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  • · Nachricht · Wohnraummiete

    Videoüberwachung auch im vermüllten Treppenhaus unzulässig

    | Eine Videoüberwachung in einem als Müllablage genutzten Treppenhaus gefährdet die freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 1, 2 GG, wenn jederzeit mit der Beobachtung durch Personen gerechnet werden muss, die man selbst nicht sehen kann, oder wenn die reproduzierte Aufzeichnung des eigenen Verhaltens droht (AG Köln 22.9.21, 210 C 24/21, n. rk., Abruf-Nr. 225620 ). |

     

    Der Vermieter einer Wohnung hatte im Eingangsbereich des Treppenhauses und vor der Wohnungseingangstür des Mieters jeweils eine Videokamera installiert. Obwohl der Mieter den Vermieter mehrfach außergerichtlich aufforderte, die Videokameras zu entfernen und es zu unterlassen, die Wohnungseingangstür zu filmen, weigerte sich dieser. Der Vermieter argumentierte, dass zum einen Teilbereiche des Kamerabilds geschwärzt seien und zum anderen die Zustimmung der restlichen Mieter des Hauses zur Anbringung und Inbetriebnahme der Überwachungskameras eingeholt wurde. Nach Ansicht des Vermieters ist die Videoüberwachung zwingend notwendig, da in der Vergangenheit im Treppenhaus wöchentlich Müll, Zeitungen, Prospekte und Kleidung abgelegt wurden und diese Gegenstände eine erhebliche Brandlast darstellen. Der Mieter erhob Klage, gerichtet auf Entfernen der Videokameras.

     

    Das AG Köln gab ihm Recht, weil ein Beseitigungsanspruch nach § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB analog i. V. m. Art. 1, 2 GG bestehe. Das Installieren der Kameras und insbesondere das Speichern der Aufzeichnungen verletzte den Mieter in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

     

    Beachten Sie | Gerade der Umstand, dass durch die Videoüberwachung nachvollziehbar ist, ob und wann der Mieter seine Wohnung verlässt oder betritt, stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters dar, da es für diesen nicht möglich ist, unbeobachtet die Wohnung zu verlassen, zu begehen und Besuch zu empfangen.

     

    Etwaige schutzwürdige Belange aufseiten des Vermieters bestehen nicht. Insbesondere der Umstand, dass vermehrt Müll im Treppenhaus abgeladen wurde, reicht zur Begründung eines berechtigten Interesses nach Auffassung des AG nicht aus. Vielmehr überwiegen die grundrechtlichen Freiheiten des Mieters ein etwaiges berechtigtes Interesse des Vermieters in Form von präventiven Brandschutzmaßnahmen. Denn eine konkret gesteigerte Brandgefahr durch die Vermüllung des Treppenhauses sieht das Gericht nicht gegeben.

     

    MERKE | Eine Videoüberwachung ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und Interessen oder Grundrechte der betroffenen Personen nicht überwiegen. Es muss also stets eine sorgfältige Abwägung im Einzelfall erfolgen.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2021 | Seite 216 | ID 47749142