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  • · Fachbeitrag · Mieterschutz

    Grenzen des Grundsatzes „Kauf bricht nicht Miete“

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Nach § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn der vermietete Wohnraum nach Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert wird. Die Regelung gilt nach § 578 Abs. 2 S. 1 BGB auch für gewerbliche Mietverhältnisse. Die Vorschrift durchbricht zum Schutz des Mieters den schuldrechtlichen Grundsatz, wonach Rechte und Pflichten nur zwischen den am Schuldverhältnis beteiligten Personen entstehen. Sie ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen und nur anzuwenden, soweit der von ihr bezweckte Mieterschutz es erfordert. Unter welchen Voraussetzungen bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer eines Grundstücks § 566 Abs. 1 BGB analog anwendbar sein kann, hat der BGH nun präzisiert. |

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin verlangt vom beklagten Verein die Herausgabe einer Grundstücksfläche. Der Verein hatte mit der S-GmbH im Januar 2008 einen als Mietvertrag zu qualifizierenden Pachtvertrag über die Nutzung der Teilfläche eines Grundstücks geschlossen, das ursprünglich im Eigentum der H-GmbH stand. Als Vertragslaufzeit war der 1.1.16 bis 31.12.06 vereinbart; der Vertrag verlängerte sich jeweils um zehn Jahre, sofern er nicht vom Verein mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderhalbjahres gekündigt wird. Die H-GmbH hatte das Grundstück 1995 an die Projekt-Gesellschaft verkauft und diese ihr vertraglich einen Rückübertragungsanspruch bezüglich einer Teilfläche eingeräumt. Den Rückübertragungsanspruch trat die H-GmbH 2002 an die S-GmbH ab. Im Juni 2008 erwarb die Klägerin das Grundstück von der Projekt-Gesellschaft. Vor Abschluss des notariellen Kaufvertrags wies die S-GmbH die Projekt-Gesellschaft darauf hin, dass sie von der geplanten Veräußerung erfahren habe und von dem an sie abgetretenen Rückübertragungsanspruch zur Förderung des Vereins Gebrauch machen werde. Im Kaufvertrag mit der Klägerin ist geregelt, dass der Kaufgegenstand an den Verein verpachtet sei, die Käuferin (Klägerin) das Vertragsverhältnis übernehme und es mit Wirkung ab dem Übergabetag mit allen Rechten und Pflichten fortsetze. Die Projekt-Gesellschaft verpflichtete sich, eine Erklärung über den Verzicht der H-GmbH auf den Rückübertragungsanspruch aus dem Kaufvertrag von 1995 beizubringen.

     

    Im Oktober 2008 teilte die Klägerin dem Verein mit, dass sie mit Erwerb der Fläche in den Pachtvertrag eingetreten sei. Seit 2009 erhielt sie die Pachtzahlungen. Im Januar 2017 kündigte sie den Vertrag. Das AG hat den Verein zur Herausgabe verurteilt, das LG die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg (BGH 27.10.21, XII ZR 84/20, Abruf-Nr. 226290).