· Fachbeitrag · Ende des Mietverhältnisses
Anspruch des Mieters auf Entschädigung für Einbauten und sonstige Investitionen
von RA Norbert Monschau, FA Miet- und WEG-Recht, Anwaltskooperation Schneider & Monschau, Erftstadt/Neunkirchen
| Hat der Mieter während des Mietverhältnisses auf seine Kosten saniert, ausgebaut, umgebaut oder modernisiert, besteht oft Streit über die Frage, ob er nach Vertragsbeendigung einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Vermieter hat. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Praxisprobleme und eine Checkliste für die Fallbearbeitung an die Hand. |
1. Ausgangsproblematik
Zur Veranschaulichung, welche Fälle die Praxis immer wieder beschäftigen, das folgende Beispiel:
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Mieter M hat zu Beginn des mehrjährigen Mietverhältnisses mit Zustimmung des Vermieters V einen hochwertigen Kamin im Wohnzimmer eingebaut und eine Terrasse mit Bangkirai-Holzdielen errichtet. Nach Vertragsende legt M dem V Handwerkerrechnungen vor und verlangt Kostenerstattung. V verweist auf den Mietvertrag, in dem keine Ausgleichszahlung geregelt ist und fordert M erfolglos zum Rückbau auf. Wie ist die Rechtslage? |
2. Prüfungsschema
Zweckmäßigerweise prüft man derartige Fallkonstellationen nach der folgenden Checkliste:
Checkliste / Anspruch des Mieters auf Kostenerstattung |
1. Besteht eine vertragliche Regelung zur Kostenerstattungspflicht? Vertragliche Vereinbarungen der Parteien sind stets vorrangig. Daher wird zunächst geprüft, ob durch Individualvereinbarung oder formularmäßig wirksam eine Einigung über Grund und Höhe der Kostenerstattung für Einbauten und Investitionen erzielt worden ist. Dabei reicht es aus, wenn die Vertragspartner Abrechnungsgrundsätze festgelegt haben, aufgrund derer man die konkrete Höhe des Erstattungsanspruchs ermitteln kann. Fehlt - wie häufig - eine hinreichend konkrete Vereinbarung zur Kostenerstattungspflicht des Vermieters, ist auf die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen abzustellen. Viele Formularverträge sehen ein Übernahmerecht des Vermieters für Einrichtungen des Mieters vor, verbunden mit einem „angemessenen finanziellen Ausgleich“, sofern dieser kein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat. |
2. Besteht ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 536a Abs. 2 BGB? Der Mieter kann einen Mangel der Mietsache selbst beseitigen und vom Vermieter Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn
Der Unterschied der beiden Alternativen liegt darin, dass § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB Notreparaturen erfasst, die eine umgehende Beseitigung des Mangels erfordern. Praxisrelevante Fälle sind Wasserschäden oder Heizungsausfälle im Winter. Beim Selbsthilferecht nach § 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB geht es um Aufwendungen für eine Mängelbeseitigung. Daher knüpft die Vorschrift an den Begriff der „notwendigen Verwendungen“ gemäß § 547 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. an. Gemeint sind nur Maßnahmen, die darauf abzielen, den Bestand der Sache als solche zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, ohne sie grundlegend zu verändern (BGH NJW 83, 1479; BGH NJW 90, 447). Danach können bauliche Maßnahmen des Mieters nur ausnahmsweise Aufwendungen sein, wenn sie in erster Linie der Sicherung der Mietsache dienen, um Schäden des Mietobjekts zu vermeiden. Liegen die Voraussetzungen des § 536a Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB vor, kann der Mieter Erstattung der objektiv erforderlichen Aufwendungen oder gemäß § 257 BGB die Befreiung von einer zum Zweck der Mangelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeit verlangen (z.B. Forderungen von ihm beauftragter Handwerker). Welche Maßnahmen objektiv erforderlich waren, ist eine Frage des Einzelfalls. |
3. Ist § 539 Abs. 1 BGB einschlägig? Kommt ein Anspruch nach § 536a Abs. 2 BGB nicht in Betracht, ist zunächst § 539 BGB zu prüfen. Der Mieter erhält Ersatz seiner Aufwendungen auf die Mietsache nach § 539 Abs. 1 BGB, wenn die Voraussetzungen einer GoA vorliegen (§§ 677 ff. BGB). Dabei handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung (OLG Köln WuM 96, 269; LG Mannheim WuM 96, 143). a) Aufwendungen i.S. des § 539 Abs. 1 BGB Aufwendungen gemäß § 539 Abs. 1 BGB sind alle vermögenswerten Verwendungen, die der Mietsache zugute kommen, indem sie sie wiederherstellen, erhalten oder verbessern sollen (BGH NJW 90, 447). Darunter fallen alle Aufwendungen, durch die der Verkehrswert des Mietobjekts objektiv gesteigert wird, insbesondere Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten und Um-, Aus-, An- und Einbauten, also z.B. die Verlegung eines neuen Bodenbelags, der Einbau von Sanitäranlagen, der Austausch von Fenstern oder Türen oder die Erneuerung der Heizungs- oder Elektroanlage (Blank in Börstinghaus/Blank, Miete, 3. Aufl., § 539 BGB Rn. 2 m.w.N.). Keine Aufwendungen i.S. des § 539 Abs. 1 BGB sind danach
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b) Liegen die Voraussetzungen einer GoA vor? Problematisch ist meist der Fremdgeschäftsführungswillen: Wollte der Mieter ein fremdes Geschäft zugunsten des Vermieters führen und entsprechen die Aufwendungen dem Interesse und dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Vermieters (§ 683 S. 1 BGB)? Der Fremdgeschäftsführungswille wird bei fremden oder „auch fremden“ Geschäften, die sowohl fremd als auch eigen sind, vermutet (BGH NJW 09, 2590). Er kann fehlen, wenn der Mieter Einbauten vornimmt, die vorrangig von seinen Geschmacksvorstellungen bestimmt sind, wie etwa Holzverkleidungen oder Deckenabhängungen (LG Aachen DWW 89, 136). Ob sie objektiv auch späteren Mietern zugute kommen, z.B. eine Einsparung von Heizkosten, ist unerheblich. Ob der Mieter im Interesse des Vermieters handelte, ist objektiv zu beurteilen. Die Maßnahmen müssen für den Vermieter objektiv nützlich sein (BGH NJW-RR 93, 200). Davon ist auszugehen, wenn er sonst entsprechende eigene Maßnahmen hätte ergreifen müssen (OLG Düsseldorf NJW-RR 96, 592). Hat er auf Nachfrage des Mieters erklärt oder in sonstiger Weise deutlich gemacht, eine bestimmte Maßnahme nicht zu wünschen, ist der Mieter auch zu einer objektiv nützlichen Investition nicht berechtigt (BGH WPM 83, 679). Zu bejahen sind die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB dagegen, wenn der Mieter im Interesse des Vermieters und mit dessen Zustimmung eine Heizung in die Wohnung einbaut (LG Berlin GE 86, 501, 503), nicht aber, wenn die Parteien sich bei Vornahme der Maßnahmen über diese nicht einigen konnten (BGH NZM 99, 19). Erst, wenn der wirkliche Wille des Vermieters nicht zu ermitteln ist, kommt es auf dessen mutmaßlichen Willen an. Ist die Maßnahme für den Vermieter objektiv nützlich, entspricht sie also seinem wohlverstandenen Interesse, ist der mutmaßliche Wille anzunehmen (BGH NJW-RR 89, 970). Handelte der Mieter aber - wie häufig - ohne Rücksprache mit dem Vermieter, kann dessen mutmaßlicher Wille in der Regel nicht daraus abgeleitet werden, dass dieser die Arbeiten bemerkte und sie sich gefallen ließ (BGH NZM 99, 19 = ZMR 99, 43). Für die GoA gilt zusammenfassend Folgendes:
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4. Bestehen Bereicherungsansprüche? Scheidet eine berechtigte GoA aus, ist der Mieter nach der Rechtsfolgenverweisung des § 684 S. 1 BGB auf bereicherungsrechtliche Ansprüche angewiesen. a) Voraussetzungen Ein Bereicherungsanspruch setzt voraus, dass durch die Aufwendungen eine Wertsteigerung der Mietsache eingetreten ist (BGH NZM 99, 19). An dieser Stelle werden in der Praxis Fehler gemacht. Denn der Mieter legt dem Vermieter in der Regel Rechnungen über Werkleistungen zur Erstattung vor. Dabei verkennt er, dass es nicht auf den Umfang der Aufwendungen ankommt, sondern auf den Wertzuwachs im Vermögen des Vermieters. Ausschlaggebend ist nicht die objektive Steigerung des Verkehrswerts, sondern die Verbesserung des Ertragswerts (BGH NZM 99, 19).
b) Einwendungen des Vermieters Dem Bereicherungsanspruch des Mieters kann der Vermieter mit folgenden Einwendungen begegnen:
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5. Sind Ansprüche verjährt? Es gilt die kurze Verjährungsfrist. Aufwendungsersatzansprüche verjähren gemäß § 548 Abs. 2 BGB innerhalb der kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten nach Beendigung des Mietverhältnisses. Dies gilt auch für die konkurrierenden Ansprüche, soweit sie mit dem Mietverhältnis im Zusammenhang stehen (Palandt/ Weidenkaff, BGB, 69. Aufl. § 539 Rn. 2). |
3. Lösung
Im Ausgangsfall hat V hinsichtlich des Kamins auf seinen Rückbauanspruch ausdrücklich oder konkludent verzichtet, wofür eine Vermutung spricht, wenn die bauliche Veränderung auf Dauer angelegt ist, nur mit erheblichem Aufwand wieder beseitigt werden kann und das Objekt hierdurch in einen schlechteren Zustand zurückversetzt wird (OLG Frankfurt WM 92, 56, 64; OLG Düsseldorf ZMR 90, 218). Andererseits wird man davon ausgehen können, dass die Parteien jedenfalls stillschweigend darüber einig waren, dass der Kamin entschädigungslos nach Beendigung des Mietverhältnisses bei V verbleiben sollte. Dafür sprechen die fehlende vertragliche Regelung einer Ausgleichszahlung und der Umstand, dass M Aufwendungsersatzansprüche während des laufenden Mietverhältnisses nicht geltend gemacht hatte. Hinsichtlich der Terrasse greift § 539 Abs. 1 BGB nicht, weil es sich um eine zurückzubauende Einrichtung handelt und V berechtigter Weise zum Rückbau aufgefordert hatte. Ein Bereicherungsanspruch scheidet aus, weil M den Rückbau verweigert hat und V die Bereicherung aufgedrängt worden ist.
PRAXISHINWEIS | Mieter, die beabsichtigen, größere Investitionen in das Mietobjekt zu tätigen, sind gut beraten, rechtzeitig mit dem Vermieter eine schriftliche Vereinbarung über Art, Umfang und Kosten(erstattung) der Baumaßnahmen zu schließen. Dabei sollte auch klar geregelt werden, ob und welche Rückbauverpflichtungen wann im Einzelnen bestehen. |