· Fachbeitrag · Honorarrecht
Honorarverlust vorbeugen: OLG Düsseldorf verlangt nachvollziehbare Rechnungen
| Die Tatsache, dass ein Auftraggeber die Prüffähigkeit Ihrer Rechnung nicht binnen der Zwei-Monats-Frist gerügt hat, sollte Sie nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Ihr Honoraranspruch kann nämlich selbst dann noch als „nicht schlüssig dargelegt“ verworfen werden. Dieses Schicksal droht Ihnen nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf, wenn Sie anrechenbare Kosten in der Rechnung nicht so aufgeschlüsselt haben, dass es der Auftraggeber rechnerisch nachvollziehen kann. Ziehen Sie daraus für Ihre Honorarermittlung und Rechnungsstellung die richtigen Konsequenzen. |
Der honorarrechtliche Hintergrund
Normalerweise muss der Auftraggeber innerhalb von zwei Monaten rügen, dass Ihre Rechnung nicht prüffähig ist. Versäumt er die Frist, ist die Rechnung prüffähig und Ihre Forderung fällig (BGH, Urteil vom 27.11.2003, Az. VII ZR 288/02; Abruf-Nr. 040240). Das OLG hat jetzt aber klargestellt, dass selbst ein Versäumnis der Zwei-Monats-Frist für Sie keine Gewähr ist, einen Honoraranspruch durchsetzen zu können.
Das Urteil des OLG Düsseldorf
Die Düsseldorfer Richter haben vier wichtige Aussagen getroffen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.3.2014, Az. 21 U 90/13; Abruf-Nr. 143017):
- Die bloße Angabe von Werten (bzw. Kostenbeträgen in einer Kostenberechnung) genügt nicht, um die anrechenbaren Kosten nachvollziehbar darzulegen.
- In der Rechnung müssen nicht nur die Ergebnisse der Kostenermittlungen, sondern auch die den Ergebnissen zugrunde liegenden Kriterien angegeben werden (zum Beispiel Baustandard).
- Sachliche Einwendungen gegen eine Honorarrechnung - wie etwa die Unmöglichkeit angegebene Beträge je Kostengruppe rechnerisch nachzuvollziehen - können auch die Prüffähigkeit der Rechnung tangieren.
- Defizite der Schlussrechnung im Hinblick auf die Prüfbarkeit führen im Honorarprozess dazu, dass die Klageforderung nicht schlüssig dargetan ist und die Klage (endgültig) als unbegründet abgewiesen wird.
Beachten Sie | Die oben beschriebenen Defizite einer Honorarrechnung müssen nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist gerügt werden, weil sie auch erst im Zuge einer intensiven späteren Rechnungsprüfung auffallen können. Damit stellt das OLG Düsseldorf ganz nebenbei klar, dass die Ermittlung der anrechenbaren Kosten auch rechnerisch nachvollzogen werden muss und gegebenenfalls korrigiert werden kann. Insbesondere genügt es nicht, in der Rechnung für die verschiedenen Lph verschiedene Werte zu nennen (ohne sie näher zu erläutern). Vielmehr müssen sowohl die Ergebnisse der Kosten-ermittlung als auch die zugrunde liegenden Kriterien angegeben werden.
Wichtig | Ob sich diese Ansicht des OLG Düsseldorf verallgemeinern lässt, bleibt offen. Denn hier lag ein spezieller Einzelfall vor, bei dem es im Nachhinein nicht möglich war, die Rechnung nachzuvollziehen.
PRAXISHINWEIS | Die Frage „Wie stelle ich sicher, dass die anrechenbaren Kosten für den Auftraggeber (und dessen Rechnungsprüfer) nachvollziehbar sind?“ hat große Bedeutung. Klären Sie deshalb unter allen Planungsbeteiligten vor Aufstellung der Kostenschätzung oder -berechnung, wie Kosten ermittelt werden. Damit Sie sich im Tagesgeschäft leichter tun, finden Sie nachfolgend auch zwei Beispiele, wie anrechenbare Kosten für jeden Projektbeteiligten transparent ermittelt werden können. |
DIN 276 hilft bei Umsetzung der Forderungen des Gerichts
Bei der Frage, wie Sie die Forderung des OLG am besten umsetzen können, hilft ein Blick in die DIN 276. Die DIN 276 ist zwar keine Regelung des verbindlichen Preisrechts. In § 4 HOAI 2013 wird aber auf die DIN 276 in der Fassung vom Dezember 2008 Bezug genommen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die DIN bei der Honorarberechnung zu beachten ist.
Die DIN 276 (Teil 1 und Teil 4) hält in Abschnitt 3 fest, dass der Kostenberechnung (die DIN 276 Teil 1 ist Honorarermittlungsgrundlage in der HOAI 2013) unter anderem eine Berechnung der Mengen von Bezugseinheiten der Kostengruppen als Information zugrunde zu legen ist. Das führt im Ergebnis dazu, dass Mengen von Bauteilen in der Tiefenschärfe der Gliederung, wie sie die HOAI vorsieht, mit Bezugsgrößen von Mengen zu multiplizieren sind. Der Rechnungsempfänger kann dann nicht nur die Mengen nachprüfen sondern auch klären, ob die Bezugsgrößen (zum Beispiel m², m³, Stück, …) angemessen sind.
Die Bezugsgrößen sollen sich aber nur auf die Bezeichnungen in der jeweiligen Kostengruppe beziehen. Es sind also zur Entwurfsplanung auch nach dem Urteil des OLG Düsseldorf keine Kostenangaben in der Tiefenschärfe der bepreisten LV anzugeben.
PRAXISHINWEIS | Wir empfehlen, die Kostenberechnung nach diesem Prinzip aufzubauen. Die Bezugsgrößen, die Sie multiplizieren, können je nach Kostengruppe oder Bauteil unterschiedlich sein. |
Berechnungsmethode in Tiefenschärfe der Entwurfsplanung
Das folgende Beispiel zeigt die Systematik der Ermittlung der Kosten. Zum Kostenbetrag für die jeweilige Kostengruppe kommen Sie, indem Sie die Bezugseinheit (Spalte 2) mit den Kosten pro Bezugseinheit (Spalte 3) multiplizieren. In der Tabelle unten ist zugrunde gelegt, dass die Kosten in der Kostenberechnung mindestens bis zur 2. Ebene gegliedert werden. So sieht es die Regelung in § 2 Abs. 11 HOAI vor. Es handelt sich um die „Mindesttiefenschärfe“.
Beispiel 1: Gliederung der Kostengruppe 300 nach DIN 276 Teil 1
Achten Sie darauf, dass für die Kostenberechnung dieses Mindestmaß an Gliederungstiefe vereinbart wird. Ist dagegen die 3. Ebene als Kostengliederungstiefe vereinbart worden (siehe Anforderungen im Leistungsbild Technische Ausrüstung), besteht ein deutlich höherer Berechnungsaufwand. Beachten Sie, dass die Fachplanung Technische Ausrüstung bei der Kostenberechnung die 3. Ebene erfordert. Die nachstehende Tabelle enthält im Ergebnis nachprüfbare Angaben für die Baukosten und damit auch für die anrechenbaren Kosten.
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Beispiel 2: Gliederung der Kostengruppe 400 bis zur 2. Ebene nach DIN 276
Das zweite Beispiel zeigt die Kostengruppe 400, jedoch in einer möglichen Gliederung zum Vorentwurf in der Leistungsphase 2. In der Leistungsphase 3 ist die 3. Ebene nach HOAI geregelt. Bei den Bezugseinheiten [m² BGF] handelt es sich nur um ein Beispiel für die Vorentwurfsplanung. Zu berücksichtigen ist, dass im Zuge der Vorentwurfsplanung eine größere Tiefenschärfe der Mengenermittlung noch nicht sinnvoll ist.
Soweit für die Kostengruppe 400 noch keine Ergebnisse in der Tiefenschärfe bis zur 3. Ebene vorliegen, darf hilfsweise die Kostenschätzung (2. Ebene) benutzt werden.
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Bezeichnung | Bezugseinheit | Kosten pro Einheit | Kostenbetrag |
1 | 2 | 3 | 4 = 2 x 3 |
410 Abwasser, Wasser, Gas | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
420 Wärmeversorgungsanlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
430 Lufttechnische Anlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
440 Starkstromanlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
450 Fernmeldeanlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
460 Förderanlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
470 Nutzungsspezifische Anlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
480 Gebäudeautomation | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
490 sonstige Techn. Anlagen | ... m² BGF | … Euro/m² | … Euro |
400 Zwischensumme | … Euro | ||
usw. |
Vorzeitige Vertragsauflösung als spezieller Anwendungsfall
Das Problem der Nachvollziehbarkeit der anrechenbaren Kosten (bzw. der Vorwurf der Nichtnachvollziehbarkeit) entsteht meist, wenn ein Planungsvertrag vorzeitig aufgelöst worden ist. Dann stellt sich die Situation oft so dar, dass die Kostenberechnung noch nicht fertiggestellt ist oder noch einige Angaben fehlen und diese im Zuge der Honorarberechnung nachgelegt werden müssen.
Ein typisches Beispiel dafür ist, dass einige Fachbeiträge noch nicht vorliegen, weil die entsprechenden Leistungen der Fachplaner zu spät beauftragt wurden.
PRAXISHINWEIS | In diesen Fällen empfehlen wir, vorsorglich auf die Kostenschätzung zurückzugreifen. Sie ist - erstens - in diesen Fällen als Basis der Ermittlung der anrechenbaren Kosten erlaubt. Und - zweitens - ist damit eine weniger anspruchsvolle Tiefenschärfe der Berechnung verbunden, was die nachvollziehbare Aufstellung spürbar erleichtert. |
FAZIT | Vereinbaren Sie die Honorarermittlungsparameter zu Planungsbeginn bzw. klären Sie diese bürointern. Legen Sie also die Art der Kostenermittlungen und deren Tiefenschärfe (die HOAI regelt nur die Mindesttiefenschärfe) sowie die Berechnungsgrößen fest, um spätere Probleme zu vermeiden. Die Gefahr des Gesamthonorarverlustes ist so groß, dass Sie keine Kompromisse eingehen sollten. |