· Fachbeitrag · Vertragsrecht
Bauherr mischt sich in fachliche Planungsfestlegungen ein: So sollten Sie reagieren
| Der Architekt ist verpflichtet, eine Planung zu erstellen, auf deren Grundlage ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Bauwerk errichtet werden kann. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der Auftraggeber der Ansicht ist, eine bestimmte Bauleistung müsste nicht ausgeführt werden. Das hat das OLG Düsseldorf im Einvernehmen mit dem BGH klargestellt und dem Architekten ein Haftungsrisiko auch für den Fall aufgebürdet, dass er Anweisungen der Auftraggebers auftragsgemäß „abarbeitet“. Ziehen Sie daraus in der Vertragsabwicklung die richtigen Schlüsse. |
Typische Einmischungskonstellationen im Tagesgeschäft
Gerade wenn der Bauherr eine eigene Bauabteilung oder ein Bauamt unterhält kommt es häufig vor, dass in die Domäne des Planers „hineinregiert“ wird. Sei es, um eigene fachtechnische Vorstellungen durchzusetzen oder Investitionskosten zu sparen. Stellt sich die Planungslösung, auf die sich Planer und Bauherr im Zuge der Ausführungsplanung „geeinigt“ haben (der Bauherr hat seine Vorgaben durchgesetzt), als mangelhaft heraus, kommt die Haftungsfrage aufs Tablett. Haftet der Planer für Bauschäden bzw. Mehrkosten oder trägt der Auftraggeber die Verantwortung?
OLG Düsseldorf und BGH legen Finger in Haftungswunde
Das OLG Düsseldorf ist unter Billigung des BGH (Beschluss vom 12.3.2015, Az. VII ZR 334/13) der Auffassung, dass der Planer die vereinbarte Beschaffenheit durch seine Planungs- und Überwachungsleistungen ermöglichen muss. Eine gegen den Willen des Planungsbüros getroffene Festlegung des Bauherrn (hier: Vorgabe zum Verzicht auf Fugen an Balkonen) ändert daran nichts. Der Planer bleibt Herr des Geschehens und damit in der Haftung. Das gilt zumindest für den Fall, dass er die Vorgaben des Auftraggebers übernimmt, ohne diesen unmissverständlich über die Folgen aufzuklären (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, Az. 23 U 32/13, Abruf-Nr. 145041).
Mit anderen Worten: Will der Auftraggeber eine Planungslösung durchsetzen, die nach Ansicht des Planers den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder zugesicherten Eigenschaften nicht entspricht, muss er den Auftraggeber darauf hinweisen. Er kann sich nicht ohne Weiteres damit herausreden, dass der Bauherr die Entstehung des Bauschadens selbst bewirkt hat.
Konsequente Beratung des Auftraggebers ist die Lösung
Um Haftungsrisiken und vermeidbare Zusatzaufwendungen im Planungsbüro zu vermeiden, gibt es nur einen Weg: Beraten Sie den Auftraggeber entsprechend. Tun Sie das schriftlich. Weisen Sie ihn in dem Schreiben unmissverständlich darauf hin, dass die fachtechnische Planungshoheit bei dem liegen muss, der später die Haftungs- und Gewährleistungsrisiken trägt. Das bedeutet nicht, dass der Bauherr keine Vorgaben machen darf. Aber wenn die Vorgaben ungeeignet sind, muss der Planer alles Zumutbare unternehmen, um Mängel zu vermeiden.
Wichtig | Nutzen Sie das folgende Musterberatungsschreiben. Es enthält nicht nur die fachtechnischen Dinge, sondern gibt dem Auftraggeber auch ein Zeitfenster vor, binnen dessen er eine Entscheidung treffen muss. Dieses Zeitfenster ist wichtig, um Termine nicht zu gefährden. Machen Sie dem Bauherrn in dem Schreiben auch deutlich, welche Folgen eintreten, wenn er Entscheidungen nicht termingerecht trifft.
Musterschreiben / Information über fachtechnisch fragwürdige Planungseingriffe |
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich komme zurück auf die Baubesprechung vom 24.Juli 2015, in der die Detailplanung der Fassade besprochen wurde. Sie hatten vorgegeben, auf die Fugen zwischen den großformatigen Platten zu verzichten, um bestimmte gestalterische Ergebnisse zu erzielen. Nach eingehender Prüfung kommen wir zum Ergebnis, dass aus fachtechnischen Gründen auf die Fugen zwischen den Fassadentafeln nicht verzichtet werden kann. Wir hatten Ihnen bereits am 24. Juli dargelegt, dass der Verzicht auf Fugen ungeahnte fachtechnische und gestalterische Risiken mit sich bringt, deren Auswirkungen derzeit nicht zuverlässig einschätzbar sind. So besteht die Gefahr, dass Platten in den Randbereichen abbrechen. Darüberhinaus halten wir es nach wie vor für zwingend erforderlich, die Fugen konstruktiv und sichtbar auszubilden, um spätere Bauschäden zu vermeiden.
Die konstruktiven Erfordernisse ergeben sich unter anderem aus den DIN-Normen sowie den sonstigen allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik, im Einzelnen …, …, ... Die weiteren konstruktiven und gestalterischen Missstände, die sich ergeben, wenn Ihrem Wunsch der Änderung der Ausführungsplanung entsprochen würde, hatten wir bereits ausführlich dargelegt.
Wir gehen davon aus, dass Sie sich unserer Auffassung nunmehr anschließen, um etwaige Bauschäden zu vermeiden. Teilen Sie uns bitte bis zum 15. August 2015 mit, ob Sie sich unserer Planungslösung gemäß Plan Nr. … anschließen. Wir benötigen Ihre Zustimmung im Rahmen Ihrer Mitwirkungspflicht, um die weitere Planungsvertiefung und Bauausführung terminlich ungehindert fortsetzen zu können. Sollten Sie an Ihrer gegenteiligen Auffassung festhalten, ist davon auszugehen, dass (der noch zu gewinnende) ausführende Unternehmer ebenfalls Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung erhebt (VOB/B) und daraus Bauzeitverzögerungen resultieren können. Diese Verzögerungen werden vermieden, wenn Sie unserem Vorschlag zustimmen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir diese klare Empfehlung zum jetzigen Zeitpunkt aussprechen, weil wir alles dafür tun wollen, das Risiko späterer Bauschäden unbedingt zu vermeiden. Es gehört zu unseren Aufgaben, Sie hinsichtlich der fachtechnischen Beschaffenheit der Planung ordnungsgemäß zu beraten.
Wir benötigen Ihre endgültige Entscheidung bis zum oben genannten Termin, um die weitere Planungsvertiefung terminlich nicht zu verzögern.
Mit freundlichen Grüßen Planer |
Weiterführender Hinweis
- Das Musterschreiben „Auftraggeber-Information über fachtechnisch fragwürdige Planungseingriffe“ finden Sie zur individuellen Bearbeitung auf pbp.iww.de unter Downloads → Musterschreiben → Optimale Vertragsabwicklung - allgemein