· Fachbeitrag · Prozesskosten
Auch obsiegender Eigentümer kann trotz erfolgreicher Klage an den Kosten beteiligt werden
von Dipl.-Finw. (FH), Thomas Rennar, Hannover
| Der BGH hat jetzt zur Kostenbeteiligung nach erfolgreicher Klage in einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden. Demnach ist eine Umlage von Prozesskosten der in einem Beschlussklageverfahren unterlegenen Gemeinschaft auch auf die obsiegenden Wohnungseigentümer geboten. |
Sachverhalt
Die drei Kläger sind Mitglieder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Eigentümer jeweils einer der insgesamt acht Wohnungseigentumseinheiten. In der Gemeinschaftsordnung war geregelt, dass die Verwaltungskosten zu gleichen Teilen auf die Eigentumseinheiten umgelegt werden.
Im Jahr 2021 fochten die Kläger einen von den Eigentümern gefassten Beschluss an. Das AG gab der Klage statt und verurteilte die beklagte Gemeinschaft dazu, die Kosten des Vorprozesses zu tragen. In einer Eigentümerversammlung fassten die Eigentümer dann den Beschluss, dass die Kosten des Rechtsstreits durch eine Sonderumlage zu finanzieren sei. Zudem beschlossen sie unter gesonderten Tagesordnungspunkten die Jahresabrechnung für 2021 und den Wirtschaftsplan für 2022. Gegen diesen Beschluss wandten sich die Kläger mit ihrer Anfechtungsklage, die vor dem AG keinen Erfolg gehabt hat. Auf die Berufung der Kläger hat das LG der Klage stattgegeben. Mit der vom LG zugelassenen Revision will die beklagte Gemeinschaft die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe
Bei den Prozesskosten der Beschlussklage handelt es sich um Kosten der Gemeinschaft (BGH 19.7.24, V ZR 139/23, Abruf-Nr. 242901). Im Ausgangspunkt, so der BGH, geht das Berufungsgericht richtig davon aus, dass eine Sonderumlage nach dem zutreffenden Kostenverteilungsschlüssel zu erheben ist (BGH 23.6.17, V ZR 102/16; 16.9.22, V ZR 69/21). Hingegen sah der Senat Kosten, die darauf beruhten, dass die Gemeinschaft ihr selbst zustehende Beitrags- und Schadenersatzansprüche geltend gemacht hatte, als Kosten der Verwaltung an, die von allen Wohnungseigentümern aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Verband zu tragen waren (BGH 15.3.07, V ZB 1/06; 4.4.14, V ZR 168/13).
Nach § 16 Abs. 2 S. 1 WEG sind sämtliche Wohnungseigentümer nach ihren Anteilen an diesen Kosten zu beteiligen, und zwar unabhängig von der eigenen Parteirolle der einzelnen Eigentümer in dem Rechtsstreit. Denn die erfolgreichen Kläger in einem Beschlussklageprozess sind zugleich Mitglieder der WEG; sie haben insoweit eine Doppelrolle einerseits als Prozesspartei und andererseits als Mitglied der WEG (AG Pfaffenhofen 9.3.23. 2 C 567/22 WEG).
Auch eine einschränkende Auslegung des § 16 Abs. 2 S. 1 WEG kommt nicht in Betracht, so der BGH.
Zuzugeben sei der Gegenansicht allerdings, dass die Prozessführung des obsiegenden Beschlussklägers den Interessen aller Wohnungseigentümer dient, indem sie die Ungültigerklärung eines rechtswidrigen Beschlusses, die Feststellung der Nichtigkeit eines Beschlusses oder auch die Ersetzung einer gebotenen Beschlussfassung herbeiführt. Die Sonderumlagen sollen zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in dem betreffenden Wirtschaftsjahr tatsächlich zur Verfügung stehen (BGH 29.1.16, V ZR 97/15). Die Annahme, dass der Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage bezüglich des Kostenverteilungsschlüssels wegen eines Ermessensausfalls für ungültig zu erklären ist, halte revisionsrechtlicher Nachprüfung insoweit nicht stand.
Relevanz für die Praxis
Seit dem 1.12.20 gehören Kosten, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren auferlegt worden sind, zu den Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 WEG. Sie sind, soweit keine abweichende Regelung getroffen worden ist, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen. Demzufolge muss bei Fehlen einer abweichenden Regelung auch der obsiegende Beschlusskläger die Prozesskosten der unterlegenen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anteilig mitfinanzieren.
Solange eine Beschlussfassung zur Änderung der Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG nicht erfolgt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, bei der Beschlussfassung über eine Sonderumlage den geltenden Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden. Ein Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel widerspricht insoweit nicht deswegen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung nicht bewusst war, dass sie nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG vorab einen abweichenden Kostenverteilungsschlüssel hätten beschließen können.
Beachten Sie | Will ein Wohnungseigentümer die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für eine Sonderumlage erreichen, muss er vor der Beschlussfassung über die Sonderumlage einen entsprechenden Antrag stellen.