehbar erscheinen lassen. Zudem kommt es darauf an, ob das vom Vermieter geltend gemachte Interesse ebenso schwer wiegt wie die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführten Kündigungsgründe.

     

    Im Rahmen der Interessenbewertung und -abwägung zu beachten ist zudem die verfassungsrechtliche Dimension der geschützten Interessen: Sowohl die Rechtsposition des Vermieters als auch das von diesem abgeleitete Besitzrecht des (vertragstreuen) Mieters werden von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützt (BVerfG 26.5.93, 1 BvR 208/93; BGH 29.3.17, VIII ZR 45/16). Der damit im Fall der Kündigung einer Wohnung bestehende Konflikt zweier widerstreitender verfassungsrechtlicher Eigentumsverbürgungen ist unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzgebers sowie unter Gewichtung und Abwägung des betroffenen Erlangungsinteresses des Vermieters und des Bestandsinteresses des Mieters im konkreten Einzelfall zu lösen.

     

    Es kommt zunächst darauf an, mit welchem der beiden Regeltatbestände das vom Vermieter geltend gemachte Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses am ehesten vergleichbar ist. Da die Tatbestandsmerkmale der Regeltatbestände nicht vollständig erfüllt sind, das angeführte Interesse jedoch ebenso schwer wiegen muss, muss ein weiterer, für das Erlangungsinteresse des Vermieters sprechender Gesichtspunkt gegeben sein. Ob das geltend gemachte Interesse des Vermieters eine größere Nähe zu einem der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB aufgeführten typisierten Regeltatbestände aufweist und ob ihm ein diesen Regeltatbeständen entsprechendes Gewicht zukommt, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls; eine allgemein verbindliche Festlegung verbietet sich auch insoweit. Es lassen sich lediglich anhand bestimmter Fallgruppen grobe Leitlinien bilden.

     

    Beachten Sie | So weist etwa der ernsthafte, auf nachvollziehbare und vernünftige Gründe gestützte Entschluss des Vermieters, die Mietwohnung nicht nur zu Wohnzwecken zu beziehen, sondern dort zugleich überwiegend einer (frei-)beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit nachzugehen, eine größere Nähe zum Tatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB als zum Tatbestand der Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB auf. In solchen Fallgestaltungen macht der Vermieter nicht nur von seiner durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ebenfalls geschützten Rechtsposition Gebrauch, sein Wohnungseigentum zu eigenen geschäftlichen Zwecken zu nutzen, sondern er will in der Mietwohnung auch einen persönlichen Lebensmittelpunkt begründen.

     

    Da die Besonderheit darin besteht, dass ein Tatbestandsmerkmal des typisierten Regeltatbestands des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB fehlt, nämlich eine alleinige oder zumindest überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken, ist zusätzlich zu den Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung ein weiterer Gesichtspunkt zu fordern, der für das Erlangungsinteresse des Vermieters spricht. Wegen der deutlichen Nähe des Nutzungswunsches zum Tatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB muss die Vorenthaltung der Mieträume für den Vermieter jedoch keinen gewichtigen Nachteil begründen; es genügt bereits ein beachtenswerter Nachteil. Dem Erlangungsinteresse des Vermieters ist in solchen Fällen deshalb regelmäßig bereits der Vorzug vor dem Bestandsinteresse des Mieters zu geben, wenn der ernsthaft verfolgte Nutzungswunsch von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen wird und dem Vermieter bei einem ihm verwehrten Bezug der Mieträume ein nach den Umständen des Falles anerkennenswerter Nachteil entstünde. Bei einer auf nachvollziehbaren und vernünftigen Erwägungen beruhenden Lebens- und Berufsplanung des Vermieters sollte das nach Einschätzung des BGH bei lebensnaher Betrachtung häufig der Fall sein. Er bestätigt aber, dass höhere Anforderungen zu stellen sein dürften, wenn die Nutzung zu Wohnzwecken einen völlig untergeordneten Raum einnimmt (so schon: BGH 29.3.17, VIII ZR 45/16 [Archiv mit Büroplatz]).

     

    Der BGH teilt nicht die Auffassung des LG, dass die Wertungen des § 577a Abs. 1, 2 BGB in den Fällen in die Interessenabwägung nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB einfließen müssten, in denen ein Vermieter ‒ wie hier der Kläger ‒ die Wohnung nach deren Umwandlung in Wohnungseigentum erworben hat und nunmehr das Mietverhältnis wegen einer von ihm beabsichtigten Mischnutzung ordentlich kündigt (wird ausgeführt). Der BGH verweist darauf, dass der Gesetzgeber den mit der Kündigungssperrfrist bezweckten erhöhten Schutz des Mieters vor Kündigungen des Erwerbers ausdrücklich und bewusst auf die in § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB geregelten Fälle der Eigenbedarfs- und Verwertungskündigung beschränke. Demnach diene § 577a BGB gerade nicht einem umfassenden Schutz des Mieters vor einer ordentlichen Kündigung nach der Bildung von Wohnungseigentum und anschließender Veräußerung des neu geschaffenen Eigentums. Bei § 577a BGB handele es sich um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift, die auch dann nicht (analog) auf andere Kündigungsgründe i. S. d. § 573 Abs. 1 S. 1 BGB anzuwenden sei, wenn der Vermieter sein berechtigtes Interesse an der Kündigung aus Umständen herleitet, die einer Eigenbedarfssituation ähneln.

     

    Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das LG ‒ von seinem Standpunkt aus folgerichtig ‒ von einer Beweisaufnahme über den bestrittenen Vortrag des Klägers zur beabsichtigten Nutzung und zu den sich für ihn ergebenden Nachteilen bei einem verwehrten Bezug der Mieträume abgesehen hatte.

     

    Beachten Sie | Die Argumentation der Beklagten zur „Rettung“ der Entscheidung aus anderen Gründen gab dem BGH Anlass, zu zwei weiteren Gesichtspunkten Stellung zu nehmen: Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bei den Beklagten hatte das zuständige Bezirksamt noch keine Zweckentfremdungsgenehmigung erteilt. Diese ist für die vom Kläger überwiegend beabsichtigte Nutzung der Mieträume zu (frei-)beruflichen Zwecken gemäß § 1 Abs. 1, 2 S. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 5 Zweckentfremdungsverbot-Gesetz des Landes Berlin vom 29.11.13 (ZwVbG Berlin) i. V. m. § 1 Abs. 1 Zweckentfremdungsverbot-Verordnung des Landes Berlin vom 4.3.14 (ZwVbVO Berlin) erforderlich.

     

    Ob die Wirksamkeit der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses davon abhängt, dass eine nach den jeweiligen öffentlich-rechtlichen Landesvorschriften erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung (spätestens) im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung beim Mieter vorliegt, ist vor allem für Verwertungskündigungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB umstritten (dafür etwa AG Hamburg 7.2.07, 46 C 109/06; AG Köln 27. 2.18, 201 C 202/17; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, § 573 BGB Rn. 76; MüKo/Häublein, BGB, § 573 Rn. 128; dagegen LG Mannheim NZM 04, 256; BeckOGK-BGB/Geib, Stand: 1.1.24, § 573 Rn. 114). Die Frage wird ebenso für den Kündigungsgrund des § 573 Abs. 1 BGB diskutiert (LG Hamburg 12.2.21, 307 S 16/20).

     

    Der BGH wirft die von ihm bislang nicht entschiedene Frage auf, beantwortet sie aber nicht. Sie bedurfte im Streitfall keiner Entscheidung, denn das zuständige Bezirksamt hatte sich bereits im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigungserklärung aufgrund einer „Vorabanzeige“ des Klägers mit der Prüfung der Zulässigkeit der teilgewerblichen Nutzung der Mieträume befasst. Das Bezirksamt hat ‒ der BGH betont: vor Zustellung der Klageschrift mit der darin enthaltenen (weiteren) Kündigungserklärung ‒ mitgeteilt, dass die Genehmigung der angezeigten Mischnutzung der Mieträume beabsichtigt sei, sofern es sich ‒ wie nach dem feststehenden Sachverhalt vom Kläger gewollt ‒ um seine Hauptwohnung handeln soll.

     

    Schließlich befasst sich der BGH mit der Frage, ob die ordentliche Kündigung unwirksam sein könnte, weil der Kläger in der Kündigungserklärung (unzutreffend) einen vor Ablauf der Kündigungsfrist liegenden Kündigungstermin genannt bzw. in der Kündigungserklärung in der Klageschrift keinen Kündigungstermin angegeben hat. Weder die falsche noch die fehlende Angabe des Beendigungszeitpunkts führe jedoch zur Unwirksamkeit der Kündigungen.

     

    Beachten Sie | Die Kündigung ist ein einseitiges Gestaltungsrecht des Vermieters, das seine Gestaltungswirkung mit dem Zugang beim Mieter entfaltet (§ 130 BGB) und ‒ sofern der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt und auch die formellen und materiellen Anforderungen an eine Kündigungserklärung (Angabe von Kündigungsgrund, Geschäftsfähigkeit) erfüllt sind ‒ das Mietverhältnis entweder sofort oder nach Ablauf der vorgesehenen Kündigungsfrist enden lässt. Zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen der (ordentlichen) Kündigung gehört nicht die Angabe der Kündigungsfrist bzw. des Kündigungstermins in der Kündigungserklärung. Sie ist in der Vorschrift über Form und Inhalt der Kündigung (§ 568 BGB) nicht aufgeführt und auch vom Begründungserfordernis des § 573 Abs. 3 BGB nicht umfasst.

     

    Es genügt, wenn die Auslegung der Kündigungserklärung nach §§ 133, 157 BGB ergibt, dass der Vermieter ordentlich und unter Einhaltung einer Frist kündigen will (§§ 573, 573c BGB). Dann entspreche es mangels entgegenstehender Anhaltspunkte regelmäßig seinem erkennbaren (hypothetischen) Willen, dass die Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf der (gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten) Kündigungsfrist zum nächstzulässigen Termin beendet. Das gelte nicht nur, wenn in der Kündigungserklärung kein Kündigungstermin angegeben ist, sondern ebenso, wenn der Vermieter einen zu frühen Termin angibt, sofern der (unbedingte) Wille des Vermieters erkennbar ist, das Mietverhältnis auf jeden Fall zu beenden.

     

    Der BGH räumt ein, dass ein größerer zeitlicher Abstand zwischen dem in der Kündigungserklärung genannten und dem nächsten zulässigen Kündigungstermin Anlass zu Zweifeln geben könne, ob eine Vertragsbeendigung auch zu diesem (späteren) Termin noch vom Willen des Kündigenden gedeckt ist. Dafür müsse es jedoch Anhaltspunkte geben. Hier stand Zweifeln bereits entgegen, dass der Kläger eine weitere Kündigung mit der Klage ausgesprochen hatte.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung ist unter vier Gesichtspunkten für die Praxis relevant:

     

    • Der BGH führt zum einen seine 2017 entwickelte Rechtsprechung zur Anwendung des § 573 Abs. 1 BGB auf Kündigungen fort, die wegen einer beabsichtigten Mischnutzung weder den Tatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB noch den der Nr. 3 vollständig erfüllen. Er arbeitet noch einmal deutlich heraus, dass § 573 Abs. 1 BGB kein „Lückenfüller“ ist, sondern nur berechtigte Interessen „auffängt“, die ebenso schwer wiegen wie ein von den typisierten Regeltatbeständen erfasstes Erlangungsinteresse. Folgerichtig muss bei Fehlen eines Elements des in Abs. 2 typisierten Regeltatbestands, dem die Kündigung am ehesten entspricht, ein weiterer gewichtiger Gesichtspunkt hinzukommen. Im Fall der Verwertungskündigung verlangt das Gesetz „erhebliche Nachteile“; bei einer beabsichtigten Mischnutzung reicht ‒ so der BGH ‒ ein beachtenswerter Nachteil, wenn die Nutzung denn ernsthaft verfolgt wird und von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen wird. Letzteres ist die allgemeine Definition des „Benötigens“ aus dem Tatbestand der Eigenbedarfskündigung.

     

    • Der BGH lehnt zudem eine analoge Anwendung des Mieterschutzes bei Wohnungsumwandlung in § 577a BGB auf Kündigungen ab, die ‒ irgendwie ‒ beides sind: eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB. Ganz fernliegend war es nicht, aus § 577a BGB Wertungen abzuleiten, denn der Gesetzgeber hat bei seiner Nachbesserung des § 577a BGB (Mietrechtsänderungsgesetz 2013) zu erkennen gegeben, dass er Analogien für möglich hält und Umgehungen vermeiden will (BT-Drucksache 17/10485, S. 26).

     

    • Die Frage, ob ein Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum im Rahmen der Kündigungstatbestände des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BGB zu berücksichtigen ist, hat der BGH zwar nicht beantwortet. Er hat aber zu erkennen gegeben, unter welchen Gesichtspunkten ein solcher Verstoß zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnte. In der Beratung des Vermieters sollte daher auf die Erteilung einer solchen Genehmigung hingewirkt werden und mieterseits eine solche thematisiert werden, wenn die Wohnung im Gebiet eines entsprechenden Landesgesetzes liegt.

     

    • Und schließlich bestätigt der BGH einmal mehr, dass formale Anforderungen an die Kündigungserklärung, die weder im Gesetz noch im Zweck der Begründung eine Stütze finden, als Rechtsverteidigung wenig erfolgversprechend sind. Ergibt sich klar, dass der Vermieter unter Einhaltung der Frist ordentlich kündigen will, führt weder die fehlende noch eine falsche Angabe des Kündigungstermins zur Unwirksamkeit der Kündigung. Das ist allerdings auch das Minimum, das die Kündigungserklärung „leisten“ muss.

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2024 | Seite 129 | ID 50056338