· Fachbeitrag · Wohnflächenberechnung
Staffelmietvereinbarung und Preisbindung
von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin
| Angespannte Wohnungsmärkte und die Erfordernisse der energetischen Modernisierung vorhandenen Wohnraums sind nur zwei Gesichtspunkte, die den Hintergrund für die Vergabe von Fördermitteln durch Bund und vor allem Länder bilden. An die Vergabe von Fördermitteln sind regelmäßig preisrechtliche Auflagen geknüpft, die die Möglichkeiten dessen begrenzen, was die Parteien eines Wohnraummietvertrags wirksam vereinbaren können. Ein „Klassiker“ sind Staffelmietvereinbarungen, die (für die Zeit) vor oder nach Ablauf einer Preisbindung getroffen werden. Die Grenzen, die das Gesetz und aktuell auch der BGH hier setzen, sind wenig eng. |
Sachverhalt
Die Klägerin ist seit dem 1.10.18 Mieterin einer Dreizimmerwohnung der Beklagten. Diese unterlag aufgrund öffentlicher Förderung bis zum 31.12.20 einer Preisbindung. Zur Mieterhöhung haben die Parteien in § 5 Nr. 2 des Mietvertrags folgende Vereinbarungen getroffen: „Staffelmiete (§ 557a BGB) ‒ Die monatliche Grundmiete (…) beträgt insgesamt 500 EUR. Sie erhöht sich (…) ab 1.1.21 auf 968 EUR, ab 1.1.22 auf 1.012 EUR, ohne dass es einer gesonderten Erklärung des Vermieters bedarf. Während der Laufzeit einer Staffelmiete ist eine Mieterhöhung nach den §§ 558 bis 559b BGB ausgeschlossen.“ Ferner enthält der Mietvertrag in § 30 u. a. folgende Regelungen: „Für das Gebäude besteht bis zum 31.12.20 eine Bindung an das Wohnungsbauförderungsgesetz. Für die Zeit von dem 1.1.21 bis zum 31.12.22 wird eine Staffelung der Miete vereinbart und im Mietvertrag festgeschrieben.“
Ab 1/21 zahlte die Klägerin ‒ unter dem Vorbehalt der (teilweisen) Rückforderung ‒ eine Miete i. H. v. 968 EUR monatlich. Das AG hat die Klage auf Rückzahlung von 6.084 EUR (Erhöhungsbetrag i. H. v. 468 EUR für die Monate 1/21 bis 1/22) sowie auf Feststellung, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, aufgrund der Staffelmietvereinbarung ab dem Monat 2/22 eine Grundmiete i. H. v. 1.012 EUR statt nur 500 EUR monatlich zu zahlen, abgewiesen. Das LG hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zur Rechtsfrage zugelassen, ob die Vereinbarung einer Staffelmiete schon während der Dauer einer Mietpreisbindung für den Zeitraum nach Ablauf der Bindung zulässig ist.
Entscheidungsgründe
Der BGH sieht keinen Grund zur Zulassung der Revision (BGH 16.1.24, VIII ZR 12/23, Abruf-Nr. 240688). Die vom LG für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage habe er bereits beantwortet, die Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung bejaht (BGH 3.12.03, VIII ZR 157/03; 27.6.07, VIII ZR 150/06). Zusätzlicher Klärungsbedarf sei i. d. R. erst anzunehmen, wenn nicht nur einzelne Berufungsgerichte oder Literaturstimmen der höchstrichterlichen Entscheidung mit beachtenswerten Argumenten widersprechen, mit denen sich der BGH noch nicht ausreichend auseinandergesetzt hat. Hier sei ein solcher Fall ‒ wegen einer nur einzelnen abweichenden Literaturstimme ‒ nicht gegeben. Zudem fehle es an einer näheren Auseinandersetzung mit der vom BGH vertretenen Ansicht. Die Revision habe ‒ unabhängig davon ‒ auch keine Aussicht auf Erfolg. Den einzig in Betracht kommenden Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB auf Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Mieten habe das LG zu Recht verneint. Die Mietzahlungen erfolgten mit Rechtsgrund. Die im Mietvertrag getroffene Abrede über die Erhöhung der monatlichen Grundmiete ist wirksam. Daher war auch die Feststellung über die Höhe der ab 2/22 geschuldeten monatlichen Grundmiete nicht zu treffen.
Staffelmiete kann trotz Preisbindung vereinbart werden
Der BGH bestätigt, dass die Staffelmietvereinbarung nicht unwirksam ist, weil sie während einer Preisbindung getroffen wurde. Offenbleiben könne darüber hinaus, ob der Mietvertrag dahin auszulegen ist, dass die Parteien eine Staffelmiete von Beginn an, also bereits für den Zeitraum der Preisbindung, oder erst für den Zeitraum danach vereinbart haben. Die Staffelmietvereinbarung sei auch dann nicht insgesamt unwirksam, wenn sie so zu verstehen sei, dass sie eine erste Staffel bereits für den Zeitraum der Preisbindung vorsieht.
MERKE | Die Vereinbarung einer Staffelmiete ist auch für Zeiträume zulässig, die innerhalb der Dauer einer ‒ wegen öffentlicher Förderung bestehenden ‒ Preisbindung liegen. Im Anwendungsbereich des am 1.1.02 in Kraft getretenen Wohnraumförderungsgesetzes (BGBl. I S. 2376) folgt das schon aus § 28 Abs. 3 WoFG. Danach kann der Vermieter von öffentlich gefördertem Wohnraum die Miete nach Maßgabe der allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften erhöhen ‒ also auch mittels der Vereinbarung einer Staffelmiete (§ 557a BGB). Voraussetzung ist nach § 28 Abs. 3, 5, 6 WoFG nur, dass die im Bindungszeitraum liegenden Staffeln die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe nicht überschreiten (vgl. BT-Drucksache 14/5538, S. 59 f.). |
Für den sonstigen preisgebundenen Wohnraum gilt ‒ so der BGH ‒ im Ergebnis nichts wesentlich anderes. Die im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Konzept des sozialen Wohnungsbaus erlassenen Vorschriften zur Kostenmiete (Zweites Wohnungsbaugesetz, Wohnungsbindungsgesetz, Neubaumietenverordnung, Zweite Berechnungsverordnung) würden zwar ein eigenständiges System für Mieterhöhungen enthalten, das die Möglichkeit der Vereinbarung einer Staffelmiete nicht ausdrücklich vorsieht. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass eine solche Vereinbarung unzulässig wäre.
Ein entsprechendes Verbot sei nicht dem ‒ seit dem 1.7.80 geltenden, seither unveränderten ‒ § 8 Abs. 1, 2 WoBindG zu entnehmen. Die Bestimmung schließe daher nicht die Zulässigkeit von Staffelmietvereinbarungen aus, bei denen die höchste der ‒ innerhalb des Zeitraums der Preisbindung liegenden ‒ Staffeln die zur Zeit der Abrede maßgebliche Kostenmiete nicht übersteigt.
Dem kann ‒ so der BGH ‒ nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber hätte, wenn er die Vereinbarung einer Staffelmiete auch im Bereich der Kostenmiete für zulässig erachtet hätte, den in § 557a Abs. 2 S. 2 BGB angeordneten Ausschluss einer Mieterhöhung nach §§ 558 bis 559b BGB auf die nach den einschlägigen Gesetzen zulässige Erhöhung der Kostenmiete erstrecken müssen. Der Gesetzgeber habe mit dem MietRRefG ausschließlich das private Wohnraummietrecht im BGB zusammenfassen wollen, das öffentliche Wohnungsrecht habe er ausdrücklich nicht einbezogen (BT-Drucksache 14/4553, S. 35).
Es widerspräche dem gesetzgeberischen Konzept, wenn innerhalb des § 557a BGB ‒ neben der Anordnung eines Ausschlusses der im privaten Wohnraummietrecht sonst zulässigen Mieterhöhungen nach §§ 558 bis 559b BGB ‒ zusätzlich bestimmt worden wäre, dass auch die im Bereich der Kostenmiete sonst zulässigen Mieterhöhungen im Fall der Vereinbarung einer Staffelmiete ausgeschlossen sind. Umgekehrt lasse sich daraus nicht ableiten, dass der Gesetzgeber die Vereinbarung einer Staffelmiete im Geltungsbereich der Kostenmiete umfassend ausschließen wollte. Es stelle sich ggf. die ‒ im Streitfall allerdings nicht entscheidungserhebliche ‒ Frage, inwieweit der in § 557a Abs. 2 S. 2 BGB angeordnete Ausschluss von anderweitigen Mieterhöhungen auf Staffelmietvereinbarungen zu übertragen ist, die sich auf Zeiträume beziehen, in denen eine Preisbindung in Form der Kostenmiete besteht. Folgerichtig hat der BGH auch dann keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der hier gegenständlichen Staffelmietvereinbarung, wenn unterstellt würde, dass sie eine (erste) Staffel bereits für den Zeitraum der Preisbindung vorsieht.
Dass sich die für diesen Zeitraum vereinbarte Grundmiete von 500 EUR monatlich innerhalb der zum Zeitpunkt der Abrede gültigen Höchstgrenzen für öffentlich geförderten Wohnraum hält, stand zwischen den Parteien nicht (mehr) im Streit. Auch der Umstand, dass die Staffelmiete zu einer Zeit getroffen wurde, als die Wohnung noch der Preisbindung unterlag und Mietstaffeln für den Zeitraum nach deren Ablauf vorsieht, die mit einer erheblichen Mietsteigerung gegenüber der Ausgangsmiete verbunden sind und die die zum Zeitpunkt der Vereinbarung infolge der Preisbindung geltenden Höchstgrenzen überschreiten dürften, führt nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung.
Beachten Sie | Der BGH verweist auf seine Rechtsprechung zu § 10 Abs. 2 MHG. Danach ist es mit Blick auf die Vertragsfreiheit i. d. R. zulässig, dass die Parteien über eine zum Zeitpunkt der Abrede preisgebundene Wohnung eine Staffelmiete für die Zeit nach dem Ende der Preisbindung vereinbaren (BGH 3.12.03, VIII ZR 157/03; 27.6.07, VIII ZR 150/06). Die herangezogenen Wertungsgesichtspunkte würden für die heutige Rechtslage gleichermaßen gelten. Das MRRefG habe keine Änderungen der Bestimmungen zur Staffelmiete vorgenommen, die eine Einschränkung der Vertragsfreiheit bewirken. Vielmehr habe der Gesetzgeber § 557a BGB an den bis dahin geltenden § 10 Abs. 2 MHG angelehnt und inhaltliche Änderungen nur insoweit vorgenommen, als die zuvor vorgesehene Höchstdauer einer Staffelmietvereinbarung von zehn Jahren (§ 10 Abs. 2 S. 2 MHG) aufgehoben und die Vorgaben für das Kündigungsrecht des Mieters modifiziert wurden (BT-Drucksache 14/4553, S. 53).
Auch die Gesetze, die speziell die Preisbindung bei der Vermietung öffentlich geförderten Wohnraums regeln, haben seither keine Änderung erfahren, die mit einer Einschränkung der Vertragsfreiheit im Hinblick auf die Zulässigkeit von Staffelmietvereinbarungen verbunden wären. Im Gegenteil: § 28 Abs. 3 WoFG sieht einen ausdrücklichen Verweis auf die allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften zur Mieterhöhung vor ‒ mithin auch auf § 557a BGB.
Maßgebliche Höhe der Kostenmiete bei Preisbindung einzuhalten
Der BGH räumt ein, dass eine Staffelmietvereinbarung nach § 8 Abs. 1, 2 WoBindG zwar unwirksam sein könne, wenn sie für den Zeitraum der Preisbindung Staffeln vorsieht, die die zur Zeit der Abrede maßgebliche Kostenmiete übersteigen. Mietvereinbarungen, die Zeiträume nach Ablauf der Preisbindung betreffen, unterliegen diesem Verbot aber von vornherein nicht.
MERKE | Der BGH hält schließlich dem Argument der Mieterin, die Zulässigkeit der Staffelmietvereinbarung während der Mietpreisbindung ermögliche für den Zeitraum nach deren Ablauf erhebliche Mietsteigerungen, weil die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB für Staffelmietvereinbarungen nicht gelte, entgegen: Auch § 2 MHG sah eine Kappungsgrenze vor, die bei einer Staffelmiete nach § 10 Abs. 2 MHG nicht zum Tragen kam. Damals wie heute gelte, dass der Gesetzgeber ‒ indem er eine Staffelmiete unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat ‒ zugunsten einer Planungssicherheit für beide Mietvertragsparteien (BT-Drucksache 9/2079, S. 9) Mietsteigerungen erlaubt habe, die der Kappungsgrenze nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 MHG bzw. nach § 558 Abs. 3 BGB nicht unterliegen, sondern nur bei Mietwucher oder ordnungswidriger Mietpreisüberhöhung (§ 5 WiStG) nach § 134 BGB nichtig sind (BT-Drucksache 9/2079, S. 9; 14/4553, S. 53). Zudem können nach der seit dem 1.6.15 geltenden Rechtslage ‒ den Schutz des Mieters erweiternd ‒ die jeweiligen Mietstaffeln nach § 557a Abs. 4 BGB wegen eines Verstoßes gegen §§ 556d ff. BGB unwirksam sein. Dass die für die Zeit nach der Preisbindung vereinbarten monatlichen Mietstaffeln gegen den (hier einschlägigen) § 557a Abs. 4 i. V. m. §§ 556d ff. BGB verstoßen würden, mache die Klägerin selbst nicht geltend. |
Relevanz für die Praxis
Der BGH stellt eher beiläufig klar, wann zusätzlicher Klärungsbedarf seine erneute Befassung mit einer von ihm bereits beantworteten Rechtsfrage rechtfertigen kann. Es ist wohl seltener der Fall, als oft angenommen wird. Auch wenn der BGH den Bedarf für Staffelmietvereinbarungen für die Zeit nach oder auch während einer Preisbindung hier nicht sah, lässt sich doch feststellen, dass er einige Grundsätze zurechtgerückt hat. Die Wirksamkeits-„Hürden“ sind denkbar niedrig. So klar wie hier hat er das bisher nicht auf den Punkt gebracht. Entscheidend ist, dass etwaige Staffelmietvereinbarungen nicht mit der Preisbindung kollidieren. Mietstaffeln können sogar für die Zeit der Preisbindung vereinbart werden; ihre Höhe darf nur nicht die in der Förderzusage bestimmte Miethöhe überschreiten.
Die Entscheidung lenkt daneben den Blick auf ein Problem, das die Rechtsprechung nicht lösen kann: Für Staffelmieterhöhungen gibt es keine Begrenzung, z. B. in Gestalt einer Kappung. Das Problem stellt sich nicht nur, wenn die Preisbindung wegfällt, sondern auch, wenn die Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete wegfallen und „ungebremst“ eine im Mietvertrag ausgewiesene Staffel zu zahlen ist.