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  • · Fachbeitrag · WEG-Novelle

    Der neue § 3 WEG: Sondereigentum an Stellplätzen und Freiflächen

    von RAin Kornelia Reinke, www.schiffer.de, Bonn

    | In MK 6, 112, haben wir den zertifizierten Verwalter, § 26 a WEG n. F., vorgestellt, auf dessen Bestellung nach § 18 Abs. 2 WEG n. F. jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat. Eine Ausnahme besteht nach § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG n. F. in kleineren Anlagen für Fälle der sog. Eigenverwaltung. Diese Ausnahme setzt u. a. voraus, dass die Anlage aus weniger als neun Sondereigentumsrechten besteht. Wann diese Voraussetzung vorliegt, ist nicht eindeutig geklärt, da es den Begriff „Sondereigentumsrecht“ bislang im WEG nicht gab und eine gesetzliche Definition im geltenden Gesetz fehlt. Um diese praxisrelevante Frage zu beantworten, bedarf es eines genaueren Blicks auf den neuen § 3 WEG n. F. |

    1. Sondereigentum nach altem Recht

    Vor der WEG-Novelle sah § 3 Abs. 1 WEG a. F. ausdrücklich vor, dass Sondereigentum nur an Räumen begründet werden konnte. Neben Wohnräumen zählten dazu auch Nebenräume wie z. B. Garagen oder Doppelstockgaragen nebst Hebeanlage (BGH 21.10.11, V ZR 75/11). Auch ein vollständig umschlossener Innenhof zählte als Raum und konnte bereits vor der WEG-Novelle sondereigentumsfähig sein (OLG Hamm 5.1.16, 15 W 398/15).

     

    Bislang nicht sondereigentumsfähig waren reine Grundstücksflächen wie Kfz-Stellplätze und ebenerdige Terrassen. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 WEG a. F. sollte Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn „Räume in sich abgeschlossen sind“. Eine Ausnahme davon sah das Gesetz für Garagenstellplätze vor, wenn ihre Flächen durch dauerhafte Markierungen ersichtlich waren (OLG Köln 21.4.82, 2 Wx 13/82).

     

    MERKE | Insbesondere für Stellplätze, die eine besondere wirtschaftliche Bedeutung haben können, hat die Praxis das Sondernutzungsrecht entwickelt. Das WEG benutzt den Begriff des Sondernutzungsrechts in § 5 Abs. 4 WEG a. F., ohne zu definieren, was darunter zu verstehen ist. Die Definition blieb damit den Gerichten vorbehalten.

     

    Der BGH hatte sich bereits 1978 (24.11.78, V ZB 11/77) mit einem für einen Wohnungseigentümer geschaffenen Nutzungsrecht an einem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Kfz-Stellplatz befasst. Nach Ansicht des BGH kann das Sondernutzungsrecht an einem Kfz-Stellplatz durch Vereinbarung der unmittelbar Beteiligten dem Recht eines anderen Wohnungseigentümers derselben Gemeinschaft zugeordnet werden, ohne dass es dazu nach dem Gesetz der Zustimmung der übrigen der Gemeinschaft gehörenden Wohnungseigentümer bedürfe. Dabei sah der BGH in der Gebrauchsregelung, soweit sie im Grundbuch eingetragen sei, nicht nur eine schuldrechtliche Regelung. Vielmehr sei die Gebrauchsregelung durch die Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden und habe damit dingliche Wirkung erlangt, ohne ein selbstständiges dingliches Recht zu sein.

     

    Nach einem älteren Beschluss des BGH (13.9.00, V ZB 14/00) ist das eingetragene Sondernutzungsrecht weder ein dingliches noch ein grundstücksgleiches Recht, sondern ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht, auch wenn es mit der Eintragung im Grundbuch eine Inhaltsänderung aller Eigentumsrechte bewirkt.

     

    FAZIT | Die Rechtsnatur des Sondernutzungsrechts bleibt in Teilen ungeklärt. Daran hat die WEG-Novelle nichts geändert, denn das Sondernutzungsrecht ist nicht weggefallen, sondern bleibt bestehen, § 5 Abs. 4 WEG n. F.

     

    2. Die aktuellen Gesetzesänderungen

    Neu strukturiert hat der Gesetzgeber § 3 WEG n. F.: So findet sich in § 3 Abs. 1 S. 1 WEG n. F. eine Legaldefinition des Sondereigentums. Neu eingefügt wurde § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n. F., wonach Stellplätze als Räume nach Abs. 1 gelten. Sie sind somit unabhängig davon, ob sie sich außerhalb oder innerhalb eines Gebäudes befinden, Gegenstand von selbstständigem, somit verkehrsfähigem Sondereigentum (BT-Drucksache 19/18791, S. 38). Folge: Für Stellplätze kann ein eigenes Teileigentumsgrundbuch angelegt werden. Stellplätze können somit an Dritte außerhalb der Eigentümergemeinschaft übertragen werden.

     

    An die Stelle der Abgeschlossenheit treten nach § 3 Abs. 3 WEG n. F. die Maßangaben im Aufteilungsplan. Diese Maßangaben müssen so genau sein, dass sie es im Streitfall ermöglichen, den räumlichen Bereich des Sondereigentums eindeutig zu bestimmen. Um dies zu ermöglichen, muss sich aus dem Plan in der Regel die Länge und Breite der Fläche sowie ihr Abstand zu den Grundstücksgrenzen ergeben. Eine Markierungspflicht auf dem Grundstück ist, anders als nach dem alten § 3 Abs. 2 S. 2 WEG a. F., nicht mehr notwendig, auch nicht für Stellplätze. Eine Markierung auf dem Grundstück führt nicht dazu, dass der räumliche Umfang des Sondereigentums genauer bestimmt wird, als dies bereits durch die Maßangaben im Aufteilungsplan der Fall ist.

     

    Beachten Sie | Es bleibt jedoch Wohnungseigentümern unbenommen, die Sondereigentumsbereiche auf dem Grundstück zu markieren und damit auch für jeden zu veranschaulichen. Dies hat aber keine Auswirkungen auf den Umfang des Sondereigentums.

     

    Der neue § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n. F. gilt für alle Arten von Stellplätzen. Daher sind auch solche auf oder unter einem Gebäude sowie einzelne Stellplätze in einer Mehrfachparkanlage (sog. Duplex- oder Quadruplexparker) erfasst.

     

    Was unter einem Stellplatz zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber nicht definiert. Auch in der Gesetzesbegründung findet sich nichts zur Art und Größe des Stellplatzes. Vor allem wird der Stellplatz allgemein und nicht nur einschränkend als Kfz-Stellplatz im Gesetz erwähnt. Es ist somit davon auszugehen, dass mit Stellplätzen Flächen gemeint sind, die zum Abstellen von Fahrzeugen aller Art, die für die Fortbewegung von Menschen geeignet sind, gemeint sind. Dazu gehören neben Pkw, Motorrädern, Fahrrädern, Wohnmobilen und LKW (Hügel/Elzer, WEG, § 3 Rn. 61) sicher auch Rollstühle und elektrische Rollatoren.

     

    Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs. 2 WEG n. F. eine weitere Neuerung geschaffen. Danach kann Sondereigentum für einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks begründet werden. Bezweckt ist, Freiflächen einzelnen Wohnungseigentümern wirtschaftlich zuzuordnen, ohne dass die mit der Zuweisung von Sondernutzungsrechten verbundene Rechtsunsicherheit in Kauf genommen werden muss (BT-Drucksache 19/18791, S. 39).

     

    MERKE | Die Möglichkeit, Sondereigentum an einer Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen auf Freiflächen zu erstrecken, wird jedoch in Anlehnung an die Vorschriften für das Erbbaurecht, § 1 Abs. 2 ErbbauRG, und das Dauerwohnrecht, § 31 Abs. 1 S. 2 WEG n. F., in zweifacher Hinsicht beschränkt:

     

    • 1. Grundsätzlich können außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks, wie Freiflächen, nicht alleiniger Gegenstand des Sondereigentums sein. Nicht möglich ist es daher, einen Miteigentumsanteil ausschließlich mit dem Sondereigentum an einem außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks zu verbinden. Möglich scheint durch § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n. F., dass sich das Sondereigentum an einem Stellplatz auf eine Freifläche erstreckt. Diese Freifläche könnte z. B. eine Zufahrt oder eine Wendemöglichkeit sein (Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG Reform 2020, § 3 Rn. 23).
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    • 2. Die Räume müssen wirtschaftlich die Hauptsache des Sondereigentums bleiben. Der Begriff der wirtschaftlichen Hauptsache ist wie in § 1 Abs. 2 ErbbauRG und § 31 Abs. 1 S. 2 WEG n. F. zu sehen. Es kommt auf die allgemeine Verkehrsanschauung im Einzelfall an, weniger auf die reine Flächengröße oder den reinen Verkehrswert (Hügel/Elzer, WEG, 3 Aufl. § 3 Rn. 69). Terrassen und Gartenflächen sollen in der Regel nicht als wirtschaftliche Hauptsache gelten (BT-Drucksache 19/18791, S. 39). Nach § 3 Abs. 2 WEG n. F. kann somit an außerhalb des Gebäudes liegenden Grundstücksteilen wie Terrassen und Gartenflächen, die nur als Nebensache gelten, Sondereigentum begründet werden. Dieses „Annexeigentum“ kann aber nicht losgelöst von Sondereigentum an Räumen begründet werden (Palandt/Wicke, BGB, § 3 WEG Rn. 10).
     

    Die Verkehrsfähigkeit der außerhalb des Gebäudes liegenden Teile des Grundstücks gemäß § 3 Abs. 2 WEG n. F. ist daher eingeschränkt zu betrachten, gleichwohl ist es echtes Sondereigentum. Anders als beim Stellplatz kann jedoch die Übertragung des „Annexeigentums“ nur an einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft erfolgen. Zudem können außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks nicht isoliert übertragen werden, sondern müssen mit einer bereits bestehenden Sondereigentumseinheit verbunden werden (Hügel/Elzer, a. a. O., § 3 Rn. 69).

     

    Das Sondereigentum an Grundstücksteilen außerhalb von Gebäuden erstreckt sich auch auf die darauf befindlichen baulichen Anlagen und Gebäude wie Geräteschuppen und Carports, nicht jedoch auf gemeinschaftliche Anlagen, die unter der Erde sind, wie Anschlussleitungen der zentralen Energie- und Wasserversorgung oder eine gemeinschaftliche Tiefgarage (Palandt/Wicke, a. a. O.).

     

    PRAXISTIPP | Welche Auswirkungen § 3 Abs. 2 WEG n. F. auf die Gestaltung von Reihenhäusern und Mehrhausanlagen hat, die nicht real, sondern nach WEG geteilt wurden, ist noch offen (näher dazu Palandt/Wicke, a. a. O., § 3 Rn. 11). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist die Begründung von Sondereigentum an einem gesamten Gebäude nicht möglich (BGH 3.4.68, V ZB 14/67; 26.10.12, V ZR 57/12). Ob sich daran durch § 3 Abs. 2 WEG n. F. etwas ändert, bleibt abzuwarten.

     

    Die außerhalb des Gebäudes liegenden Teile des Grundstücks sind ebenso wie Stellplätze von dem Abgeschlossenheitserfordernis ausgenommen. An dessen Stelle tritt § 3 Abs. 3 WEG n. F., wonach diese Teile durch Maßangaben wie Länge und Breite der Fläche im Aufteilungsplan bezeichnet sein müssen. Dabei müssen die Maßangaben so konkret sein, dass der räumliche Bereich des Sondereigentums in Abgrenzung zum Gemeinschaftseigentum eindeutig bestimmt werden kann. Dies wird insbesondere durch die Angabe der Lage auf dem Grundstück erreicht. Zudem ist § 7 Abs. 4 WEG n. F zu beachten. Danach sind die entsprechenden Flächen durch die Nummer der Sondereigentumseinheit, zu der sie gehören, zu kennzeichnen (MüKo/Krafka, BGB, WEG § 3 Rn. 56).

    3. Sondernutzungsrecht und Sondereigentum nach § 3 WEG n. F.

    Die bereits begründeten Sondernutzungsrechte an Stellplätzen oder Terrassen und Gärten behalten trotz der WEG-Novelle ihre Wirkung. Sie wandeln sich nicht in Sondereigentum um. Der neu geschaffene § 3 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 WEG n. F. bietet vielmehr eine weitere zusätzliche Gestaltungsmöglichkeit. So kann das bereits begründete Sondernutzungsrecht bestehen bleiben oder in Sondereigentum nach § 3 WEG umgewandelt werden. Soweit bestehende Sondernutzungsrechte in Sondereigentum umgewandelt werden sollen, ist dies nicht in Form eines Beschlusses oder einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer möglich. Vielmehr ist eine Einigung aller Wohnungs- und Teileigentümer in Form einer Auflassung, § 925 BGB, notwendig, da es sich um die Neubegründung von Sondereigentum zulasten des Gemeinschaftseigentums handelt. Die Umwandlung von Gemeinschafts- in Sondereigentum ist keine Maßnahme der Verwaltung. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist insoweit nicht zuständig (Palandt/Wicke, BGB, 80. Aufl. 21, § 3 Rn. 14).

     

    Beachten Sie | Sondernutzungsrechte können auch künftig neben dem Sondereigentum nach § 3 WEG n. F. begründet werden. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG n. F. erwähnt weiterhin das Sondernutzungsrecht ausdrücklich.

    4. Sondereigentumsrecht

    Ähnlich, wie das Sondernutzungsrecht ist auch das Sondereigentumsrecht zwar im WEG erwähnt, aber es fehlt eine gesetzliche Definition. § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG n. F. regelt die Ausnahme der Bestellung eines zertifizierten Verwalters und nennt u. a. als Voraussetzung, dass weniger als neun Sondereigentumsrechte bestehen müssen. In der Gesetzesbegründung heißt es zu dieser Ausnahme, dass in solchen Kleinanlagen der Verwaltungsaufwand typischerweise einen geringeren Umfang einnimmt (BT-Drucksache 19/22634, S. 44).

     

    PRAXISTIPP | Was unter Sondereigentumsrechten zu verstehen ist, kann auch der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden.

    • Zum einen wird vertreten, dass es bei den Sondereigentumsrechten allein auf die Zahl der Wohnungen ankomme und nicht etwa auf Stellplätze, die nach § 3 Abs. 1 S. 2 WEG n. F. ebenfalls Sondereigentum sind. Als Begründung wird angeführt, dass sich der Verwaltungsaufwand nach der Zahl der Wohnungen richte. Ist dieser ‒ wie aus der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist ‒ bei Kleinanlagen von geringerem Umfang, kann es sich bei den nicht weniger als neun Sondereigentumsrechten nur um die Zahl der Wohnungen handeln (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 566; Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform 2020, § 1 Rn. 91).

     

    • Zum anderen wird vertreten, dass es sich bei dem Begriff Sondereigentumsrecht um Sondereigentumseinheiten handelt, ungeachtet dessen, ob es sich um Wohnungseigentumseinheiten oder selbstständige Teileigentumseinheiten wie Stellplätze, eigenständige Keller und Speichereinheiten handelt (Palandt/Wicke, BGB, 80. Aufl., § 19 WEG Rn. 21).
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    • Beispiel: In einer Wohnanlage befinden sich drei Wohnungen, drei rechtlich selbstständige Kellerräume, an denen jeweils Teileigentum gebildet wurde, sowie drei rechtlich selbstständige Stellplätze, an denen Teileigentum gebildet wurde. Es existieren somit neun Sondereigentumseinheiten, sodass der Ausnahmetatbestand nach § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG n. F. nicht greift, obwohl nur drei Wohnungen vorhanden sind (MüKo/Rüscher, BGB, WEG § 19 Rn. 59).
     

    Wie der Begriff Sondereigentumsrecht zukünftig definiert wird, werden wohl die Gerichte entscheiden, ähnlich wie bei dem Begriff Sondernutzungsrecht.

    5. Fazit

    Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 3 WEG n. F. den Begriff des Sondereigentums gesetzlich definiert und erweitert, wie folgende Grafik zeigt:

     

     

    Beachten Sie | Was sich in der Praxis durchsetzen wird ‒ Sondernutzungsrecht auf der einen oder Sondereigentum nach § 3 Abs. 1. S. 2, Abs. 2 WEG n. F. auf der anderen Seite ‒ bleibt abzuwarten.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2021 | Seite 150 | ID 47493281