· Fachbeitrag · Technische Ausrüstung
Der richtige Umgang mit Baukostenobergrenzen
von Prof. Dipl.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Martin Vielhauer, Honorarsachverständiger für Technische Ausrüstung, München
| In vielen Verträgen werden Baukostenobergrenzen vereinbart, die gerade in Zeiten leerer Kassen immer häufiger zu Problemen in der Projektabwicklung führen. Insbesondere in der TA wirken sich ungenaue Vereinbarungen verheerend aus. Um derartige Probleme erst gar nicht aufkommen zu lassen, weist Ihnen PBP im folgenden Beitrag den richtigen Weg im Umgang mit dieser wichtigen Rahmenbedingung beim Planen. |
Die Baukostenobergrenze: Ein Dauerbrenner
Über den Umgang mit Kostenobergrenzen (KOG) ist schon viel geschrieben und geurteilt worden. Spannend für den Nicht-Juristen sind folgende Urteile:
- Zulässigkeit von KOG-Klausel in Verträgen der öffentlichen Hand: BGH, Urteil vom 11.07.2019, Az. VII ZR 266/17, Abruf-Nr. 210394; BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az. VII ZR 185/13, Abruf-Nr. 189683: Schadenersatz, KOG begrenzt Honorar
- Information und Mitwirkung des Bauherrn: OLG Frankfurt, Urteil vom 03.08.2015, Az. 4 U 3/15, Abruf-Nr. 199988; BGH, Urteil vom 06.10.2016, Az. VII ZR 185/13, Abruf-Nr. 189683: Beweislast für KOG
- Wertsteigerung und Schaden: OLG Dresden, Urteil vom 27.10.2022, Az. 10 U 1092/20, Abruf-Nr. 240666
- Art und Definition der KOG und Leistungspflichten des Planers: KG Berlin, Urteil vom 28.08.2018, Az. 21 U 24/16, Abruf-Nr. 204400
Vor allem die Themen Schadenersatzanspruch und „honorarneutrale“ Umplanung bei Überschreitung der KOG (Beschaffenheitsvereinbarung) haben sich inzwischen herumgesprochen. Wer sich mit diesen intensiver beschäftigen möchte, dem sei die Lektüre des Urteils des Kammergerichts Berlin vom 07.11.2017, Az. 7 U 180/16, Abruf-Nr. 198238 empfohlen.
Gut gemeint und doch am Ziel vorbei
Im Vordergrund dieses Beitrags steht aber nicht das juristische Für und Wider, sondern der praxistaugliche und proaktive Umgang mit dieser ungemein wichtigen Vertragsklausel im alltäglichen Projektgeschäft.
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„Der Auftragnehmer hat seine Leistungen so zu erbringen, dass die Kostenobergrenze für die Baumaßnahme von …. Euro brutto/… Euro netto nicht überschritten wird. Die genannten Kosten umfassen die KG 200 bis 600 nach … DIN 276-1:2008-12 o. DIN 276:2018-12, soweit diese KG in der ES-Bau erfasst sind. Der Auftragnehmer hat seine Leistungen bezogen auf die von ihm zu bearbeitenden Kostengruppen so zu erbringen, dass diese Kostenobergrenze eingehalten wird.“ |
Wer kennt sie nicht, die Klausel, die so oder so ähnlich in die Verträge kopiert wird. Sie liest sich klar und logisch, hat es aber doch in sich und in vielen Projekten entzündet sich an ihr ein erbitterter Streit, der bis zur Kündigung führen kann. Doch warum ist das so?
Hintergrund ‒ Schutz des Bauherrn
Grundsätzlich ist es vollkommen nachvollziehbar, dass ein Bauherr dem Architekten bzw. TA-Planer ein Budget vorgibt. Schließlich muss ein Bauvorhaben auch finanziert werden. Und auch die öffentliche Hand muss in ihrem Haushalt verlässlich wirtschaften können. Heruntergebrochen auf den Bau des Eigenheims wird der Hintergrund der KOG schnell klar. Wer als Bauherr nur eine Finanzierung von einer Mio. Euro bei der Bank hat, dem nützt es nichts, wenn der Architekt für zwei Mio. Euro plant. Soweit der gesunde Menschenverstand. Das Problem in der Praxis ist jedoch die praktische Ausgestaltung der KOG sowie der Umgang mit ihr im Projektverlauf.
Bezeichnungschaos auflösen
Entgegen der eindeutigen Verwendung des Begriffs „Kostenobergrenze“ werden in den Verträgen häufig andere Formulierungen verwendet. Man spricht von „Zielkosten“, „Baubudget“ oder „einzuhaltendem Kostenrahmen“. Zwar verdeutlichen auch diese Begriffe dem Planungsteam, was sich der Bauherr vorgestellt hat. Doch bleibt oft unklar, ob es sich um eine „harte“ Definition im Sinne einer echten KOG handelt. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da auch die Angabe von maximalen Baukosten ohne explizite Bezeichnung als solche durchaus eine Baukostenobergrenze (Beschaffenheit) darstellen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2013, Az. VII ZR 230/11, Abruf-Nr. 131176).
PRAXISTIPP | Sprechen Sie das Thema KOG in den Vertragsverhandlungen offensiv an und klären Sie Terminologie und Hintergründe der Begrifflichkeit. Viele Bauherren sind sich mittlerweile der Schwierigkeit und Komplexität der KOG bewusst. Hintergrund der KOG ist meist der Wunsch nach Transparenz und strukturierter Beratung bei der Kostenentwicklung. Dies kann jedoch auf andere Weise weitaus besser gewährleistet werden als mit einer KOG. Sollte dem Bauherrn die Tragweite einer KOG nicht bewusst sein, obliegt Ihnen die Aufklärung. Dies hat bereits in den Vertragsverhandlungen zu erfolgen. |
Brisanz erfährt das Thema der KOG durch § 650p Abs. 2 BGB ‒ Zielfindung.
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Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind, hat der Unternehmer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen. Er legt dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung vor. |
Nach wie vor wird die Leistung „Kosteneinschätzung“ von vielen TA-Planern nur stiefmütterlich behandelt und zwar trotz der Risiken aus dem Sonderkündigungsrecht, das gerade erst wieder einen Planer hart getroffen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2023, Az. 22 U 153/23, Abruf-Nr. 239570).
Für was trägt der Planer die Kostenverantwortung?
Bei der KOG wird dem TA-Planer oft mittels Vertragsklauseln die Verantwortung für die gesamten Kosten des Bauwerks übertragen. Dies macht jedoch keinen Sinn. Ein TA-Planer kann nur die Kosten verantworten, die er auch selbst plant (vgl. auch LG Karlsruhe, Urteil vom 10.08.2018, Az. 10 O 569/16). Möchte ein Bauherr eine KOG explizit für die TA-Fachplanung formulieren, so muss diese hinreichend bestimmt sein. Für die TA-Fachplanung umfasst das die beauftragten Teile der KG 400 und ggf. die KG 200 und KG 500. Beachten Sie, dass bei größeren Bauvorhaben die beiden letztgenannten KG nicht zu unterschätzen sind.
Werden jedoch nicht alle Anlagengruppen beauftragt, sondern bspw. nur die Elektrotechnik, sollten die KOG für diese Kostengruppen ‒ wenigsten in Summe ‒ explizit genannt werden (z. B. KG 440 und KG 450). Spannend kann das werden, wenn in der KG 440 die Beleuchtung separat an einen Lichtplaner vergeben wird, weil z. B. ein spezielles Lichtkonzept realisiert werden soll. Die Beleuchtung kann einen erheblichen Kostenfaktor darstellen und sollte daher aus der eigenen KOG herausgelöst werden.
Wichtig | Die Integration von Fremd- oder Subleistungen in die eigene KOG ist immer problematisch und sollte möglichst vermieden werden.
Vom Mythos der (Kosten-)Toleranz
Die Mär von der „Toleranz“ bei der Kostenschätzung (KOSCH) und Kostenberechnung (KOBE) hält sich in der TA-Branche immer noch hartnäckig. Diese gibt es jedoch nicht. Zwar kursieren verschiedene Urteile wie das des OLG Hamm (Urteil vom 15.03.2018, Az. 21 U 22/17, Abruf-Nr. 208454) oder des OLG Dresden (Urteil vom 24.11.2016, Az. 10 U 1128/15, Abruf-Nr. 211313), aus der die Branche meint, die Existenz von „Toleranzen“ ableiten zu können. Diese „Toleranzen“ lassen sich jedoch nicht verallgemeinern und sollten daher auf keinen Fall als Freibrief gewertet werden (vgl. auch PBP 8/2019, Seite 17, Abruf-Nr. 46024522) ‒ insbesondere nicht bei einer Beschaffenheitsvereinbarung. Das Überschreiten einer KOG von zehn Mio. Euro um eine Million kann keinesfalls mit dem Verweis auf „Toleranzen“ von zehn bis 20 Prozent in der KOBE geheilt werden.
Es versteht sich von selbst, dass eine KOSCH oder eine KOBE in ihrer Genauigkeit nicht einem bepreisten LV entspricht. Wäre dies der Fall, hätte die phasenweise Vertiefung der Planung keinen Sinn. Eine KOSCH oder KOBE muss vor allem zum Zeitpunkt ihrer Erstellung und auf Basis der dann vorliegenden Planungsergebnisse richtig sein. Deshalb gehören antizipierte Preissteigerungen oder Eventualrisiko-Positionen auch nicht in die KOBE, sondern sollten gesondert ausgewiesen werden, und zwar insbesondere dann, wenn eine KOG vereinbart wurde.
Wann ist eine Kostenobergrenze einzuhalten?
„Die KOG ist in jeder Leistungsstufe/-phase einzuhalten“ ‒ so findet es man immer wieder in Verträgen. Dabei ist für einen realistischen Umgang mit diesem wichtigen Planungsparameter der jeweilige Zeitpunkt des Nachweises der Einhaltung von entscheidender Bedeutung. Doch dieser ist in den meisten Klauseln gar nicht weiter definiert. Es macht aber einen erheblichen Unterschied, ob die KOG bis zur Kostenberechnung oder bis zur Kostenfeststellung einzuhalten ist. Letzteres scheitert schon zumeist an der Beeinflussbarkeit der Kosten durch den TA-Planer ab der Lph 5.
Denn man kann sich noch so viel Mühe geben, auf die Marktsituation bei der Vergabe hat man schlichtweg keinen Einfluss. Ist der TA-Markt übersättigt, werden die Angebote die KOBE weit übersteigen. Ist die Branche in der Krise, wird die KOBE unterboten. Umso wichtiger ist es, die Kostenberechnung ordentlich und nachvollziehbar zu erstellen, um bis zum Prüfzeitpunkt die Entwicklung der Kosten nachweisen zu können.
Dabei kommt vor allem dem Änderungsmanagement eine tragende Rolle zu. Jede Änderung mit Kostenauswirkungen, egal ob direkt bei TA-Fachplanung oder latent durch Änderungen der Architektur, ist im Hinblick auf die Einhaltung der KOG anzuzeigen und transparent zu diskutieren. Das Ergebnis der Entscheidung des Bauherrn ist wiederum zu dokumentieren.
Wichtig | Bei Änderungen ist vom Planer eine (pro)aktive Beratungsleistung zu den Kosten gefordert. Dies gilt auch bei Verträgen, bei denen dies nicht, wie bei der öffentlichen Hand, explizit gefordert wird.
Werden Änderungen trotz des potenziellen Risikos der Überschreitung der KOG gewünscht, ist auch die KOBE und die KOG schriftlich anzupassen. Dies gilt, je nach Vertragsklausel, auch für Änderungen, die innerhalb der Lph 5 zu Kostenerhöhungen führen. In letzter Konsequenz kann der TA-Planer seine Kosten gemeinsam mit dem Bauherrn nur bis zum Ende der Lph 5 aktiv beeinflussen, mehr nicht. Daher machen KOG in der TA sowohl planerisch als auch vertraglich nur bis zur Lph 5 Sinn (ggf. inkl. Nachweis über Teilleistung Lph 6 d-e, bepreistes LV).
Baukosten-Index-Fortschreibung ‒ Welche und ab wann?
Besonders bei „Langläufer-Projekten“ wird den Klauseln zur KOG meistens eine Baukosten-Index-Fortschreibung hinzugefügt. Dies ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, da damit das Risiko eines weiteren, durch den Planer nicht beeinflussbaren Parameters eliminiert wird. Jedoch ergeben sich dennoch oftmals Probleme: Denn wenn es bei der KOG knapp wird, zählt jeder Monat, für den die Index-Steigerung angesetzt werden kann.
Daher ist es wichtig zu vereinbaren, ab wann die Index-Fortschreibung beginnen darf. Auch sollte bei Vertragsschluss vereinbart werden, welcher Index verwendet werden soll. Hier gibt es verschiedene Quellen, wie z. B. das statistische Bundesamt oder den BKI. Manchmal existieren zudem noch regional unterschiedliche Index-Fortschreibungen (in Berlin gibt es z. B. deren zwei). Im Übrigen beziehen sich viele Vereinbarungen auf den „Bau-Global“, der nicht an die TA bzw. unterschiedliche Projekttypen angepasst ist.
Kostenobergrenze und Kostenverfolgung
Häufig konzentrieren sich Planer vornehmlich auf die KOG, übersehen jedoch in diesem Zuge die erweiterten vertraglichen Pflichten zur Kostensteuerung.
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Im Rahmen der fortlaufenden Kostensteuerung und Kostenkontrolle ist der Auftragnehmer verpflichtet, die Kosten der Technischen Ausrüstung bis zum Abschluss der Entwurfsplanung in der Gliederung … (…) und ab der Ausführungsplanung parallel auch nach Vergabeeinheiten/vergabeorientierten Kostenkontrolleinheiten, ‒ zu erfassen und kontinuierlich fortzuschreiben. (...)
Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber fortlaufend zu Kostenrisiken, insbesondere bei zu erwartenden Baupreissteigerungen, Bestands- oder Baugrundrisiken, zu beraten. Er hat geeignete Maßnahmen zur Reduzierung, Vermeidung, Überwälzung und Steuerung von Kostenrisiken aufzuzeigen. Sofern Kostenrisiken beziffert werden, sind sie in der Kostenermittlung gesondert auszuweisen. |
Diese Klauseln erhöhen die Beratungspflichten und Leistungen für den Planer. Und ja, dies geht über die HOAI-Grundleistungen hinaus. Jedoch bestimmt nicht die HOAI die Leistung, sondern der Vertrag. Da diese Leistungen durchaus einen wesentlichen Zeitaufwand über die gesamte Projektlaufzeit hinweg erfordern können, sind diese durch den TA-Planer zu bepreisen.
Erbringen Sie als Planer diese Leistungen nicht, können sich Risiken aus der Verletzung von Beratungspflichten ‒ insbesondere im Zusammenhang mit der KOG ‒ ergeben. Daher ist es wichtig, diese Leistungen auch zu dokumentieren. Achten Sie unbedingt auf den Wortlaut der Vertragsklauseln. Es wird hier von „fortlaufenden“ und „kontinuierlichen“ Leistungen gesprochen.
PRAXISTIPP | Prüfen Sie Ihren Vertrag auf zu erbringende Leistungen und verlassen Sie sich nicht auf den Bezug zur HOAI. Grundsätzlich ist die Leistung der Kostensteuerung vor allem bei größeren Projekten für beide Vertragsparteien sinnvoll und sollte nicht nur beim Projektsteuerer angesiedelt werden. Transparenz bei der Kostenentwicklung hilft bei der Entscheidungsfindung und der Konfliktvermeidung ‒ vor allem wenn eine KOG vereinbart wurde. |
Problem ‒ Innovation und Kostenentwicklung
Ein weiteres Problem in der TA in Bezug auf die KOG ist die Kostenentwicklung von „innovativen“ KG bei langlaufenden Projekten. Dies betrifft vor allem die Anlagengruppe 5 (Fernmelde- und informationstechnische Anlagen) und insbesondere auch die Anlagengruppe 7 (Bühnentechnische Anlagen).
Speziell beim Bau oder der Sanierung von Museen, Theatern und Konzertsälen wird mittlerweile sehr viele elektronische und IT-gesteuerte Ton- und Veranstaltungstechnik mit hohen Kosten verbaut. Man denke hierbei z. B. an Touchpanels, Großbildschirme oder interaktive Präsentationstechniken.
Diese Komponenten sind nicht nur sehr kostenintensiv sondern auch großen Kostenschwankungen unterworfen. Waren bspw. große Plasmabildschirme vor einigen Jahren noch unerschwinglich, sind sie heute meist Standard. Gerade im Bereich der IT- und Präsentationstechnik sind die Kosten davon abhängig, ob zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe ein technischer Generationswechsel und eine Innovation anstehen oder nicht.
Daher ist bei derartigen Komponenten die Kostenentwicklung mit Jahren Vorlauf bis hin zur Ausschreibung kaum plausibel zu bestimmen. Umso wichtiger ist es, diesen Sachverhalt mit dem Bauherrn zu besprechen und eine tragfähige Einigung bezüglich der „Innovationskostenentwicklung“ zu erzielen.
Kostenobergrenze versus Qualität: Was tun?
Nun stellt sich als TA-Planer die Frage: Was mache ich, wenn der Bauherr eine echte Baukostenobergrenze definiert? Was ist z. B. zu tun, wenn finanzierungsbedingt nur fünf Mio. Euro zur Verfügung stehen oder das avisierte Geschäftsmodell im Falle einer Kostenüberschreitung für den Bauherrn nicht mehr funktioniert?
In solchen Fällen ist der erste Schritt ein verantwortungsvoller Umgang mit den Kosten mit entsprechenden Hinweisen an den Bauherrn. Das bedeutet konkret, dass transparent über Qualitäten und Kostenpuffer und eben auch etwaige Kürzungen gesprochen werden muss. Dabei muss die Diskussion bereits in der Grundlagenermittlung starten und spätestens bei der Planung von Varianten in der Lph 2 versachlicht werden.
Falls tatsächlich nur fünf Mio. Euro „im Topf“ sind, können bei einer echten KOG „über alle Leistungsphasen“ aus einer Risiko-Abwägung verantwortungsvoll nur max. drei bis vier Mio. Euro bis zur Lph 5 „real verplant“ werden. Zu groß wären ansonsten die Unsicherheiten aufgrund der fehlenden Beeinflussbarkeit der Kostenentwicklung im weiteren Projektablauf. Und ja, das reduziert dann nicht nur die Qualität für den Bauherrn, sondern auch das Honorar für den Planer. Diese transparente Diskussion wird allerdings von vielen Bauherrn und Planern gescheut. Und oft stellt sich heraus, dass die „heilige“ Kostenobergrenze doch nur ein „grober Rahmen“ war.
Nur selten wollen Bauherren tatsächlich weniger Budget verplant wissen und die daraus folgenden Qualitätseinbußen hinnehmen. Das Ignorieren der unangenehmen Risikovorsorge passt in einem solchen Fall aber nicht zu einer echten KOG „über alle Leistungsphasen“. Die KOG wurde nicht zum Zweck der Risikoverlagerung auf den Planer, sondern zur Risikovorsorge für den Bauherrn geschaffen. Daher ist gleich von Beginn an mit der KOG zu arbeiten, der Bauherr mit in die Verantwortung zu nehmen und mit ihm über aktive Steuerungsmöglichkeiten zu sprechen.
Nur der aktive Hinweis auf den Zielkonflikt zwischen vorhandenem Budget und gewünschten Qualitäten und das Aktivieren der Mitwirkungspflicht des Bauherrn kann den Planer entlasten (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.08.2015, Az. 4 U 3/15, Abruf-Nr. 199988). Diese Hinweispflicht wird zudem durch die ggf. vereinbarte vertragliche Leistungskomponente „Kostensteuerung“ nochmals verstärkt.
PRAXISTIPP | Verlassen Sie sich nicht auf die Grauzonen der Rechtsprechung. Arbeiten Sie von der Angebotsabgabe bis zum Projektende proaktiv mit der Kostenvorgabe, unabhängig davon, ob es sich um eine vermeintliche Kostenobergrenze handelt oder nicht. Bieten Sie dem Bauherrn eine kleinteilige Kostensteuerung an oder prüfen Sie, ob diese nicht bereits im vereinbarten Leistungssoll enthalten ist. Begrenzen Sie die Kostenobergrenze auf den Zeitpunkt der Entwurfsplanung, ggf. auf das Ende der Lph 5 (im Zweifelsfall mit Wiederholung der Grundleistung Kostenberechnung). |
Checkliste / Umgang mit einer Baukostenobergrenze | ||
1) | Ist eine echte Baukostenobergrenze vereinbart bzw. hinreichend bestimmt? | ❒ |
a: Gilt die KOG nur für selbst zu beeinflussende Kosten? | ❒ | |
b: Bis zur welcher Lph ist die KOG einzuhalten? | ❒ | |
2) | Will der Bauherr überhaupt eine echte Baukostenobergrenze oder lediglich eine transparente Kostenkontrolle, um einen Ziel-Korridor bei den Kosten einzuhalten? Sind ihm die Konsequenzen seiner Entscheidung (Zielkonflikt, Rechtsfolgen, Planungsbudget) bewusst? | ❒ |
3) | Wie wird mit Baukostensteigerungen innerhalb der Lph umgegangen? | ❒ |
4) | Welcher Baukosten-Index ist vereinbart? Ab wann können Steigerungen angesetzt werden? | ❒ |
5) | Sind Sonderbauteile- bzw. Innovationsrisiken auszuschließen oder separat zu regeln (z. B. IT- oder Beleuchtungsplanung)? | ❒ |
6) | Ist ein Änderungsmanagement vereinbart und welcher Kostenstartpunkt ist festgelegt? | ❒ |
FAZIT | Echte Kostenobergrenzen können hohe Risiken für die TA-Planer erzeugen. Sie sind daher bereits in den Angebots- und Vertragsverhandlungen aufzuklären. Feste Kostenobergrenzen über alle Lph sind aufgrund ihrer Struktur und Wirkung für einen dynamischen Projektablauf in der Praxis ungeeignet. Um eine Kostensicherheit im Projekt zu gewährleisten, ist ein proaktive, transparente Kostensteuerung und ein strukturiertes Änderungsmanagement viel besser geeignet als stumpfe Vertragsklauseln. |
Weiterführende HinweisE
- Beitrag „BGH spricht Machtwort: Baukostenobergrenze als vertragliche Vereinbarung ist zulässig“, PBP 9/2019, Seite 12 → Abruf-Nr. 46085045
- Beitrag „Toleranzen bei Kostenermittlungen: So mindern Sie Ihr Haftungsrisiko für Kostensteigerungen“, PBP 8/2019, Seite 17 → Abruf-Nr. 46024522