· Fachbeitrag · Unredliches Prozessverhalten des Mieters
Vertragswidriges Verhalten des Vermieters und nachträglich entstandene Kündigungsgründe
von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin
| Der BGH hatte sich in einer kürzlich hier vorgestellten Entscheidung u. a. mit einer Kündigung wegen unredlichen Prozessverhaltens befasst (BGH 13.10.21, VIII ZR 91/20, MK 23, 13 ). Bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen des Mieters im Rechtsstreit mit seinem Vermieter können die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. In einer deutlich vielschichtigeren Konstellation hatte der BGH nun Gelegenheit, diffizile Abwägungsfragen bei einem vorangegangenen vertragswidrigen Verhalten des Vermieters aufzuwerfen (schon BGH 4.6.14, VIII ZR 289/13 ). Setzt der Mieter sich gegen eine unberechtigte Kündigung des Vermieters zur Wehr und/oder hat der Vermieter sich selbst vertragswidrig verhalten, erscheinen etwaige Pflichtverletzungen des Mieters in einem deutlich anderen Licht. Die Kündigungsfreudigkeit der Vermieterin im Streitfall gab dem BGH zudem die Möglichkeit, sich zur Reichweite des § 573 Abs. 3 S. 2 BGB zu positionieren, wonach in der Kündigung nicht angegebene Kündigungsgründe (ausnahmsweise) dann beachtet werden können, wenn sie nachträglich entstanden sind. |
Sachverhalt
Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis der Beklagten erstmals ordentlich ‒ wegen einer aus ihrer Sicht vertragswidrigen Hundehaltung ‒ mit Schreiben vom 24.7.19. Im Verfahren über die nur auf diese Kündigung gestützte Räumungsklage hat das AG die Beklagten persönlich angehört. Der Beklagte hat u. a. angegeben: „Aus unserer Perspektive geht es gar nicht um den Hund. Wir haben vielmehr das Gefühl, dass wir aus dem Haus herausgemobbt werden sollen. Wir werden auch von dem Hausverwalter beleidigt mit Worten wie ‘Scheiß Ausländer‘ und ‘Assis‘. Ich habe ein Gespräch der Eigentümerin zufällig mitbekommen, aus dem sich ergibt, dass das Haus verkauft werden soll. Der Käufer hat jedoch gesagt, dass ein Verkauf des Hauses nur in Betracht kommt, wenn alle Mieter aus dem Haus ausgezogen sind.“
Gestützt auf diese ‒ ihrer Meinung nach falschen und ehrverletzenden ‒ Äußerungen hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9.10.20 (erneut) eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen. Nach dem Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mit zwei weiteren Schreiben weitere Kündigungen erklärt. Das AG hat die Räumungsklage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das LG die Beklagten zur Räumung verurteilt. Auf die von ihm zugelassene Revision hat der BGH das Urteil des LG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das LG zurückverwiesen (BGH 25.10.23, VIII ZR 147/22, Abruf-Nr. 238671).
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